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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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spüren, dass es sich lohnte zu leben und für eine bessere, anständigere Welt zu kämpfen.
    Heiko Käfers Haus lag, umgeben von einem Sanddorndickicht, im Schatten zweier Eichen geduckt zwischen den Dünen vor ihr wie ein Versteck. Ein idealer Unterschlupf für jemanden, der gesucht wurde. Auf Spiekeroog gab es keine Polizeikontrollen, keine Straßensperren, keine Razzien.
    Sie erwartete einen mit Alarmanlagen gesicherten Bunker. Sie stand vor einem kleinen Hexenhäuschen aus roten Backsteinen, auf dem Dach moosbewachsene Ziegel, an den kleinen Fenstern champagnerfarbene, von Hand gehäkelte Spitze mit Rosenbordüre. Neben der Eingangstür eine Regentonne, die an ein Fass auf einem Piratenschiff erinnerte.
    Hinten war ein Fenster gekippt. Ann Kathrin griff durch und stieß das Fliegengitter weg. Es war völlig problemlos, hier einzusteigen. Keine Alarmanlage ging los.
    Ann Kathrin konnte in der Küche zwar aufrecht stehen, trotzdem ging sie unwillkürlich gebückt, als sei die Decke zu niedrig. Die Einbauküche aus Kiefernholz wirkte düster. Es gab einen Herd mit Cerankochfeld und ein Regal mit zweiundsechzig Gewürzen. Ein süßer Duft hing schwer im Raum. Neben dem Kühlschrank sah sie ein volles Weinregal. Sie öffnete ungeniert den Kühlschrank. Zwölf Eier von frei laufenden Hühnern. Biomilch. Ingwer. Tomaten. Joghurt. Löwensenf. Heinz-Ketchup. Zwei Flaschen Cola Zero. Eine angebrochene Tafel Schokolade mit roten Pfefferkörnern und Chili. Zweihundert Gramm Krabben.
    Ann Kathrin befühlte die Tomaten. Da beabsichtigte jemand, bald zurückzukommen.
    In einem Tuppertopf fand sie gemahlenen Kaffee. Sie ging durchs Wohnzimmer zur Eingangstür, ganz wie sie erwartet hatte, hing neben der Tür ein Schlüsselkasten. Darin mehrere Schlüssel, die sie nicht zuordnen konnte, aber auch ein Band mit einer kleinen Taschenlampe, daran ein Aufkleber: Praxis und Fewo.
    Schon beim ersten Versuch konnte sie die Haustür öffnen. Sie ging zwischen Sanddorn, Rosen und Hibiskus nach hinten und holte ihren Koffer rein. Sie fühlte sich durchtrieben und sehr lebendig. Ihre Haut kribbelte. Sie fand es großartig, jetzt hier zu sein. Ein schlechtes Gewissen regte sich zu ihrem Erstaunen nicht.
    Sie schnitt Rosen ab und stellte sie in einer Vase im Wohnzimmer auf den Tisch. Sie setzte sich einen Kaffee auf und begann ruhig, ohne jede Eile, das Haus zu durchsuchen.
    Das vollständig ausgespiegelte Schlafzimmer fand sie ziemlich heftig. Sogar an der Decke über dem Bett hingen vier Spiegel.
Sie stellte sich vor, wie einer davon herunterkrachte und Heiko Käfers Kopf traf.
    Über dem Bett baumelte ein Seil, an dem Lederriemen und -schlaufen herunterhingen. Ann Kathrin hatte so etwas einmal in einem Bordell bei einer Hausdurchsuchung gesehen. Das Ding hieß Liebesschaukel und war heutzutage vermutlich in jedem zweiten Baumarkt zu bekommen. Eine Art schwebender gynäkologischer Stuhl.
    Hinter dem ersten Spiegelschrank bewahrte Käfer seine Peitschensammlung auf. Sie hingen da wie Ausstellungsstücke im Foltermuseum. Beschriftet, sauber geputzt. Eine Neunschwänzige Katze mit geflochtenen Tauenden. Eine Geißel mit Knoten am Ende der Riemen. Eine Bullenpeitsche mit biegsamem Griff. Eine kurze Signalpeitsche, wie sie ursprünglich bei Schlittenhunderennen verwendet wurden. Ein Rohrstock aus Rattan.
    Käfer war also, obwohl er recht krank aussah, sexuell noch aktiv und benutzte solches Spielzeug. Sie wollte sich das lieber nicht vorstellen …
    Auch Käfer hatte wie Stenger eine Schwäche für dicke Teppichböden. Der im Schlafzimmer war weiß.
    Im Kleiderschrank entdeckte Ann Kathrin neben einem halben Zentner Dessous in der Größen Small und XS , 34 und 36 , gut zwanzig weite Oberhemden von Heiko Käfer, mit denen er versuchte, seine Speckringe zu verbergen. Sie interessierte sich nicht für die Kleidung, aber sie wusste aus Erfahrung, dass Menschen Dinge wie Quittungen, die besser nicht in die Steuererklärung gehörten, verräterische Briefe oder Schwarzgeld lieber im Schlafzimmer im Kleiderschrank versteckten als im Büro im Aktenschrank.
    Sie wurde rasch fündig. Unter einem Stapel XXL -T-Shirts stand eine Kiste voll mit DVDs. Ann Kathrin nahm sie mit ins Wohnzimmer, setzte sich in die Nähe der Rosen und während sie den frisch gebrühten Kaffee trank, nutzte sie Käfers DVD -Recorder und den kinoartigen Bildschirm. Es fehlte eigentlich nur der Popcornduft.
    Auf der ersten DVD sah sie eine schöne asiatische Frau. Sie lächelte in

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