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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Aufgabe, sie zu sich selbst zu führen.
    Er hätte sie jetzt allein lassen können. Die Wand war hart und undurchdringlich. Seit in Luzern Claudia Birchler es geschafft hatte, mehrere Vierundzwanziger-Steine mit ihren Händen aus der Wand zu drücken, obwohl er einen Schnellbinder benutzt hatte, bewachte er sie vorsichtshalber, bis er sicher sein konnte, dass sein Werk vollendet war. Der Körper sollte diesen Raum nicht mehr verlasen können, nur noch ihre Seele.
    Er sah auf die Uhr. Er musste los.
    Huberkran amüsierte sich über Ann Kathrins Aufzug.
    »Wenn nur die Hälfte der Dinge, die ich über Sie gehört habe, stimmen, Frau Klaasen, dann haben Sie versucht, in der Nordsee zu ertrinken wie Isolde Klocke, um zu spüren, wie sich das Opfer beim Verbrechen fühlt, stimmt’s?«
    Ihre Haare waren schon wieder trocken und sie fühlte sich im Bademantel von Frau Muus inzwischen wohl. Sie wurde darin zu einer Touristin.
    Sie musterte Huberkran. Er war ihr nicht unsympathisch.
    »Zahlt Ihre Dienststelle den Hubschrauber?«, fragte sie. »Ich habe schon Probleme, ein Hotel abzusetzen, eine Taxifahrt oder … «
    Sie gingen über den Deichkamm spazieren und sahen einer Kornweihe zu, die über den Deichwiesen schwebte und ein Mauseloch belauerte.
    »Lassen Sie uns erst die Spielregeln festlegen«, sagte Ann
Kathrin. Sie zählte es an den Fingern auf: »Erstens, Sie werden mir ein Gespräch mit Anne Will arrangieren und zweitens eins mit Wilhelm Beukelzoon. Und drittens werden Sie mir die Akten besorgen. Ich sehe mir dafür Ihre Akten an … «
    Sie blickte fragend zu ihm. Er hielt die Augen geschlossen und genoss die Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht.
    Ann Kathrin fand, dass er ehrliche Gesichtszüge hatte, falls es so etwas überhaupt gab. Er sah aus wie ein sanfter, um Ausgleich bemühter Mensch. Er trug zwar einen Ehering, aber aus seinen Ohren wuchsen Haare, ebenso wie in seinen Nasenlöchern. Ann Kathrin folgerte daraus, dass er zwar verheiratet war, aber die Beziehung zumindest erkaltet war. Eine liebende Frau hätte ihren Mann sicherlich darauf aufmerksam gemacht.
    An seinem Nasenflügel hatte sich ein schwarzer Mitesser versteckt. Als kleines Mädchen hatte sie ihrem Papa immer alle Mitesser ausgedrückt.
    Hatte er keine Kinder? War es ihm selbst egal?
    »Das mit den Akten ist mysteriös«, antwortete er. »Ich kann nicht versprechen, dass wir dort weiterkommen. Ich lasse bereits das Landesarchiv überprüfen. Manchmal werden die örtlichen Dienststellen entlastet, und ganze Jahrgänge verschwinden im Landesarchiv. Heute, mit den Computern ist das alles kein Problem mehr, aber damals … Mit der
anderen
habe ich bereits gesprochen. Am Montag können wir sie treffen. Mit Wilhelm Beukelzoon ist es ein bisschen komplizierter. Er ist mit sechzig frühzeitig pensioniert worden. Er hat seine Wohnung anonymisiert und lebt nun unter falschem Namen … «
    »In welchen Film bin ich denn hier geraten?«, fragte Ann Kathrin ungläubig.
    »Das ist alles ganz offiziell. Wir haben so etwas schon öfter gemacht. Er muss mit Racheakten aus dem Milieu rechnen. Wir können ihn nicht rund um die Uhr bewachen. Erstens haben wir dafür die Leute und die Mittel nicht und zweitens … «
    »Ist es natürlich viel einfacher, er verschwindet von der Bildfläche. Sozusagen ein polizeiinternes Zeugenschutzprogramm.«
    Er gab ihr recht. »Ja, um verdienten Kollegen einen ruhigen Lebensabend zu ermöglichen. Mein eigener Chef wurde bis zum Ende seines Lebens von einem Gangsterpärchen terrorisiert, das er seinerzeit für ein paar Jahre in den Bau gebracht hatte. Es begann mit nächtlichen Telefonanrufen, am Ende haben sie seinen Schäferhund vergiftet, und er hatte so viele Kratzer am Auto, dass ihn am Schluss die Versicherung rausschmeißen wollte. Sie haben ganze LKWs voll teurem Mist aus den Versandhäusern für ihn bestellt, auf seine Rechnung, versteht sich. Sie haben sich unter seinem Namen eine E-Mail-Adresse zugelegt und dann unflätige Drohbriefe an Schwule und Lesben verschickt.«
    Ann Kathrin stöhnte. Sie hatte keine Lust, weiter zuzuhören. Aber Huberkran redete sich gerade erst so richtig in Fahrt.
    »Für die überlasteten Gerichte ist das alles Kleinkram und lässt sich nur selten hundertprozentig nachweisen.«
    »Haben sie ihn am Ende umgebracht?«, fragte Ann Kathrin.
    »Nein, das hat der Krebs für sie erledigt. Nicht mal seine Beerdigungsfeier war ihnen heilig. Mit Bierflaschen haben sie besoffen auf dem Friedhof

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