Osterfeuer (German Edition)
zurück zu dem kleinen Nähtischchen, auf dem immer
noch Elsbeths Brille im Etui lag, und in diesem Augenblick begann sie, den Zusammenhang
der Dinge zu begreifen, die sich in den letzten Tagen hier zugetragen hatten.
»Ich mach jetzt erst noch mal einen schönen Kaffee für alle, was meint
ihr, Kollegen?«
Thomas Niemann stand von seinem
Computer auf und sah in die Runde.
»Könnt ich vielleicht einen Tee
bekommen?«
Georg Angermüller hielt sich instinktiv
schützend die Hand über seinen lädierten Magen.
»Tee? Gibt’s hier, glaube ich, nicht.«
»Wenn Sie grünen Tee mögen – ich
hab immer welchen dabei!«, sagte die Praktikantin eifrig, wühlte in ihrem Rucksack
und hielt dann eine Packung Teebeutel in die Höhe.
»Ist viel gesünder als Kaffee und
all so was, macht munter und mir schmeckt er auch.«
Zusammen mit den strahlenden blauen
Augen und den leicht geröteten Wangen unter ihrem dicken blonden Haar wirkte Anja-Lenas
Aussage überzeugender als jeder Werbespot und Angermüller nahm ihr Angebot dankbar
an.
Schon eine ganze Weile saßen sie
in der Warstedter Dienstelle zusammen und warteten darauf, dass etwas geschah. Lustlos
versuchten sie ihre bruchstückhaften Erkenntnisse in dem Fall zu einem logischen
Ganzen zusammenzufügen. Aber maßgebliche Teile fehlten ihnen einfach dazu und außerdem
gingen zumindest seine und Jansens Vermutungen immer noch nicht in eine Richtung.
Auf der großen Wandtafel an der Stirnseite des Raumes hatten sie wieder einmal versucht,
die Beziehungen der beiden Toten zueinander und zu allen anderen bekannten Personen
aufzuzeichnen. Hatten die beiden Todesfälle wirklich etwas miteinander zu tun? Wenn
ja, wo lag die Überschneidung?
Unzufrieden wühlte Angermüller in
seinem Bart. Der Klumpen in seinem Magen war auch immer noch da und ließ ihn sich
plump, schwer und unbeweglich fühlen. Sogar das Denken schien er zu behindern. Das
Klingeln seines Handys riss ihn aus den düsteren, kreisenden Gedanken. Hoffentlich
das Krankenhaus! Sie mussten endlich mit diesem Krischan reden.
»Hallo Steffen! Was gibt’s?«
Daran hatte Angermüller überhaupt
nicht mehr gedacht.
»Ja. – Mmh. – Ja.«
Aufmerksam lauschte er dem Bericht
des Rechtsmediziners, während Jansen, der natürlich sofort wusste, dass es um die
Ergebnisse der Untersuchung von Trude Kampmanns Jackett ging, ihn nicht aus den
Augen ließ.
»Danke dir Steffen. Das ist ja eine
klare Aussage.«
Anja-Lena stellte einen dampfenden
Becher mit grünem Tee vor den telefonierenden Kommissar auf den Tisch, was dieser
mit einem angedeuteten Nicken als Dank quittierte.
»Nein, Steffen – Aalbrötchen gibt’s
heute nicht. Erst mal ist das Wetter nicht so, um draußen an der Bude zu essen und
mir geht’s heut auch nicht so gut.«
Wie Angermüller das eigentlich auch
von seinem Kollegen Jansen erwartet hätte, fragte wenigstens der Freund besorgt
nach dem Grund seines Unwohlseins.
»Nur eine kleine Magenverstimmung,
geht bestimmt bald vorbei. – Ja, wird scho wieder, vielen Dank! Und Danke für die
Information! Ade!«
Ohne Jansen anzublicken, steckte
Angermüller sein Handy ein, griff mit beiden Händen nach seinem Teebecher und nahm
vorsichtig einen kleinen Schluck von dem heißen Getränk. Es schmeckte irgendwo zwischen
nussig und ölig und leicht bitter, nicht schlecht und würde ihm bestimmt nicht schaden.
Wie hatte seine Großmutter immer gesagt: Nützt’s a nix, so schad’s a nix.
»Mensch Meister! Muss ich erst grob
werden, damit du uns auch an den Informationen deines Freundes Steffen teilhaben
lässt?«
Jansens Ton war ungehalten. Aufgeräumt
antwortete Angermüller:
»Aber keineswegs, Kollege! Das Ergebnis
ist nicht anders, als ich es erwartet habe: Weder die Fasern des Jacketts noch die
DNA- Befunde der Haare von Trude Kampmann stimmen mit den Partikeln, die in den
Händen und unter den Nägeln der Toten gefunden wurden, überein. Wie findest du das,
Claus?«
»Tja, was soll ich dazu sagen? Es
scheint also, als ob mein Verdacht falsch war. Wo doch die Kampmann ein astreines
Motiv gehabt hätte … – schade eigentlich. Dann muss ich wohl meine Theorie noch
einmal überdenken …«
So hartnäckig wie Jansen manchmal
bereit war, sich in seine ganz eigenen Vorstellungen zu verbeißen, so leicht fiel
es ihm dann aber auch, zuzugeben, dass er auf dem Holzweg gewesen war, wenn unumstößliche
Tatsachen das Gegenteil bewiesen. Er erhob sich von seinem Stuhl, ging an die Wandtafel,
nahm den von
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