OstfriesenKiller
geistig behinderten Sohn übertragen hat. Georg Kohlhammer hätte den Jungen garantiert betrogen, zumindest hat ihm die eigene Mutter nicht einmal vertraut. Angeblich hat Georg Kohlhammer vor kurzem achtzigtausend Euro an den Regenbogen-Verein zahlen müssen. Das Geld wird ja wohl kaum Rainer Kohlhammer als Taschengeld erhalten haben. Wir müssen die Bücher des Vereins überprüfen, um herauszufinden, was aus dem Geld geworden ist.«
Erneut schüttelte der Staatsanwalt den Kopf. »Das bringt uns alles überhaupt nicht weiter. Ich unterschreibe das nicht. Ich laufe doch nicht sehenden Auges in einen Skandal hinein.«
Ann Kathrin spürte, dass Scherer ihr keine Chance geben wollte. Sie versuchte es trotzdem mit Nachdruck: »Ich muss wissen, um wie viel Geld es bei Sylvia Kleine überhaupt geht. Sehen Sie, irgendwo in diesen Akten wird das Mordmotiv versteckt sein. Bei Kai Uphoff handelt es sich vermutlich um eine reine Verdeckungstat, weil der Täter sich ertappt gefühlt hat.«
Weller versuchte, seiner Kollegin irgendwie zur Seite zu stehen. »Ich möchte Ihnen mal etwas vorlesen. Hören Sie sich das an. Ein Brief an den Direktor der Berufsschule. Ulf Speicher hat ihn wenige Tage vor seinem Tod verfasst.«
Ohne eine Erlaubnis abzuwarten, las Weller vor: »Seit Monaten werden geistig und körperlich behinderte Menschen im Bus durch Schüler Ihrer Schule auf der Hin- und Rückfahrt terrorisiert, wenn sie zu ihren Werkstätten fahren wollen. Wenn Sie nicht in der Lage sind, pädagogisch auf Ihre Schüler einzuwirken, werde ich alle mir zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um unsere Mitglieder vor Übergriffen durch Ihre Schüler zu beschützen. Gegen folgende Schüler habe ich Strafanzeige erstattet: Derk Abels, Stefan Garrels, Uwe Niessen, Wilko Reeners. Ich schlage vor, dass wir an Ihrer Schule eine breite Aufklärungskampagne zum Thema Integration beginnen. Mitarbeiter vom Verein Regenbogen sind bereit, in Ihren Klassen Gespräche zu führen.«
Der Staatsanwalt schnäuzte sich. Offensichtlich litt er an Heuschnupfen, und die ersten Blütenpollen waren unterwegs. Seine Stimme klang kratzig. »Ich muss noch einmal fragen: Was soll das alles?«
»Er hat einen Kampf an allen Fronten geführt«, erklärte Weller. »Er ist in gewisser Weise gnadenlos für die Rechte der Behinderten eingetreten.«
»So, und Sie meinen, deshalb habe ihn jemand umgebracht?«
»Ich würde am liebsten selbst mit diesem Bus fahren und noch einen Kollegen mitnehmen, um mir die Sache genauer anzugucken«, sagte Weller.
Staatsanwalt Scherer räusperte sich. »Ich glaube, Herr Weller, Sie sollten Ihre Arbeitskraft im Moment ganz diesem Fall widmen statt Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen.«
Getroffen sah Weller vor sich.
Jetzt griff der Staatsanwalt Ann Kathrin scharf an: »Sie ermitteln in eine völlig falsche Richtung. Das alles ist eine Sackgasse. Ich unterschreibe den Hausdurchsuchungsbefehl auf keinen Fall. Und von den Büchern des Vereins lassen Sie bitte schön die Finger!«
Ann Kathrin wollte das nicht hinnehmen und hob die Hand. »Ist das klar?«, fauchte der Staatsanwalt und beugte sich über den Tisch.
Ubbo Heide versuchte zu vermitteln. »Wir müssen in dieser Sache mit äußerster Sensibilität vorgehen.« Er versuchte, das Gespräch in eine weniger gefährliche Richtung zu lenken. »Gibt es einen Hauptverdächtigen? Was wissen wir über ihn?«
Ann Kathrin referierte, was sie wusste: »Tim Gerlach hat kein Alibi, aber ein Motiv. Ihm ist der Regenbogen-Verein wirklich im Weg. Ohne eine starke Persönlichkeit wie Ulf Speicher könnte er Sylvia Kleine in den Griff kriegen und sich ein großes Vermögen unter den Nagel reißen. Immerhin hat sie versucht, ihm ein Auto zu kaufen, und das wurde durch den Regenbogen-Verein verhindert. Wir waren Zeugen bei seinem Auftritt im Verein. Zugegebenermaßen ist es kaum zu glauben, dass ein Mörder sich so verdächtig benimmt. Andererseits hat er vielleicht gedacht, gerade mit diesem Auftritt würde er unverdächtig erscheinen. Wer Ulf Speicher derart zur Rede stellen und anklagen will, wird kaum wissen, dass er tot ist. Es könnte aber auf der anderen Seite auch ein bewusstes, sehr geschicktes Manöver gewesen sein.«
Ubbo Heide nickte: »Da könnte was dran sein.«
»Er ist ohne Zweifel ein schlimmer Finger, wirkt aber auf mich gar nicht wie jemand, der kaltblütig …«
Staatsanwalt Scherer unterbrach: »Die Fakten! Fakten!«
»O. k. Georg Kohlhammers Alibi haben wir noch
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