Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
Holger Bloem arbeitete, dem sie den ganzen Ärger im Grunde verdankten, weil der dieses verfluchte Foto gemacht hatte, mit dem Kranich und der Hand.
Hier bei Doepke wurde irgendeine Sicherheitstechnik produziert und in die ganze Welt verkauft. Rupert fand das sehr rätselhaft.
Zunächst war er zur falschen Firma gefahren, die Namen klangen gleich, und sie waren beide in der Stellmacherstraße. Aber sie produzierten völlig unterschiedliche Dinge, und beide Häuser hatten nichts miteinander zu tun. Die andere Firma hieß Döpke und stellte Saugbagger und Bäckereimaschinen her.
Als Rupert dann endlich die richtige Firma gefunden hatte, durfte er nichts anfassen. Hier wurden unter geradezu klinisch sterilen Bedingungen Schalter zusammengebaut.
»Die sorgen dafür, dass Sie keinen Stromschlag kriegen, wenn mal etwas falsch läuft«, erklärte ein Mitarbeiter salopp.
Rupert wollte mit Svenja Roth sprechen. Er sah die junge Frau zunächst nur durch eine Glasscheibe. Sie arbeitete mit einem Mundschutz und einer weißen Haube, unter der sie ihre Haare verborgen hatte.
Er konnte nicht zu ihr, es gab eine Sicherheitsschranke.
»Hier in unseren Reinraum«, so sagte der bärtige Mitarbeiter nicht ohne Stolz, »darf sich kein Staubkörnchen verirren. Was hier gebaut wird, muss funktionieren, wenn alles andere versagt hat. Unsere Produkte retten Leben.«
Rupert war fasziniert von den Abläufen hier. Es kam ihm nicht so vor, als würden die Menschen nur Maschinen füttern, sondern als würden sie die Geräte virtuos beherrschen und spielen wie Musikinstrumente.
Für einen Moment beneidete er die Leute. Sie wussten, was sie taten, es gab klare Regeln. Er dagegen hatte immer das Gefühl, wie ein Depp im Dunkeln herumzustochern, belogen und betrogen zu werden und nur selten die Früchte seiner Arbeit zu ernten.
Mit welcher Selbstsicherheit der Mann mit dem silbernen Bart davon gesprochen hatte, mit den Produkten würden Menschenleben gerettet … Wir dagegen kommen meistens zu spät, dachte Rupert grimmig.
»Unser größtes Kapital sind unsere Mitarbeiter, die mit ihrer schöpferischen Kraft und Initiative den Erfolg und die Zukunft unseres Unternehmens sichern.«
»Okay«, sagte Rupert. »Ich hau bei der Kripo in den Sack und bewerbe mich hier.«
»Wie bitte?«
Rupert schüttelte den Kopf. »Ich habe nur einen Scherz gemacht. Also, kann ich jetzt Frau Svenja Roth sprechen?«
Sie wurde durch die Sicherheitsschleuse von der Auslöserfertigung in ein Büro gebracht. Rupert wartete dort.
»Es dauert ein paar Minuten, Herr Kommissar. Frau Roth muss erst durch eine Tür und sich umziehen, dann kann sie die nächste öffnen und zu uns kommen. Durch die Schleuse garantieren wir, dass der Reinraum auch rein bleibt, außerdem herrscht dort Überdruck.«
Svenja Roth trug jetzt bunte Kleidung. Ein orangefarbenes T-Shirt über einem langärmeligen weißen Hemd und – das hatte Rupert ewig nicht mehr gesehen – einen Faltenrock.
Es gab Kekse und für jeden eine Tasse Tee. Das alles machte einen familiären Eindruck.
Rupert war erstaunt über die Schönheit der jungen Frau. Sie hatte leicht asiatische Gesichtszüge und dickes, schwarzes Haar. Ihre Augen waren groß und braun.
Die junge Frau strahlte etwas Sanftes, Liebenswürdiges aus, aber sie war nervös. Ihre Lippen zuckten unsicher.
Rupert stellte sich kurz vor.
Sie lehnte Tee und Gebäck ab und verschränkte die Arme vor der Brust, als müsse sie sich schützen.
»Hab ich falsch geparkt?«
Rupert lächelte. »Nein. Keine Sorge, Sie haben nichts verbrochen.«
Sie schien sofort zu wissen, worum es ging. »Dann hat mein Stiefbruder mal wieder Scheiß gebaut?«
Sie guckte entnervt zur Decke, wirkte aber sofort entspannter.
»Nein, ich komme auch nicht wegen Ihres Stiefbruders.«
Rupert sah den Silberbärtigen an, der ihn herumgeführt hatte. »Ich würde mich jetzt gerne mit Frau Roth alleine unterhalten.«
Der Angesprochene war sofort bereit zu gehen, suchte aber erst noch Blickkontakt mit Svenja Roth.
»Wenn du mich brauchst, ich bin nebenan.«
Sie nickte ihm zu.
Rupert folgerte aus der Art, wie sie miteinander umgingen, dass sie sich entweder auch privat kannten oder dass das Betriebsklima hier erstaunlich gut war.
Rupert bot Frau Roth einen Sitzplatz an, aber sie wollte lieber stehen.
»Sagt Ihnen der Name Dr. Alexander David Ollenhauer etwas?«
Sie reagierte sofort. Jetzt zog sie sich einen schwarzen Bürosessel heran, ließ sich hineinfallen und
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