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OstfriesenKiller

OstfriesenKiller

Titel: OstfriesenKiller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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nicht mehr. Sie würde für ihn zu einem Problem werden. Zu einem viel größeren Problem, als er es je für möglich gehalten hätte. Bis vor kurzem war sie ihm hörig gewesen. Leicht zu steuern mit Lügen und Geschichten. Blind vor Liebe und der Sehnsucht, zurückgeliebt zu werden.
    Er musste sich etwas Neues ausdenken, um sie im Zaum zu halten. Sie durfte ihm das hier jetzt nicht kaputt machen. Jetzt, da er endlich jemand war, dem die Menschen zuhörten.
     
    Es kam zu keinen Ausschreitungen. Der Mörder schlug nicht zu. Dies war ein weiteres Indiz für Weller, Rupert und Staatsanwalt Scherer, dass sie mit Georg Kohlhammer den Mörder dingfest gemacht hatten. Er musste nur noch gestehen.
     
    Nicht alle Demonstranten reisten sofort ab. Die Stadt war voller Journalisten. Es gab in den Restaurants keine Plätze mehr.
    Ann Kathrin lud Weller ein, mit ihr nach Norden zu fahren, um dort bei Käpt’n Remmer zu essen. Sie wollte ihm von ihrer Not erzählen. Davon, dass der Mörder auch hinter ihr her war. Und sie glaubte, ihn zu kennen. Nein, sie hielt Georg Kohlhammer nicht für den Täter, auch wenn alles gegen ihn sprach. Kohlhammer hätte seinen Bruder einfach umbringen können und durch die normale Erbfolge wären alle Anteile an ihn gefallen.
    Bei Käpt’n Remmer bekamen sie einen Platz. Ann Kathrin liebte diese Atmosphäre. Die ausgestopften Fische an der Wand, die Fischernetze, die Galionsfigur – in Wellers Blick sah sie, dass er es vielleicht ein bisschen kitschig fand. Sie dagegen konnte diese kalten Gaststätten der modernen Sachlichkeit nicht leiden. Sie brauchte Ecken und Nischen, indirektes Licht. Dieses Lokal war wie eine Höhle, in der man sich verstecken konnte. Und eine bessere Scholle mit Krabben hatte sie selten gegessen. Kartoffeln mit ausgelassener Butter. Ein einfaches, gutes Essen.
    Weller achtete auf die Linie. Er nutzte die Spargelzeit.
    Im Radio liefen nun die Nachrichten, und während sich Weller über seinen Spargel hermachte, drehte die Wirtin das Radio lauter, denn natürlich interessierte sich jeder hier für die große Demonstration in Aurich. Ein Landstrich im Mittelpunkt des Interesses einer ganzen Nation.
    Ludwig Bongart wurde namentlich erwähnt, und ein Gast, der an der Theke vor seinem Bierglas saß, drehte sich um und rief ins Lokal: »Solange es solche jungen Kerle gibt, ist unser Land noch nicht verloren!«
    In der Ecke klatschte jemand Beifall.
    Dann wurde von einem weiteren Mord im Umfeld des Regenbogen-Vereins berichtet. Der Logopäde Josef de Vries sei vergiftet worden. Nach kurzen Hinweisen darauf, dass ein dringend Tatverdächtiger festgenommen worden war, kamen die Auslandsmeldungen. Wieder Selbstmordattentate im Irak.
    »Sylvia Kleine ist gestern bei so einer Meldung völlig ausgeflippt«, sagte Ann Kathrin. »Auf Menschen wie Sylvia wirken solche Nachrichten viel beunruhigender als auf unsereinen.«
    Weller spießte eine Spargelstange auf die Gabel, ließ die Butter abtropfen und sagte: »Klar. Sie generalisiert jeden Einzelfall. Vermutlich weiß sie nicht, was näher an uns dran liegt: Holland oder der Irak.«
    Ann Kathrin sah auf ihre Scholle. »Kann sein. Westjordanland oder Sauerland, für sie ist das alles dasselbe. Sie fühlt sich wirklich von Terroristen bedroht.«
    »Das hat sie mit den meisten Menschen hier gemeinsam«, antwortete Weller und bemühte sich, das Ganze herunterzuspielen. »So verrückt ist es doch auch gar nicht. Jedes Mal, wenn ich in Urlaub fahre, frage ich mich, ob der Flughafen ein anschlagrelevantes Ziel ist oder nicht. Sie fühlt da wie alle Menschen. Was meinst du, warum wir in Ostfriesland immer mehr Touristen haben? Die Leute bleiben lieber in Deutschland, weil es hier friedlicher ist. Oder glaubst du, dass jemand einen Anschlag auf die Fähre nach Juist plant?«
    Er grinste über seinen eigenen Witz.
    »Sylvia glaubt, dass ihre Eltern von Terroristen in die Luft gesprengt wurden.«
    Weller machte große Augen. »Hat ihr Vater denn in der Rüstungsindustrie gearbeitet oder irgend so was?«
    Während sie weiterredete, filetierte Ann Kathrin geschickt ihre Scholle. Sie hob das weiße Fleisch von den Gräten und roch daran. Wenn sie die Augen schloss, sah sie das Wattenmeer vor sich. Sie tat es nur für einen winzigen Augenblick, wie um sich einmal kurz zu erholen. Dann sagte sie: »Ich habe eine Vermutung. Tim Gerlach hat sehr früh gemerkt, dass Männer leichtes Spiel bei Sylvia haben. Er hat sich das ganz einfach vorgestellt. Wenn die

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