Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
Fragen beantwortet? Vermutlich ist Ihre Personaldecke ja viel zu eng, um eigene Recherchen in dieser Sache vorzunehmen, oder?«
»Spotten Sie nur«, zischte Ann Kathrin. »Das alles wird Ihnen gar nichts nutzen.«
Die Anwältin machte eine merkwürdige Körperdrehung, als ob irgendetwas auf ihrer Haut juckte und sie so versuchte, sich Entlastung zu verschaffen.
»Ich kann verstehen«, sagte Ann Kathrin, »dass Sie nervöse Zuckungen kriegen. Die Lage Ihres Mandanten ist ja wirklich nicht besonders rosig. Ich habe jetzt noch ein paar Fragen. Darf ich sie ihm direkt stellen, oder wollen Sie sie für ihn beantworten?«
»Sie können die Fragen schriftlich einreichen, Frau Kommissarin. Dr. Ollenhauer verweigert jede weitere Aussage. Machen Sie sich auf eine Dienstaufsichtsbeschwerde gefasst. Der Fall wird Ihnen in Kürze entzogen werden. Herr Dr. Ollenhauer hat als Beschuldigter das Recht, zu schweigen. Davon macht er hiermit Gebrauch.«
Ollenhauer sah seine Anwältin groß an und zeigte ihr seine offene Hand. Er sah offensichtlich nicht ein, warum sie jetzt so verfahren sollten. Er war gerade genug in Rage, um sich jetzt wortgewaltig selbst zu verteidigen, doch die Anwältin machte eine schneidende Bewegung mit der rechten Hand, und Ollenhauer schwieg tatsächlich, entgegen Ann Kathrins Erwartungen.
»So, dann verabschieden wir uns jetzt, Frau Klaasen.«
»Ach, das ist ein Irrtum, Frau Dr. Schmidt-Liechner. Sie können natürlich sehr gerne gehen, aber Herr Dr. Ollenhauer wird die Nacht bei uns verbringen, bis ich ihn morgen früh dem Haftrichter vorführen werde. Ich habe gerade erst den Termin dafür bekommen. Morgen um zehn. Ich hoffe, es passt Ihnen.«
»Das ist eine unglaubliche Unver …«
Weller drehte sich um.
Hoch gepokert, Ann Kathrin, dachte er. Hoch gepokert.
Der Lärm im Flur wurde jetzt so laut, dass Weller sich von der Scheibe abwandte und zu Ubbo ging.
Weller wurden fast die Knie weich, als er Ubbo Heides schneidende Worte hörte: »Wie soll ich das verstehen? Ina Müller ist aus der Ferienwohnung im Muschelweg entführt worden? Wo sind die Kollegen?«
»Die wurden«, erklärte Rupert, weil Schwindelhausen schwieg, »mit mir gemeinsam abgezogen. Die BKAler haben die Sache übernommen und …«
»Abgezogen?«, fragte Ubbo Heide vorsichtshalber noch einmal nach. »Und wer macht das jetzt?«
»Ja, ich hatte eigentlich … Also, wir wollten zwei auf den Personenschutz spezialisierte Beamte von uns mit hervorragender Nahkampfausbildung und …«
»Wo waren sie, verdammt?«, fragte Ubbo Heide. »Haben sie sich im Ocean Wave in der Sauna amüsiert, oder was?«
»Nein, sie hatten auf der Autobahn einen Unfall, und das wurde zu spät gemeldet, weil …«
Ubbo Heide fasste sich an den Magen, drehte sich mit dem Gesicht zur Wand und lehnte die Stirn dagegen, als müsse er sich abstützen, um nicht zusammenzubrechen.
»Mit anderen Worten, ihr blöden Wichser habt es vergeigt«, sagte Rupert, nicht ohne eine gewisse Schadenfreude in der Stimme.
Rieke Gersema, ständig darauf bedacht, die Darstellung der ostfriesischen Polizei in der Presse positiv zu beeinflussen, sah ein gewaltiges Problem auf sich zu kommen und versuchte sofort, sich abzusichern: »Solange die Sache unser Fall war, haben wir für die Sicherheit der zweiten Tochter garantiert. Seitdem eure Spezialisten am Werk sind, ist sie verschwunden. Dafür übernehmt ihr die Verantwortung. Bei der Pressekonferenz sitzt einer von euch neben mir, und wehe, ihr lasst mich hängen. Das lassen wir nicht auf uns sitzen!«
»Wir sollten jetzt«, sagte Weller, »vielleicht weniger an uns und unseren guten Ruf denken oder daran, wer hier was vermasselt hat, sondern an das Baby und an die Eltern.«
»Welcher Entführer klaut denn bei einer Familie zwei Kinder? Der Erpresser hätte sein Geld doch auch für ein Baby bekommen. Oder meint ihr, der will jetzt die Summe verdoppeln?«, fragte Rupert, erstaunt über seinen eigenen Gedankengang.
»Dieser Wolfgang Müller kann es jedenfalls nicht gewesen sein, der wurde von euren Leuten ja überwacht, mit Richtmikrophon und all so’m Mist.«
Nachdem Weller Ann Kathrin über die neue Lage aufgeklärt hatte, streichelte er ihr übers Gesicht, so wie ihr Vater sie getröstet hatte, wenn sie hingefallen war.
Sie sah erschöpft aus und sagte: »Lass uns losfahren. Wir müssen hin.«
Sie sagte es, aber wirkte auf ihn, als würde sie genau das Gegenteil denken. Deshalb schüttelte er den Kopf. »Nein,
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