Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
nichts gesagt. Ich werde ihn einfach verlassen.«
Sie kuschelte sich an Rupert und stöhnte wohlig: »Lass uns gemeinsam ein neues Leben beginnen. Ich gehe auch in eine kleine Hütte mit dir, das macht mir gar nichts aus. Ein hartes Leben mit dir ist mir lieber als ein goldener Käfig. Ich will meine Freiheit, und ich will dich.«
Rupert hatte einen trockenen Hals und musste husten. Es kam ihm vor, als hätte er sich an Kuchenkrümeln verschluckt, dabei hatte er überhaupt keinen Kuchen gegessen. Er erkannte seine eigene Stimme nicht, als er sagte: »So einfach geht das nicht. Wie stellst du dir das vor? Also, ich habe dir nie versprochen, dass ich meine Frau verlasse. Ich …«
»Aber du liebst mich doch, oder nicht?«
»Doch, natürlich liebe ich dich, aber das ist etwas anderes. Man kann das nicht vergleichen. Ich hab mir mit Beate etwas aufgebaut. Wir …«
»Sie ist sowieso nicht die Richtige für dich. Sonst würdest du jetzt nicht hier mit mir liegen.«
»Ja, aber …«
Er wurde das Kratzen im Hals nicht los. Da war eine trockene Stelle, die stach regelrecht bei jedem Wort.
»Vorher hast du ganz anders gesprochen. Ich dachte, das hier ist nur …«
Sie löste sich von ihm, kniete ihm gegenüber im Bett und fauchte: »Heißt das, du liebst mich gar nicht?«
»Doch, natürlich liebe ich dich. Aber ich …«
Sie schlang ihre Arme um ihn und drückte seinen Kopf zwischen ihre Brüste.
»Ich weiß, das kommt alles so schnell für dich. Du kannst es selber noch gar nicht fassen. Das ist ja auch etwas furchtbar Verstörendes, wenn man plötzlich spürt, dass das ganze vorherige Leben nichts weiter war als ein fehlgelaufener Versuch.«
»Wir sollten«, schlug Rupert vor, »nichts überstürzen.«
Dann ließ er sich fast ohnmächtig ins Bett zurücksinken.
Frauke holte die Sprühsahne und begann, damit ein Herzchen mit einem Gesicht auf seinen Oberkörper zu malen.
»Leg dich zurück, Geliebter«, flüsterte sie, »entspann dich.« Dann begann sie, die Sahne abzuschlecken.
Oh mein Gott, dachte Rupert, oh mein Gott, in was bin ich hier reingeraten? Wie werde ich die wieder los?
Er versuchte, sie wegzuschieben. »Hör auf«, sagte er. »Ich, ich kann jetzt nicht. Ich bin nicht der Hengst, für den du mich hältst. Ich …«
Sie drückte ihn wieder ins Kissen zurück.
»Das ist doch kein Leistungssport, Liebster. Du musst nichts können. Schließ einfach die Augen und lass dich verwöhnen. Stell dir vor, wie das ist, wenn wir beide erst zusammen leben. Dann kannst du das immer haben«, versprach sie, und es klang für Rupert wie eine Drohung.
Ich weiß, dachte er, und ein Stück Kuchen noch dazu. Ich weiß.
Oben in der Ferienwohnung im Muschelweg versuchte Weller, es sich im Bett bequem zu machen. Entweder war er länger geworden, oder die Betten wurden immer kürzer. Er hatte ein Fernsehgerät mit zig Programmen zur Verfügung, aber irgendwie fand er nichts, was ihn interessierte.
Ein paar Minuten gab er einem Comedian eine Chance, aber er konnte die Show nicht wirklich genießen. Seit er mit Ann Kathrin Klaasen in Bremerhaven die »Müllfischer« live gesehen hatte, kamen ihm die deutschen Fernsehspaßmacher merkwürdig mutlos vor.
Auf der Fahrt nach Bremerhaven hatte er sich lange mit Ann Kathrin über den Unterschied zwischen Kabarett und Stand-up-Comedy unterhalten. Weller hatte Kabarettisten manchmal Comedians genannt und umgekehrt. Ann Kathrin behauptete, das Kabarett sei politisch, Stand-up-Comedy orientiere sich meist nur an Beziehungsproblemen oder kleinen Konflikten aus der Umwelt des auftretenden Künstlers bzw. der Figur, die er darstellte.
Für viele Menschen mochte so etwas belanglos sein. Mit Ann Kathrin konnte er darüber stundenlang reden, sodass die Autofahrt von Norden nach Bremerhaven ihm sehr kurzweilig erschienen war.
Sie hatte behauptet: »Wer will, dass wir über andere Leute lachen, der sollte nicht nach unten treten, sondern die da oben verspotten. Wer dran ist – ist dran!«
Als er die »Müllfischer« sah, begriff er, was sie damit gemeint hatte.
Er ließ das Fernsehen weiterlaufen und las dabei, halb im Bett sitzend, einen Kriminalroman. Er hatte ein Regal mit verstaubten Krimis im Flur entdeckt, die Touristen vermutlich dort liegen gelassen hatten. Neben einer Menge Schrott fand er einen Hansjörg-Martin-Krimi aus dem Jahre 1966. Es war eine Neuausgabe von 2008, erschienen bei der Edition Köln. »Kein Schnaps für Tamara«.
Er mochte die Krimis des
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