OstfriesenKiller
sahen aus, als hätte er sie mindestens ein Jahr lang getragen. Daneben standen seine neuen Cowboystiefel.
Weller setzte sich. »Hat sie dir die neuen Klamotten gekauft?«
»Was dagegen?«
»Man kann das auch so sehen: Du hast dich hier in einem gemachten Nest häuslich eingerichtet. Da kommt dir Ulf Speicher mit seinem Verein in die Quere.«
»Hey, hey, hey!«, protestierte Tim Gerlach. »Sie liebt mich. Das ist nicht verboten.«
»Klar. Und du liebst sie auch.«
»Sie verdächtigen mich doch nicht etwa, den alten Bock ausgeknipst zu haben?« Tim lachte. »Der hat anderen viel mehr geschadet als mir, der scheinheilige Hund.«
»Komisch«, sagte Weller, »so etwas Ähnliches habe ich heute schon mal gehört. Wo warst du eigentlich gestern zwischen 21 Uhr und Mitternacht?«
»Hier.« Tim Gerlach zeigte nicht ohne Stolz auf das Bett. »Ich hab gepennt. Und morgens bin ich dann zum Regenbogen-Verein. Den Rest kennen Sie. Dort haben wir uns ja getroffen.«
»Warst du hier alleine im Bett, oder gibt es dafür Zeugen?«
Tim antwortete zerknirscht: »Ja, ich war alleine. Sylvie und ich haben uns gestern den ganzen Abend gezofft. Sie wissen ja, wie Frauen sind.«
Weller schüttelte den Kopf: »Nee, weiß ich nicht. Erzähl mal.«
Tim stieg in seine Stiefel. Er stöhnte und richtete die Augen zur Decke. »Sie wollte den ganzen Abend Domino spielen und Filme gucken.«
»Und du?«
Genervt zischte Tim: »Wissen Sie, was die guckt? Den Zauberer von Oz! Drei tolle Nullen! Käptn Hook! Und am liebsten natürlich die alten Pippi-Langstrumpf-Filme.«
»Pippi Langstrumpf?«
»Ja! Pippi Langstrumpf. Sie haben richtig gehört.«
»Und jetzt willst du mir erzählen, ihr hättet euch deswegen gezofft? Du weißt doch genau, was mit ihr los ist! Was willst du denn mit ihr gucken? Das Schweigen der Lämmer? Also. Worum ging es? Warum hattet ihr Streit? Erzähl mir ruhig die ganze Wahrheit. Meine Kollegin fragt deine Freundin in der Küche mit Sicherheit gerade genau dasselbe. Und glaub mir, sie wird es ihr verraten.«
Tim Gerlach trat nach seinen alten Turnschuhen. Einer davon flog quer durch den Raum. »Erst erzählt sie, dass sie mich liebt, schenkt mir ein Auto, ich bestell die Kiste und dann …«
»Dann platzt der Scheck?«
»Ja. Kann man denn da gar nichts machen? Ich meine, das ist doch Enteignung! So was ist doch in diesem Staat verboten.«
Weller konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. »Nimms nicht so schwer, Junge. Mit den tollen Klamotten reißt du dir bestimmt in der nächsten Disco ne neue Sahnetorte auf.«
Tim nickte, als sei das nun wirklich kein Problem.
Schadenfroh fügte Weller hinzu: »Und die kauft dir dann ein größeres Auto. Mit ein bisschen Glück auch noch ein Segelboot und ein Haus am Meer.«
Weller stand auf und verließ den Raum.
»Arschloch!«, zischte Tim.
Weller wirbelte herum und sah ihn scharf an. »Nimm dich in Acht, Kleiner. Ich kann dich auch mitnehmen und achtundvierzig Stunden festhalten. Dann erst muss ich den Haftrichter fragen, ob das in Ordnung war.«
Inzwischen war Ann Kathrin Klaasen Sylvia Kleine ins Wohnzimmer gefolgt. Auch hier hingen viele große Bilder von Booten und Anglern. Ein Teil des Wohnzimmers sah aus wie ein Ballettstudio. Eine Wand war ganz aus Spiegeln und mit einer langen Ballettstange. Daran stand Sylvia jetzt und senkte den Kopf. Daneben gab es noch eine ganz normale Wohnzimmergarnitur, als würde hier manchmal jemand im Sessel sitzen und Sylvia beim Tanzen zusehen.
Sylvia zog sich einfach den Rock aus und übte jetzt in ihrer bunten Strumpfhose. Ann Kathrin beobachtete sie und sprach dabei mit ihr. Sie begab sich ganz selbstverständlich auf Sylvias Ebene, ohne sich dabei über sie zu erheben. Dadurch, so hoffte sie, würde Sylvia sich öffnen.
»Das machen Sie toll.«
»Ja, findest du, echt?«
»Man sieht Ihnen an, wie fit Sie durch das Tanzen sind. Sie haben ganz stramme Beine und einen durchtrainierten Körper.«
»Tanzt du auch?«
»Nein, aber ich trainiere im Butterfly-Fitnessstudio.«
Während sie ihre Dehnübungen machte, fragte Sylvia: »Sind da bei euch Männer und Frauen im Studio?«
»Klar«, sagte Ann Kathrin.
Sylvia sah enttäuscht aus. »Bei uns in der Ballettschule sind nur Mädchen. Bis auf den Andreas. Der ist ein Junge. Aber der ist schwul.«
Weller tauchte im Wohnzimmer auf und sah einen Moment lang fasziniert zu. Dann tippte er auf seine Uhr, um Ann Kathrin zu zeigen, dass er gerne Feierabend machen wollte.
Sie erhob
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