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Osama (German Edition)

Osama (German Edition)

Titel: Osama (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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die einmal neu gewesen sein mussten, und schwarze Krawatten, die sie wie Bestatter oder – um ein Wort aus der Trivialliteratur zu benutzen – wie Mafiosi aussehen ließen, doch waren sie nichts von beidem, und Joe fiel ein anderes Wort aus den Groschenromanen, nämlich G-Men, ein.
    Sie rochen nach Regierung. In einem lockeren Halbkreis stellten sie sich um ihn herum und grinsten ihn wie einen lange vermissten Freund an. Der in der Mitte hatte ergrauendes Haar und war der Älteste von ihnen. Die auf beiden Seiten waren jünger, das schwarze Haar nach hinten geklatscht. Der Linke hatte eine kleine, unauffällige Narbe, die wie eine Träne von seinem rechten Auge abwärts verlief. »Joe, Joe, Joe«, sagte der in der Mitte. »Was treiben Sie bloß?«
    »Kenne ich Sie?« Er war weniger nervös, als sie es vielleicht gerne gehabt hätten. Aber er hatte sie erwartet, hatte erwartet, dass früher oder später jemand kommen würde, und ihr Auftauchen war beinahe eine Erleichterung gewesen. Sie konnten die von Vientiane sein, aber irgendwie glaubte er das nicht. Sie waren Beobachter, das schon, aber er glaubte, dass sie nicht gerne beobachteten: Lieber übten sie Kontrolle aus.
    »Kennt er uns?«, sagte Grauhaar, sich den anderen beiden zuwendend, die Joe lediglich als Bodyguards einordnete. Der in der Mitte war derjenige, dem er zuhören musste – vor den anderen hieß es, sich in Acht zu nehmen. »Ich glaube nicht«, sagte der auf der linken Seite.
    »Vielleicht sollten wir lauter sprechen«, meinte der rechte.
    »Vielleicht sollte er aber auch besser zuhören«, sagte der Mann mit den grauen Haaren.
    »Sollte ich?«, erwiderte Joe, sie ignorierend.
    »Sollten Sie was?«, fragte der Grauhaarige, als wäre er vergesslich.
    » Sollte ich Sie kennen?«
    Grauhaar schüttelte den Kopf. »Ich wüsste nicht, woher«, sagte er. Dann: »Es wird besser, wenn Sie einfach nur zuhören.«
    »Ich höre zu«, sagte Joe. Er fragte sich, ob er es wohl mit allen dreien aufnehmen – oder ihnen davonrennen könnte. Ein Blick auf den rechten Schläger zeigte ihm die Ausbeulung einer Waffe unter dem ehemals neuen Jackett.
    »Er hört zu«, sagte Grauhaar, nickte und fuhr fort: »Habt ihr gehört, Jungs? Er ist sehr liebenswürdig zu uns.«
    »Leck mich«, sagte Joe. Grauhaar nickte.
    Der Schlag kam von links und grub sich ihm in die Nieren, der Schmerz war unerträglich, und dann wurde er ins Kreuz getroffen, und seine Beine wurden unter ihm weggetreten, und er fiel, von den zwei Muskelprotzen aufgefangen, die ihn fast sanft auf den Boden hinunterließen. Grauhaar kniete sich neben ihn. »Früher oder später werden wir uns um euch alle kümmern«, sagte er. Joe stöhnte. Grauhaar schlug ihn. »Hören Sie zu!«, sagte er. Joe versuchte sich zu konzentrieren. Der Mann war ein verschwommener grauer Fleck über ihm. »Gehen Sie zurück, Joe, gehen Sie zurück in Ihr kleines Versteck und Ihren ausgedachten Laufstall und halten Sie sich raus. Nur Kinder wollen Detektiv spielen. Und Kinder sollten wissen, wann sie tun müssen, was man ihnen sagt.«
    »Wer sind Sie?«, sagte Joe. Die Worte blubberten aus seinem Mund. Seine Lippen fühlten sich an wie unter einer dicken, zähen Speichelschicht, die er nicht wegwischen konnte.
    »Der Name würde Ihnen nichts sagen«, antwortete der Mann. Joe fiel auf, dass er, ebenso wie seine Assistenten, einen amerikanischen Akzent hatte. »Sie stinken nach Regierung«, sagte er. Wieder nickte Grauhaar, und der Schmerz, der Joe durch die rechte Seite fuhr, ließ ihn sich unter erneutem Stöhnen krümmen. »Es ist nichts Persönliches, Joe«, sagte Grauhaar. Seine Stimme war leise, überraschend sanft. Er langte nach unten und berührte Joes Haare, strich sie glatt. Seine Berührung ließ Joe zusammenzucken. »Uns geht es bloß um das öffentliche Wohl. Das werde ich Ihnen nicht noch einmal sagen. Halten Sie sich raus.«
    Grauhaar stand auf. Die beiden Männer rechts und links von ihm ebenso. Aus Joes Perspektive auf dem Boden sahen sie aus wie Schatten, die über ihm schwebten, wobei das Schwarz ihrer Kleidung mit dem Weiß ihrer Haut kontrastierte, bis sie ihm einen flüchtigen Moment lang wie Gespenster vorkamen.
    Er war nicht schnell genug. Zwar sah er, dass der Schatten links von ihm sich bewegte, aber er bewegte sich zu schnell, und ein Fuß landete seitlich in Joes Körper, und er glaubte, durch den Schmerz hindurch einen Knochen brechen zu hören. Dann ließen sie ihn liegen.

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