Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut
Wirtschaft und Medizin … Und sie wollte sich von ihrem Mann trennen.«
»Da kam Timo Feldheims Tod wohl gar nicht so ungelegen? Keine langwierige Scheidung – und alles gehörte ihr …«
»Katja war keine Mörderin! Und ich habe ihrem Mann auch kein Haar gekrümmt, falls es das ist, was Sie denken.«
»Wo waren Sie gestern Abend, Herr Waskamp?«
»Brauch ich einen Anwalt?«
»Das können Sie besser beurteilen. Wo waren Sie denn nun?«
»Ich war bis acht Uhr abends in meinem Büro. Wir hatten eine Strategie-Besprechung. Danach bin ich nach Hause gefahren.« Wenn er dafür Zeugen hatte, war es knapp …
»Wann haben Sie Katja Simon zuletzt gesehen?«
»Keine Ahnung …« Waskamps Kopf sackte nach unten.
Pia fuhr von ihrem Platz hoch und hielt ihn fest. Er war kalkweiß im Gesicht und schwankte auf seinem Sitz hin und her. »Hallo, Herr Waskamp! Hören Sie mich?« Er sah sie verwirrt an. »Können wir jemanden für Sie anrufen, der sich um Sie kümmert?«
»Es geht schon. Geht schon«, nuschelte er undeutlich und versuchte, Pias Gesicht zu fokussieren.
»Soll ich Ihren Onkel verständigen oder jemand anderen?«, fragte sie und erinnerte sich, dass Gregorian ja unterwegs war.
»Julia … Rufen Sie meinetwegen meine Schwester Julia an«, sagte Waskamp und nannte eine vierstellige Telefonnummer.
Julia von Ohlen, erinnerte Pia sich. Die Frau des Journalisten, mit dem sie gesprochen hatte.
Zum Glück war seine Schwester zu Hause und versprach, sich gleich auf den Weg zu machen. Pia und Maiwald warteten, bis sie angekommen war. Waskamp saß immer noch leicht vornübergebeugt im Sessel.
»Was ist mit meinem Bruder? Was hat er denn?«, fragte sie ratlos. »Sven! Was ist denn los?«
»Ihr Bruder steht unter Schock. Wir wollten ihn so nicht allein lassen. Glauben Sie, Sie werden mit der Situation fertig, oder sollen wir lieber einen Arzt rufen?«
»Ich komme schon klar. Was ist denn passiert, um Himmels willen?«
»Er hat heute Morgen erfahren, dass eine Freundin von ihm ums Leben gekommen ist. Ihr Bruder hat uns gesagt, er habe Beruhigungsmittel eingenommen. Ich weiß allerdings nicht, in welcher Menge. Die Packung liegt auf dem Tisch. Ein Heftchen fehlt, obwohl zwei hineingehören …«
»Wer … wer ist denn gestorben?«
»Die Frau hieß Katja Simon.«
»Die kenne ich gar nicht …«, sagte Julia von Ohlen zweifelnd. Sie begleitete Maiwald und Pia zur Tür. »Waren Sie nur hier, um es ihm mitzuteilen?«, wollte sie wissen.
Pia zögerte. Eigentlich waren sie hergekommen, um etwas von Sven Waskamp zu erfahren. Sie waren nicht mal dazu gekommen, ihn danach zu fragen.
»Kennen Sie einen Mann namens Wilbur Asmussen?«
»Meinen Sie den komischen Typen, der früher mal für meinen Onkel gearbeitet hat?«
»Das hat er.«
»Den hab ich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.«
»Er ist verschwunden. Es läuft eine Fahndung nach ihm, aber bisher ohne Erfolg. Können Sie sich vorstellen, wo er sich verstecken würde, wenn er sich vor der Polizei verborgen halten will?«
»Auf dem ehemaligen Heimgelände gibt es viele Verstecke … Asmussen kannte sie alle«, sagte Julia von Ohlen wie ihr Onkel zwei Stunden zuvor.
»So wie der Fall liegt, würde er das Heimgelände vielleicht eher meiden«, erwiderte Pia. »Haben Sie noch eine andere Idee?«
»Er könnte überall sein. Überall dort, wo er mit dem Fahrrad hinkommt.«
»Ich stelle mir vor, dass er Menschen meiden will. Er hat in der letzten Zeit in einem ausrangierten Bus an einer Kieskuhle gewohnt.«
»Oh – na, vielleicht ist er irgendwo am Kargauer See. Es gibt da Gegenden, da ist es um diese Jahreszeit wirklich menschenleer. Zum Beispiel in der Angelhütte meines Onkels«, sagte Julia von Ohlen.
»Eine leer stehende Hütte? Kennt Wilbur Asmussen die?«
»Früher, wenn in der Firma nicht so viel zu tun war, hat mein Onkel ihn manchmal dort arbeiten lassen. So eine Holzhütte braucht ab und zu einen neuen Anstrich … Ich bin mir ziemlich sicher, dass Wilbur mal dort war.«
»Klingt vielversprechend. Wo genau liegt die Hütte?«
Julia von Ohlen gab ihnen eine Wegbeschreibung, mit deren Hilfe sie die Hütte binnen einer halben Stunde erreichen sollten. Pia und Maiwald machten sich sofort auf den Weg. Sie fuhren auf immer schmaler werdenden Straßen, während sich am Horizont in Richtung Ostsee ein weiteres düsteres Wolkengebirge vor ihnen auftürmte.
»Wir schauen nur kurz nach, ob an der Idee von Waskamps Schwester überhaupt etwas dran ist«, sagte
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