OstfriesenKiller
sich vor dem Haus herumgetrieben hat.«
Sie nahm dem Kollegen die Unterwäsche ab und reichte sie an Alexa Guhl weiter. Die verschwand damit dankbar im Badezimmer.
Alexa Guhl verzichtete darauf, von der Polizei zur Ferienwohnung gebracht zu werden. Sie bestellte sich lieber ein Taxi.
Ann Kathrin Klaasen gab Anweisungen: »Wir brauchen eine Liste aller Anrufe, die in den letzten vierzehn Tagen hier ein- oder ausgegangen sind.«
Weller antwortete nicht ohne Stolz in der Stimme: »Schon in Arbeit. Hab den Typen von der Telekom ein bisschen Feuer unterm Hintern gemacht. Diesmal müssen wir nicht bis zum Monatsende warten.«
Ann Kathrin Klaasen verfiel unwillkürlich in ihren Verhörgang. Drei Schritte. Kehrtwendung. Drei Schritte. Weller machte das rasend, aber er schwieg. Er wusste, wie genau sie war. Sie sah manchmal am Tatort Dinge und konnte sie in einen Zusammenhang stellen, der ihnen allen entgangen war. Er nahm sein Handy und ging damit in den Flur.
»Wir brauchen vergleichbare Fälle.«
Rupert fragte: »Männer, die beim Geschlechtsverkehr erschossen wurden?«
Ann Kathrin mochte es nicht, wenn er so sarkastisch war.
»Nein, ich dachte eher daran, dass jemand von außen in ein Haus hineinschießt. Ich habe davon noch nichts gehört.«
Rupert notierte. »Klar.«
Seine Unterhose kniff. Er versuchte, sie unauffällig in eine weniger unbequeme Lage zu zupfen. Ann Kathrin sah ihn auffordernd an. Sie wusste, er würde erst wieder ruhiger werden, wenn er sich in den Schritt gegriffen hatte.
Jetzt tat er es.
Sein Gesichtsausdruck entspannte sich. Er konnte nicht klar denken, wenn seine Eier eingeklemmt waren oder das Gummiband kniff. »Die Nachbarn müssen gefragt werden. Vielleicht hat jemand den Täter gesehen. Wir brauchen eine Spurensicherung der Tür. Möglicherweise befindet sich sein Fingerabdruck auf dem Klingelknopf. Ist er mit dem Auto gekommen? Er könnte aus einem stehenden Fahrzeug geschossen haben. Oder auch von einem Fahrrad aus. Ich wette, abends fahren in dieser Siedlung nicht viele unbekannte Autos herum. Wer hier nicht wohnt oder zu Besuch ist, hat hier nichts zu suchen. Du kannst in dieser Straße weder einkaufen gehen, noch gibt es eine Kneipe.«
Ann Kathrin Klaasen hatte gelernt, erst die Fakten zusammenzutragen, bevor die Spekulation begann, darum behielt sie ihre Gedanken für sich. Aber sie konnte die Gedankenströme nicht wirklich steuern. Ihr Gehirn stellte Zusammenhänge her, wo vielleicht gar keine waren.
Sie stand auf und ging an einem der Buchregale entlang. Manchmal sagt ein Buchregal mehr über einen Menschen aus als seine gesammelten Kontoauszüge.
Ulf Speicher hatte sich viel mit Krankheiten beschäftigt. Ein paar Bücher über Krebs. Gesunde Ernährung. Pädagogische Fachbücher. Beatlessongs. Suchtprävention. Kafka. Historische Romane von Tilman Röhrig.
Ann Kathrin stöhnte: »Ich hab so ein Gefühl, als ob uns diese Sache noch lange beschäftigen wird. Meinen Urlaub kann ich wohl erst mal vergessen.«
Sie spürte dabei eine gewisse Genugtuung. Ja, eigentlich war es ihr sehr recht, jetzt hier gebraucht zu werden. Im Beruf fühlte sie sich wichtig. Das bedeutete ihr im Moment viel mehr, als über ihre gescheiterte Ehe nachzudenken.
Dann kam Weller fröhlich von draußen zurück. Er klappte sein Handy zusammen und sagte: »Wir wissen jetzt, wer geklingelt hat. Kai Uphoff aus Lütetsburg. 22 Jahre alt. Die Nachbarin hat ihn erkannt. Doris Raab. Lehrerin am Hans-Bödecker-Gymnasium. Bei ihr hat er Abitur gemacht. Sie ist sich völlig sicher, dass er es war. Wir kennen ihn. Ein Sprayer. Züge, Wohnblocks in Emden, Aurich und …«
»Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Toten und diesem Kai Uphoff?«, fragte Ann Kathrin Klaasen.
»Ja. Kai macht Zivildienst im Regenbogen-Verein.«
Rupert wollte sich gerade eine Filterlose in den Mund stecken. Er durfte hier natürlich nicht rauchen. Er fand das zwar übertrieben, aber er hielt sich an die Vorschriften.
»Dann werden wir dem Bürschchen jetzt einen Besuch abstatten«, entschied Ann Kathrin Klaasen.
Sie fuhr hinter Rupert und Weller her. Sie wollte gern die paar Minuten im Auto alleine sein. Sie ärgerte sich, weil Weller etwas gemerkt hatte.
Das ist doch nicht deine erste Leiche.
Die Eltern von Kai Uphoff hatten das Dachgeschoss für ihren Sohn ausgebaut. Der Vater öffnete im Schlafanzug. Er sah aus wie jemand, der bei nächtlichen Besuchen erst sein Gewehr holt und dann zur Tür geht. Aber er ließ die
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