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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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abzuklären.
    Die Jungen verdrückten jeder ein Stück Erdbeertorte und Apfelkuchen mit Sahne. Ihre Oma achtete auf die Linie und begnügte sich mit einer »Tasse Bohnenkaffee«. Auch das erinnerte Ann Kathrin an ihre Mutter. Die gönnte sich früher gerne eine Tasse »echten Bohnenkaffee«.
    Ann Kathrin schätzte die drei als harmlos ein, trotzdem war Harry Stämmler bei ihrem Erscheinen verstummt und praktisch geflohen. Ann Kathrin machte sich keine Sorgen darum. Sie hatte seine Adresse, er war im Grunde mittellos und sie befürchtete nicht, dass er abhauen würde. Ihr gefiel der Gedanke, dass Harry Stämmler glaubte, sie sei hinter der Beute her und würde mit ihm teilen. Er war so naiv, dass er ihr fast leid tat.
    Sie ging mit dem Handy vor die Tür und rief Weller an. »Frank, du Guter, ich bin ein entscheidendes Stück weiter.«
    »Ja, Liebste, das höre ich an deiner Stimme.«
    »Ich habe den Piloten. Er heißt Stämmler, aber er ist tot. Hat sich selbst erschossen – angeblich.«
    »Alles klar, ich besorge sofort alle Akten. Ann, pass auf dich auf. Wo wohnst du?«
    »Im Maritim, ganz oben, mit Blick auf die Altstadt. Du kannst beruhigt sein. – Es spielt aber noch jemand eine Rolle. Spitzname Akki oder Der Allemacher. Hat seinen Stiefvater umgebracht und … «
    »Akki hab ich schon, es gibt drei in unserem Computer. Einer sitzt seit drei Jahren. Körperverletzung, Vergewaltigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt. Geboren 1967 . Dann habe ich hier noch einen Trickbetrüger, Heiratsschwindler, esoterischer Heiler. Geboren 1950 . Eher harmlos, wenn du mich fragst. Aber das hier ist er. Achim Kowalski, geboren 1970 in Gelsenkirchen. Gewalttätig und unberechenbar. 1985 wegen Totschlags in der Jugendpsychiatrie. 1990 Verurteilung wegen Körperverletzung. 1992 wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz ...«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Letzter Aufenthaltsort Gelsenkirchen, Bismarckstraße. Da muss es Ärger mit dem Einwohnermeldeamt gegeben haben. Er ist umgezogen, hat sich aber weder ab- noch angemeldet. Glaubst du, er war bei dem Überfall dabei?«
    »Ja.«
    »Soll ich ihn zur Fahndung ausschreiben?«
    »Das wäre mir am liebsten, aber noch habe ich zu wenig. Ich melde mich.«
     
    Das Treffen mit Kim 12 ging schief. Sie kam nicht, aber Ann Kathrin hatte das Gefühl, beobachtet zu werden.
    Gar nicht dumm, dachte Ann Kathrin, im Stadtgarten fällt
man nicht auf, es gibt genügend Verstecke und sie kann sich in Ruhe angucken, mit wem sie es zu tun hat.
    Ann Kathrin ging in ihr Hotel. Vom Stadtgarten zum Maritim war es nicht weit. Sie fuhr mit dem Fahrstuhl hoch, trank ein Mineralwasser im Stehen und legte sich mit ihrem Laptop aufs Bett. Sie hatte eine Nachricht in ihrem Postfach. Kim 12 schlug jetzt ein Treffen im Vasco da Gama vor.
    Ann Kathrin nahm ein Taxi und fuhr hin. Jeder hat eine zweite Chance verdient, dachte sie, und Hunger hatte sie auch. Als sie das Vasco da Gama betrat, hatte sie gleich das Gefühl: Das wird nichts. Die kommt nicht. Die schickt mich nur rum. Das ist eine Art Rache.
    Sie bestellte sich Sardinha assada. Sie hatte schon lange nicht mehr portugiesisch gegessen und die großen Sardinen mit Pellkartoffeln und gegrillten Paprikas erinnerten sie an die Küste. Es schmeckte Ann Kathrin außerordentlich gut, und sie trank ein Stauder Pils dazu.
     
    Ann Kathrin hatte keinen Pyjama im Koffer. Sie ging in T-Shirt und Slip ins Bett. Neben ihrem Kopf den offenen Laptop, auf dem Bildschirm die Startseite der Gelsenkirchener Geschichten.
    Sie schlief unruhig. Jedes Mal, wenn sie aufwachte, klickte sie auf Aktualisieren und sah unter den neuen Beiträgen nach, ob etwas sie und ihren Fall betraf.
    Gegen zwei Uhr morgens schlief sie endlich tief. Gegen vier hatte sie einen Albtraum. Sie saß wieder eingesperrt hinter der Mauer. Die Dunkelheit war erdrückend. Sie schrie, sie trommelte gegen die Wand, doch niemand hörte sie. Peter war nicht da. Dann sah sie sich von oben. Es war verrückt, aber sie sah sich trotz der Dunkelheit so, als würde sie selbst von innen leuchten. Aber sie war nicht erwachsen. Sie war ein Kind. Sie schrumpfte immer mehr. Wie ein Embryo lag sie auf dem Boden. Die Wände waren plötzlich ganz nah. Sie schlossen sie ein wie eine
Haut. Sie konnte die Beine nicht mehr ausstrecken. Ihr Körper zuckte.
    Nach Luft japsend, wurde sie wach. Sie sprang aus dem Bett und knipste das Licht an. Sie sah auf den Computer. Sie war klatschnass geschwitzt.
    Sie duschte lauwarm, dann rief

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