Osterfeuer (German Edition)
durften.«
Jansen legte ihr das Formular vor
und sie setzte ihre Unterschrift darunter.
»Sagen Sie, hat Frau Sandner irgendwelche
Verwandte, die wir benachrichtigen müssen?«
»Margots Vater lebt in einem Seniorenheim
bei Berlin, aber ich habe keine Adresse.«
»Die finden wir heraus. – Claus
bringst du Frau Oppel hinaus und Frau Dr. Schulze herein – Danke!«
Dr. Iris Maria Schulze bestätigte in sorgfältig gewählten Worten und
perfekter Artikulation im Prinzip die Aussage ihrer Mitreisenden. Sie berichtete
sachlich und klar und im Gegensatz zu Betty Oppel ließ sie nicht erkennen, welche
Gefühle der Tod von Margot Sandner bei ihr auslöste. Allerdings verwendete sie explizit
den Ausdruck »Bekannte«, wenn sie von ihr sprach und bezeichnete sie keineswegs
als »Freundin«. Als Angermüller sie danach fragte, sah sie ihn erstaunt an:
»Aber sicherlich ist das eine bewusste
Formulierung. Ich habe Margot vielleicht zwei-, dreimal im Jahr gesehen und die
Initiative ging nie von mir aus. Betty, Frau Oppel, pflegte unser aller Verbindung,
lud uns gemeinsam ein oder organisierte ein Treffen. Sie ist eine Nostalgikerin
und ich mag ihre herzliche Art. An Frau Sandner hatte ich – mit Verlaub – schon
seit geraumer Zeit das persönliche Interesse verloren – sie sagte mir nichts, wir
leben in sehr verschiedenen Welten, oder besser lebten …«
»Wie meinen Sie das?«
»Verstehen Sie mich bitte nicht
falsch: Das nachlassende Interesse war durchaus gegenseitig. Wir haben uns beim
Studium kennen gelernt. Wir haben damals zufällig das gleiche Fach studiert – eine
lang zurückliegende, unverbindliche Gemeinsamkeit. Wir sind sehr bald verschiedene
Wege gegangen.«
»In welcher Beziehung?«
»Vor allem beruflich. Margot verließ
die Universität und ging in die Werbung, zu PR-Agenturen, Kommerzsendern und wenn
man den Erfolg am Gehalt misst, muss man wohl sagen, sie machte schnell Karriere
…«
»Und Sie?«
»Ich bin der Literaturwissenschaft
treu geblieben. Es ist das, was ich gelernt habe, was ich kann und was mich ausfüllt.
Ich habe bisher frei für Universitäten, private Institute und Fachzeitschriften
gearbeitet. Diese ernsthafte, wissenschaftliche Tätigkeit war für Margot trockene,
brotlose Kunst und konnte in ihren Augen natürlich nicht mit ihrem aufregenden,
schillernden Alltag konkurrieren.«
Die Ironie ihrer letzten Worte war
nicht zu überhören und sie verzog den Mund zu einem feinen Lächeln.
»Ich denke, ich habe sie einfach
gelangweilt.«
Auch Iris gab an, Margot zuletzt
gesehen zu haben, wie sie eng umschlungen mit einem jungen Mann tanzte, bevor Betty
und sie das Festzelt verließen.
»Ja, ich fragte mich noch, ob er
wohl zu uns zum Frühstück kommen würde. Als Betty und ich dann hier anlangten, war
mir recht kalt. Deshalb habe ich mir noch eine Tasse Tee zubereitet, hier unten
getrunken und noch ein wenig gelesen. Wie spät es war, als ich nach oben ging, erinnere
ich mich nicht mehr. Jedenfalls habe ich das Licht im Schlafzimmer nicht angemacht,
um meine Freundin nicht zu wecken und bin dann auch ziemlich schnell eingeschlafen.
Als ich aufwachte, war Betty bereits aufgestanden und kurz darauf haben sie und
Trude die Entdeckung am Mühlteich gemacht …«
»Sie sind nicht mit zum Teich gekommen?«
»Ich war noch im Bademantel und
Trude meinte, ihr Hund hätte vielleicht ein verirrtes Schaf aufgestöbert und das
hat mich nicht sonderlich interessiert …«
»Sind s ie anschließend noch zum Teich gegangen, als klar war, dass Margot
Sandner da unten liegt?«
»Nein«, beschied Iris den Kommissar
kurz und knapp.
»Gut, Frau Dr. Schulze, vielen Dank
erst einmal für i hre Auskünfte. Hier
sind meine Nummern, falls Ihnen noch etwas Wichtiges einfällt.«
Und Angermüller legte seine Karte
auf den Tisch.
»Wie lange bleiben Sie hier eigentlich
noch?«
»Geplant war, dass wir morgen am
späten Nachmittag nach Berlin zurückfahren. Ich habe mit Frau Oppel noch gar nicht
darüber gesprochen, ob das hier Vorgefallene Einfluss auf unsere Pläne hat …Ist
unsere Anwesenheit für Ihre Ermittlungen denn noch länger von Nöten?«
Iris sah den Kommissar fragend an.
»Das kann ich Ihnen zum jetzigen
Zeitpunkt noch gar nicht sagen, aber wir geben Ihnen rechtzeitig Bescheid.«
»Gut. Dann wünsche ich einen guten
Tag!«
Ein verbindliches Lächeln im Gesicht,
erhob sich Iris und verließ gemessenen Schrittes und in kerzengerader Haltung die
Gästewohnung. Sie ist viel kleiner
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