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Osterfeuer (German Edition)

Osterfeuer (German Edition)

Titel: Osterfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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sah ihn mit gespieltem Entsetzen
an.
    »Ich habe eben einen empfindlichen
Magen.«
    »Entschuldige, aber das ist mir
wirklich noch nicht aufgefallen …«
    Jansen grinste. So war das eben.
Einmal zum verfressenen Dicken abgestempelt, für immer in der Schublade. Aber er
war ja selbst schuld. Angermüller übersah das Grinsen einfach und fragte nur:
    »Können wir jetzt los?«
    Gerade als sie vom Krankenhausparkplatz
rollten, kam ihnen ein Wagen mit Berliner Kennzeichen entgegen.
    »Die Frau Schulze besucht ihre Freundin,
allein. Die Kampmann ist nicht dabei …«
    »Wundert dich das?«, brummte Angermüller,
»so wie diese Betty Oppel sich ihr gegenüber verhalten hat? Außerdem hat Frau Kampmann
im Moment bestimmt andere Sorgen, nach dem Tod eines Familienmitgliedes …«
     
    Vereinzelt hatten schon den ganzen Tag über Freunde und Bekannte auf
dem Mühlenhof angerufen, die von dem traurigen Ereignis erfahren hatten, und ihre
Betroffenheit und Trauer geäußert. So war das in einem kleinen Gemeinwesen wie Warstedt,
wo jeder jeden kannte. Neuigkeiten verbreiteten sich wie ein Lauffeuer und alle
nahmen Anteil an Freud wie Leid. Eigentlich ein sympathischer Zug, diese Anteilnahme,
doch manchmal auch etwas anstrengend. Am Nachmittag dann rissen die Anrufe überhaupt
nicht mehr ab und jedes Mal, das Trude aufgelegt hatte, klingelte es von neuem.
Alle Menschen waren schockiert und konnten gar nicht glauben, dass die allseits
beliebte, für ihr Alter noch so aktive Elsbeth mitten aus dem Leben gerissen worden
war.
    Das Beantworten der immer gleichen
Fragen und die ständige Wiederholung ihrer Eindrücke und Gefühle der vergangenen
Nacht hatte zur Folge, dass Elsbeths Schicksal Trude immer vertrauter wurde, sie
immer mehr akzeptierte, dass Elsbeth nicht mehr da war. Natürlich würde das Leben
weitergehen, auch ohne sie. Natürlich konnte man nicht wissen, was Elsbeth durch
diesen plötzlichen Tod erspart geblieben war – Trude wusste um die Angst der Freundin,
hilflos und pflegebedürftig zu sein und erst nach langem Leiden erlöst zu werden.
All dies war trotzdem kein Trost, sondern nur der vergebliche Versuch, sich das
Schicksal zu erklären. Und schließlich hatte kein Mensch das Recht, einen anderen
so brutal aus dem Leben zu stoßen. Die Frage wurde immer drängender, wer das getan
hatte und warum. Bisher hatte Trude keine plausible Erklärung gefunden. Ihre Gedanken
begannen sich im Kreis zu drehen und irgendwann wurde es ihr zu viel. Sicher, es
war gut gemeint, dass jeder versuchte, auf seine Art Trost zu spenden, doch ungefähr
nach dem fünfundzwanzigsten Anruf schaltete sie einfach den Anrufbeantworter ein.
Außerdem wurde es langsam Zeit, sich ums Abendessen zu kümmern.
    Aus dem Bedürfnis heraus, am heutigen
Abend Leute um sich haben zu wollen, hatte Trude außer Iris auch ihre Freundin Babs
eingeladen, Olli und Anna würden da sein, sie und Franz – eine kleine, vertraute
Runde. Bei wie vielen Gelegenheiten hatte sie Elsbeth eines ihrer Lieblingssprichwörter
zitieren hören: »Speis und Trank halten Leib und Seele zusammen«. Und das galt für
diese schweren Zeiten ganz bestimmt. Trude spürte sofort eine gewisse Entspannung,
als sie sich den Gedanken ans Kochen überließ. Im Umgang mit den Lebensmitteln,
ihrer Verwandlung in wohlschmeckende Speisen lag eine tröstende Sicherheit und die
konnte sie jetzt gut gebrauchen.
    Das einzig Gute, was von ihrer folgenschweren
Wanderung vom Vortag noch übrig war, war die große Tüte mit der gesammelten Brunnenkresse
im Kühlschrank. Daraus ließ sich ein schöner frischer Salat als Vorspeise bereiten
und anschließend würde sie einen Großen Hans auf den Tisch bringen, ein ausgesprochenes
Lieblingsgericht aller Bewohner auf dem Mühlenhof. Es war eines von Elsbeths alten
Familienrezepten und so in gewisser Weise auch ein Stück lebendige Erinnerung an
die verlorene Hausgenossin. Außerdem hatte sie für diese einfache, für die Region
typische Speise alle Zutaten im Haus und brauchte nicht den Spießrutenlauf durchs
Städtchen zu machen, wo jeder und jede sie auf die Ereignisse der vergangenen Tage
ansprechen würde.
    Trude ließ kaltes Wasser über die
saftig grünen Pflänzchen laufen, schnitt, wo nötig, die feinen Wurzelhaare ab und
ließ den Salat in einem Sieb abtropfen. Die Soße bereitete sie aus wenig Essig,
etwas Senf und Öl, würzte mit Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker und gab schließlich
noch ein zerdrücktes, hart gekochtes Ei dazu. Sie

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