Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
wiederentdeckt und über die ganze Erde verbreitet.«
»Aha, und wie geht das? Was muss man da machen?«
»Reiki erfordert keine Willensanstrengung. Es ist ein kreatives Geschehenlassen, das die Selbstheilungskräfte des Menschen unterstützt.«
Rupert glaubte zu verstehen, und jetzt wurde ihm die Frau erst wirklich unheimlich. Er machte sich Sorgen um seine Beate. Mit einer Prostituierten wäre er leicht fertig geworden. Aber hier lauerte eine ganz andere Gefahr.
»Ich verstehe. Das ist irgend so ein Sektenscheiß.«
Scheinbar gab es nichts, das ihr Lächeln aus dem Gesicht putzen konnte.
»Mit einer Religion hat das alles nichts zu tun. Du kannst jeder Religion angehören. Wenn du Aspirin nimmst, musst du ja auch nicht katholisch sein, oder?«
»Und wenn ich mich jetzt dahin lege, was passiert dann?«
»Du musst nichts weiter tun, als es zuzulassen und zu atmen. Ich werde dir dabei die Hände auf bestimmte Körperstellen legen und die Reiki-Energie fließen lassen. Sie geht genau dorthin, wo sie gebraucht wird. Du wirst sehen, das ist sehr angenehm.«
»Zweifellos. Und das haben Sie mit meiner Beate gemacht?«
»Du bist so voller Misstrauen und voller Missgunst. Wer kein Vertrauen in andere hat, hat auch kein Vertrauen in sich selbst.«
»Mäßigen Sie sich mal, sonst rufe ich die Sitte an, und die machen Ihnen den ganzen Laden hier dicht!«
Sie lachte hell und fröhlich. »Bevor du dazu übergehst, mein Leben zu verwüsten, solltest du vielleicht lieber versuchen, dein eigenes auf die Reihe zu kriegen. Was meinst du?«
Rupert richtete den Zeigefinger auf sie und feuerte seine Sätze wütend ab: »Sie werden mir jetzt meine Fragen beantworten, oder ich lasse Sie und den ganzen Laden hier hochgehen! Zumindest die Freunde vom Finanzamt würden sich bestimmt über einen kleinen Tipp von mir sehr freuen. Oder lassen Sie die Zahlungen von Herrn Renken durch die Bücher gehen?«
Das saß. Etwas in ihr schrumpfte zusammen. Ihre Haltung veränderte sich. Ihre Körperspannung ließ nach. Ihre Schultern hingen nach vorn. Ihre Handinnenflächen waren jetzt nicht mehr zu ihm ausgerichtet, sondern sie legte sich beide Hände auf die Brust.
»Deine Frau weiß, dass du ein Verhältnis mit dieser Frauke hast. Sie leidet darunter. Sie möchte, dass alles wieder gut wird. Sie will dir gerne die fehlende Liebe geben, deshalb bist du doch hier, oder nicht?«
»Sie wollen mir also weismachen«, schimpfte Rupert, »dass meine Frau glaubt, ich hätte ein Verhältnis mit irgendeiner Frauke?«
»Gib dir keine Mühe, weiter zu lügen. Sie weiß Bescheid. Sie ist hingefahren und will sich diese Frauke mal vorknöpfen. Ich habe sie gewarnt und ihr gesagt, rede lieber mit deinem Mann, aber sie will die direkte Konfrontation mit der Ehebrecherin. Ein typischer Fehler, wie Frauen ihn halt so machen. Ich fände ein Gespräch zwischen euch dreien besser. Ich würde gerne als Mediatorin zur Verfügung stehen.«
»Mo… Mo… Moment mal!«, stotterte Rupert, »heißt das, meine Frau ist unterwegs zu …«
Silke nickte.
»Woher weiß die denn überhaupt, wo die wohnt?«
»Ich helfe den Menschen dabei, sich zu finden«, fuhr Silke fort. »Detektivin bin ich nicht. Aber Frauen merken so etwas immer. Jede geht nur anders damit um. Die eine frisst den Kummer in sich hinein, die andere macht sich besonders attraktiv für ihren Mann, geht voll in die Konkurrenz, die nächste führt sich auf, liefert einen irren Tanz, eine andere lässt sich scheiden – es ist doch immer das gleiche Spiel.«
Rupert wollte nur noch raus. Aber in der Tür blieb er kurz stehen und drehte sich noch einmal um.
»Ist Ihnen klar, dass ich Sie mitnehmen könnte? Ich könnte Ihnen verdammt viele Schwierigkeiten machen, wenn ich will. Ich werde das nicht tun. Es ist mir scheißegal, was Sie in dieser Wohnung hier anrichten und wem Sie die Hände wo auflegen. Aber Sie werden meine Frau nie wieder treffen. Ist das klar? Und wehe, Sie greifen jetzt zum Telefon und rufen sie an. Sie kennen sie überhaupt nicht. Vergessen Sie, dass Sie jemals zusammen in einer Schule waren, sonst mache ich Ihnen das Leben zur Hölle!«
Sie hatte jetzt doch Angst vor seiner Wut. Sie brachte die Liege zwischen sich und Rupert.
Er verlangte: »Und jetzt setzen Sie sich hin und schreiben alles auf, was Sie über Nils Renken wissen. Seine geheimen Vorlieben, warum er hierhin kommt. Er wird doch bestimmt so einiges ausplaudern, während Sie an ihm rumfummeln und die Energie fließen
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