Osterfeuer (German Edition)
berührt
beim Forschen nach diesen pikanten Details. Nur Jansen hing lässig auf seinem Stuhl
in der Ecke und grinste hämisch vor sich hin.
»Muss ich noch mehr über die Kleidung
erzählen?«
Oliver sah nicht sehr glücklich
aus bei dem Gedanken daran.
»Nein danke. Ich denke, das war’s.
Was meinst du, Jansen?«
Angermüller schaute seinen Kollegen
an. Der schüttelte den Kopf: »Keine weiteren Fragen, Euer Ehren!«
»O.k. Dann werden wir jetzt gemeinsam
euren kubanischen Gärtner besuchen!«
Und so standen sie nun in diesem Zimmer von sehr bescheidener Größe,
mit niedriger Decke und schmalem Fenster, in dem alles sehr ordentlich aufgeräumt
war. Die Raufasertapete schien gerade geweißt worden zu sein und die Einrichtung
bestand aus nicht viel mehr als einem Bett, einem Tisch mit einem alten Fernsehapparat,
einem Schrank und einem Stuhl. Unangenehm grell war das Licht der Glühbirne, die
ohne Schirm von der Decke baumelte und an der Wand auf die einzige Dekoration fiel,
die des Bewohners ganze Sehnsucht zeigte: Die morbide Eleganz der alten Seepromenade
von Havanna im Glanz der untergehenden Sonne.
»Gut Herr Morales, Sie haben diesen
jungen Mann heute Nacht beziehungsweise am frühen Morgen gesehen. Wo war das und
wann?«
Felipe Morales war ein Mann von
ungefähr dreißig Jahren, die Haut kaffeebraun, die schwarzen Haare fast bis zur
Glatze abrasiert, so dass sie nur einen dunklen Schatten auf seinem Kopf bildeten.
Seine Zähne strahlten so weiß wie das T-Shirt unter dem sich die starken Muskeln
seiner Oberarme und sein kräftiger Oberkörper abzeichneten. Er war ein freundlicher
Mensch und lachte nach jedem seiner Sätze.
»Ja, hab ich gesehen. War ungefähr
zehn nach vier erste Mal, auf Landstraße Richtung Stadt, alles klar?«
Morales sprach so wie man spricht,
wenn man sich mühsam eine Fremdsprache im Alltag selbst beibringen muss und rollte
das R und das L mit der unnachahmlichen Eleganz seiner spanischen Muttersprache.
»Kam er Ihnen entgegen oder sahen
Sie ihn von hinten?«
»Hab ich erste Mal von hinten gesehen
und dann jede Mal von vorne, alles klar?«
»Er ist also nicht nur einmal an
Ihnen vorbeigefahren?«
»Sí! Ist auf jede Fall dreimal,
vielleicht mehr vorbeigefahren. Hab ich gerufen dann, aber Olli hat nix gehört –
alles klar, Olli, Kumpel?«
Felipe Morales hielt ihm seine rechte
Handfläche hin, die im Gegensatz zu seiner sonstigen Hautfarbe von einem zarten
Rosa war. Der Junge lächelte verlegen und schlug dann in die ihm dargebotene Hand
ein. Noch drei Treffpunkte konnte Morales präzise benennen: Die Gartenstraße, den
Marktplatz und die große Brücke. Auch wenn die Kriminalbeamten diese Angaben mit
den örtlichen Gegebenheiten und den genannten Zeiten noch abklären mussten, schien
sich damit das Alibi von Oliver Kampmann ziemlich genau zu bestätigen.
»Aber sach mal, Amigo! Wieso warst
du eigentlich erst so spät auf dem Heimweg? Du hattest bei den Kollegen ausgesagt,
dass du schon um zwei Uhr …«
Jansen hielt zwei Finger in die
Höhe, »dass du die Party schon um zwei verlassen hast?«
»Kollege, wir sind mit dem Herrn
immer noch per Sie!«, raunzte Angermüller dazwischen. Felipe Morales, der den Rüffel
offensichtlich verstanden hatte, lachte nur und sagte gutmütig:
»Macht nix du!«
Dann verdüsterte sich seine Miene
und er fuhr fort:
»Wollte ich nix Problem mit Polizei.
Wenn kleine Cubano hat was gesehen, wer glaubt ihm? Alle denken, Felipe böse auf
schöne Señora und …«, er machte eine eindeutige Handbewegung quer über seinen Hals.
»Mit anderen Worten: Du …«, und
mit einem Seitenblick auf Angermüller korrigierte sich Jansen, »Entschuldigung:
Sie haben also den Mühlenhof nicht um zwei Uhr verlassen?«
Mit einem halb verlegenen, halb
spitzbübischen Grinsen bestätigte der Kubaner Jansens Feststellung.
»Und was haben Sie in der Zeit danach
gemacht?«
»Hab ich gewartet draußen auf schöne
Señora. Vielleicht später noch neue Chance für Felipe, alles klar?«
»Und?«
»Nix Chance für Felipe – da, blonde
Jungs, alles klar?«, und er zeigte auf Oliver, der offensichtlich am liebsten im
Erdboden versunken wäre vor Scham, da nun klar wurde, dass sie bei ihrem intimen
Beisammensein mit Margot Sandner nicht einmal unbeobachtet gewesen waren.
»Blonde Jungs und schöne Señora
…, maldito!«
Felipe verdrehte die Augen und mit
großer Eleganz bewegte er zwei-, dreimal sein Becken vor und zurück. Der Blick,
den er dabei zu
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