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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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nun die Speisekarte und genoss die Gerüche. Er kam nie pünktlich zu einer Verabredung in ein Restaurant. Er wollte früher da sein, sich nicht hektisch entscheiden müssen aufgrund einer guten Formulierung in der Speisekarte. Er wollte die anderen Gäste beobachten, einen Blick auf deren Teller werfen, um dann vielleicht eine neue Entdeckung zu machen. So manch wundervolles Gericht verbarg sich doch hinter einer unscheinbaren Formulierung, und wie oft schon war er auf blumige Ankündigungen hereingefallen?
    Er wusste, dass dies Frank Wellers Lieblingsrestaurant war,
und Frank verstand etwas vom guten Essen und von Fisch. Gerade wurde ein Zanderfilet auf Blattspinat an Huberkran vorbeigetragen. Da war ein irritierender Geruch von Mandeln und Koriander.
    Huberkran hatte sich eine gemütliche Ecke ausgesucht, fast schon ein Separee, hinter einer Holztafelwand. Aber wenn er sich vorbeugte, konnte er die Tür beobachten und einen Teil der Theke einsehen.
    Er wollte Ann Kathrin Klaasen unbedingt für seine SOKO Maurer gewinnen. Er hoffte auf Frank Wellers Hilfe.
    Huberkran ahnte, warum Weller dieses Restaurant liebte. Er hätte sich am liebsten die gesamte Speisekarte rauf und runter bestellt, von jedem Menü nur ein Häppchen für zwei Euro. Aber wie so oft im Leben musste er sich entscheiden, und obwohl die Bratwurstschnecken vom Deichlamm verführerisch aussahen, war für ihn klar, dass er Fisch essen würde. Keinen Lachs. Das fand er langweilig. Lachs gab es überall.
    Aber als Frank Weller dann kam und ohne einen Blick in die Speisekarte zu werfen Fettuccine mit Garnelen bestellte, da schloss Huberkran sich ihm aus einem plötzlichen Impuls heraus an. Er vermutete, dass Frank dieses Gericht nicht zum ersten Mal aß, sonst wäre er nicht so klar entschlossen gewesen.
    Huberkran trank ein alkoholfreies Weizenbier, Weller einen Merlot blanc de noir.
    Bevor es beruflich wurde, sprachen die beiden über ihre Beziehungen. Genau wie Weller sich gedacht hatte, war Huberkran immer noch nicht geschieden, aber er litt an seiner Ehe.
    »Wenn sie zur Arbeit geht, dann brezelt sie sich auf. Sie ist eine wunderschöne Frau. Du kennst sie ja. Sie rennt in so scharfen Klamotten rum, dass ich immer denke, sie sieht aus wie eine Frau auf der Suche. Also, versteh mich nicht falsch, das macht sie nicht für mich, sondern nur wenn ich nicht da bin, wenn sie
allein ausgeht, sogar wenn sie in die Praxis geht, macht sie das für ihre Patienten.«
    »Vielleicht macht sie es einfach für sich selbst«, orakelte Weller und kam sich blöd dabei vor, noch bevor sich Huberkran an die Stirn tippte. Er fühlte sich von Frank Weller nicht ernst genommen.
    »Geht sie fremd?«, fragte Weller, um etwas wiedergutzumachen.
    »Ich weiß nicht. Also, ich bin mir nicht sicher. Jedenfalls fühle ich mich einfach nicht mehr gemeint … Hast du schon mal eine männliche Sprechstundenhilfe beim Arzt gesehen?«
    Weller antwortete nicht. Huberkran fuhr fort: »Siehst du. Sie hat gleich zwei.«
    Weller überlegte, ob es am Ende seiner Ehe mit Renate für ihn nicht ähnlich gewesen war.
    Bevor er antworten konnte, fragte Huberkran: »Liebst du deine Ann Kathrin?«
    Weller nickte. »O ja.«
    »Und warum bist du dann jetzt hier und nicht bei ihr? Nach allem, was ich höre, scheint sie tief in der Klemme zu stecken … «
    Weller druckste herum. Am liebsten hätte er sich jetzt eine Zigarette angezündet. Er nahm stattdessen einen Schluck Wein.
    »Sie ist jetzt bei ihrer Mutter. Sie will mit ihr reden … Aber ich weiß auch gar nicht, was ich machen soll. Muss ich sie bremsen und vor sich selbst beschützen oder soll ich sie unterstützen und gemeinsam mit ihr vorwärtspreschen? Wir gehen gerade über sehr dünnes Eis. Ich habe Angst, dass wir später als Idioten dastehen werden. Immerhin ist der erste Teil ihrer Geschichte wahr. Isolde Klocke war eine Kollegin von uns. Sie hat hier Anns Vater kennengelernt. Und dann verlieren sich ihre Wege.«
    »Hat sie Mist gebaut und ist rausgeflogen?«
    Frank Weller zuckte mit den Schultern. Der Duft von frischem Fenchel, Bärlauch und Garnelen war schneller an ihrem Tisch als die beiden Teller. Huberkran bereute die Wahl nicht. Er schloss die Augen und atmete erst mal nur ein.
    Dann sprachen sie eine Weile nicht mehr, sondern aßen nur. Viel zu schnell drehten sie die Fettuccine auf die Gabeln.
    »Ich könnte drin baden«, murmelte Weller mit vollem Mund.
    Huberkran, der sich, als Niederbayer aus Passau, den es dann nach

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