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Ostfriesenblut

Ostfriesenblut

Titel: Ostfriesenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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… ich meine, immerhin hat eine Leiche vor deiner Tür gelegen, und irgendjemand hackt in deinen Computer hinein.«
    Sie unterbrach ihn: »Ich denke, das war mein Sohn.«
    »Und wenn nicht? Es geht nicht um diese tote Frau, Ann. Es geht um dich.«
    Sie versicherten sich gegenseitig mehrfach, dass es wirklich nur eine Vorsichtsmaßnahme sei und überhaupt nichts mit Sex zu tun hätte. Ann Kathrin schlug vor, ihm das Sofa im Wohnzimmer zu beziehen, obwohl es genügend freie Schlafplätze im Haus gab. Er bestand darauf, mitzuhelfen. Dabei berührten sie sich zunächst wie unabsichtlich, dann ein zweites Mal, um festzustellen, dass sie beide das Gleiche dabei empfunden hatten. Schließlich saßen sie vor dem Sofa auf dem Teppich und küssten sich. Sein Bart störte sie überhaupt nicht, und sie stellte dankbar fest, dass er heute noch keine Zigarette geraucht hatte.
    Weller hatte noch den metallischen kupfernen DoornkaatGeschmack auf der Zunge. Ann Kathrin wollte ihn einerseits wegstoßen, weil ihr Verstand
nein
schrie und in rascher Reihenfolge
aufzählte, warum dies eine unvernünftige Beziehung werden würde und in einem Desaster enden müsste, aber ihre Gefühle sagten etwas anderes.
    Während sie sich auszogen, kam ihr in den Sinn, dass sie die Verhütungsfrage noch gar nicht diskutiert hatten. Am liebsten hätte sie jetzt mittendrin wieder aufgehört.
    Warum ist das immer so kompliziert?, dachte sie. Wenn ich ihn jetzt frage, ob er ein Gummi dabeihat und er mit Ja antwortet, dann sieht es so aus, als hätte er das von vornherein geplant, und ich müsste eigentlich wütend werden. Wenn er nein sagt, müssen wir auch aufhören. Es ist nicht leicht zwischen Männern und Frauen, dachte sie grimmig.
    Sie hatte selbst Präservative im Nachttischschränkchen und im Badezimmer. Jetzt fragte sie sich, was er von ihr halten würde, wenn sie ins Bad lief, um damit zurückzukommen.
    Egal. Die Stellung auf dem Boden wurde sowieso unbequem. Ann Kathrin behauptete: »Ich muss mal, Frank. Bin gleich wieder da«, und ging ins Bad. Mit seinen verwuschelten Haaren sah er noch süßer aus, fand sie.
    Zum ersten Mal nannte sie ihn beim Vornamen. Dadurch entstand eine neue Art von Vertrautheit, gleichzeitig aber auch eine gewisse Fremdheit zwischen ihnen. Er lächelte, weil sie ihn noch nie so genannt hatte, und sie überlegte gleich, ob sie ihn in Zukunft im Dienst wieder mit
Weller
ansprechen sollte. Eigentlich gefiel ihr sein Vorname. Sie fand, er passte zu ihm. Sie sprach ihn gleich noch einmal aus, so, als müsse sie sich an den Klang gewöhnen. Frank. Frank. Frank.
    Die Zehnerpackung im Badezimmer war angebrochen. Es fehlten mindestens fünf oder sechs Gummis.
    Hatte Hero die mitgenommen und mit seiner Freundin verbraucht?, fragte Ann Kathrin sich. Dann ermahnte sie sich selbst. Nein, jetzt keinen Gedanken an Hero. Jetzt nicht. Und schon gar nicht an seine Geliebte.
    Sie erinnerte sich daran, wie schwer diese Packungen aufzureißen waren und dass ihre erotischen Spielchen dadurch manchmal auf unangenehme Weise unterbrochen worden waren. Seitdem schnitt Hero die Plastikversiegelung immer ein bisschen ein, um sie später schwungvoll öffnen zu können. Genau das tat sie auch. Dann lief sie mit dem Präservativ in der Hand zurück ins Wohnzimmer. Dort stand Weller in Boxershorts. Er hatte die gleiche Präservativmarke in der Hand wie sie und versuchte, das Tütchen mit den Zähnen zu öffnen.
    Einen Moment standen beide stumm da. Jeder sah den anderen an. Dann begannen sie zu lachen.
    Darüber, wie dumm und kompliziert diese Welt doch war und man selbst oftmals auch.
    Danach war alles ganz einfach und schön.
     
    Heinrich Jansen hörte Schritte. Einerseits war er glücklich. Sein Peiniger ließ ihn also nicht einfach hier unten verrotten. Andererseits kam mit jedem Schritt, den er sich näherte, die Angst zurück.
    Der Mann war gut gelaunt und flötete vor sich hin. Heinrich Jansen schöpfte Mut. Würde er ihn heute freilassen? Aber vielleicht war es auch nur seine Vorfreude darauf, ihn umzubringen.
    Auf dem Gaskocher bereitete er eine Mahlzeit zu. Kartoffelbrei und Spinat. Der Kartoffelbrei kam aus einer Instantpackung. Der Spinat war längst aufgetaut in einer alten Gefrierpackung. An den Kanten suppte es bereits durch.
    Er hatte den Spinat und die Frischmilch, um den Kartoffelbrei anzurühren, seit Tagen hinten in Kofferraum mit sich geführt. Nur die Maden waren frisch. Er hatte sie in Emden im Zoohaus Tropica gekauft, da, wo

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