Osterfeuer (German Edition)

selbst
hinter den Kochtopf zu stellen, wäre er sein Lebtag nicht gekommen, geschweige denn,
einen Blick in ein Kochbuch zu werfen. Und jetzt begann der Kollege auch noch mit
einer Zeugin über englische Küche zu fachsimpeln! Doch wer weiß, vielleicht war
dies einer der Gründe für Georgs Vertrauensbonus bei den Damen! Wenn’s der Wahrheitsfindung
diente …
    »Und Sie sind also auch ein Liebhaber
der englischen Lebensart in all ihren Facetten?«, fragte Trude gerade den Kommissar.
    »Wissen Sie, wenn man aus dem Herzogtum
Coburg kommt, zu Füßen von Schloss Rosenau aufgewachsen ist und einen Urgroßvater
hat, der einst als junger Bursch die Kutsche von Queen Victoria lenkte, wenn sie
in der Heimat ihres geliebten Prinzgemahls weilte, dann bleibt einem gar nichts
anderes übrig, als England zu mögen!«
    »Ich verstehe! Prinz Albert aus
Coburg …«
    Trude nickte.
    »Und die Mutter von Queen Victoria
stammte auch aus Sachsen-Coburg, Victoria und Albert waren nämlich Cousin und Cousine«,
ergänzte Angermüller.
    »Ähem!«
    Das Abhandeln der Genealogie des
britischen Empire ging jetzt aber wirklich zu weit. Jansen räusperte sich auffällig
laut und zeigte auf das Aufnahmegerät.
    »Ja, ich schweife ab. Aber das ist
nun mal das Faszinierendste an meiner alten Heimat: Die Geschichte und ihre vielfältigen
Spuren – Burgen, Parks, Schlösser, historische Stadtbilder und nicht zu vergessen:
Die fränkische Küche und das Bier!«
    Ohne eine Spur von Verlegenheit,
aber mit einem Seitenblick auf seinen Kollegen, kehrte Georg Angermüller zum Thema
zurück.
    »Also, Frau Kampmann: Die letzten
zwei Personen, mit denen Sie Frau Sandner gesehen haben, waren dieser Kubaner Felipe
Morales und der junge Ben Osterholz. Und als Sie und Ihr Gatte ins Haus sind, wie
spät war das?«
    »Als Gastgeberin musste ich ja leider
bis zum Schluss durchhalten und die Leute hier in Warstedt haben beim Feiern immer
sehr viel Ausdauer! Es war ungefähr halb fünf als ich ins Haus bin, Franz kam kurz
nach mir.«
    Dass sie ihn in den zwei Stunden
vorher nicht mehr gesehen hatte, musste sie diesem merkwürdigen Kommissar ja nicht
auf die Nase binden, schon gar nicht, so lange sie selbst nicht wusste, wo er gewesen
war.
    »Und Sie haben Frau Sandner erst
wieder gesehen, als der Hund Sie heute Morgen zum Mühlteich holte?«
    »Ja, das ist richtig. Bevor ich
hinüber zur Mühle ging, habe ich mich nur hier im Haus und im Garten aufgehalten.
Als ich dann oben am Gästehäuschen stand, hat Lollo dieses Spektakel am Mühlteich
veranstaltet …«
    Jemand klopfte an die Scheibe der
geöffneten Terrassentür. Auf den Stufen stand Elsbeth, die, als sie der beiden Männer
ansichtig wurde, entschuldigend abwinkte.
    »Oh Pardon, ich wollte nicht stören.
Ich wusste nicht, dass du Besuch hast, Trude.«
    »Darf ich vorstellen, das ist Frau
Friedrichsen, die Erstschwiegermutter meines Mannes sozusagen. Sie wohnt oben in
der Mühle. Die beiden Herren sind von der Kripo, Elsbeth.«
    »Guten Tag, Frau Friedrichsen! Ich
bin Hauptkommissar Angermüller und das ist mein Kollege, Kommissar Jansen«, erklärte
Angermüller, der bei dem Erscheinen der alten Dame aufgestanden war.
    »Sie stören überhaupt nicht! Wir
waren gerade fertig und würden Ihnen auch gerne ein paar Fragen stellen.«
    »Das können Sie gerne tun. Ich fürchte
nur, ich werde Ihnen nicht helfen können, denn ich habe weder etwas gesehen noch
etwas gehört.«
     
    Da die beiden Beamten mit Elsbeth allein sprechen wollten, verließ
Trude die Küche, um nach Franz zu sehen. Sie hoffte inständig, dass es ihm inzwischen
so weit besser ginge, dass sie mit ihm über die letzte Nacht und ihre Folgen würde
reden können. Schwer genug fand sie es ohnehin, dieses Thema anzuschneiden, ohne
ihm den Eindruck völligen Misstrauens zu vermitteln. Natürlich konnte sie nicht
glauben, dass Franz irgendetwas mit Margots Tod zu tun haben könnte. Aber wo war
er dann gewesen?
    Während sie die Treppe zu den oberen
Räumen emporstieg, fragte sich Trude, ob Elsbeth die beiden Kommissare nicht mochte.
Im Gegensatz zu ihrem sonst so vorurteilsfreien, verbindlichen Wesen, auch fremden
Menschen gegenüber, hatte sie sich eben für ihre Verhältnisse ziemlich schroff und
unfreundlich verhalten. Als Trude ihr am Vormittag von ihrem Fund im Mühlteich berichtet
hatte, hatte sie das ruhig zur Kenntnis genommen und nicht weiter nach Einzelheiten
gefragt. Nur um Trudes Wohlergehen hatte sie sich Sorgen gemacht wegen der