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Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Titel: Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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sollten es von dir erfahren, bevor dein Chef sich womöglich verquatscht.«
    Oder, dachte Pia, bevor es ihr womöglich jemand anmerkte und einfach eine Mutmaßung losließ, nach dem Motto: Die Korittki ist ganz schön rundlich geworden in letzter Zeit. Wenn die mal nicht schwanger ist …
    »Ist da etwas, das dir Sorgen macht?«, fragte Hinnerk. Pia legt den Hammer weg und griff nach dem bereitliegenden Elektrotacker.
    »Ich brauche einfach noch etwas Zeit«, sagte sie. Routiniert schoss sie das straff gespannte Gewebe entlang der Nagelreihe an der Rückseite des Rahmens fest. Der Lärm enthob sie der Notwendigkeit weiterzureden, und der Rückstoß des Tackers gab ihr eine gewisse grimmige Befriedigung. Sicher, festzustellen, dass die Pille, diese verdammte Minipille, die man pünktlich einnehmen musste, versagt hatte und sie schwanger war, war eine Überraschung, nein ein Schock für sie gewesen. Doch sie hatte sich mit der veränderten Situation auseinandergesetzt und sich für das Kind, ihr Kind, entschieden. Sie hatte immer ein Kind haben wollen, sogar Kinder – irgendwann –, und nun hatte das Schicksal diesen Zeitpunkt dafür bestimmt. Vielleicht war es richtig, nicht zu lange zu warten. Sie selbst hatte es immer gut gefunden, eine junge Mutter zu haben. Jetzt war sie hoffentlich noch flexibel und belastbar genug, einen Weg zu finden, Mutterschaft und Berufstätigkeit miteinander zu vereinbaren. Und sie fühlte sich ihrem Freund Hinnerk sehr verbunden. Es war mehr als Freundschaft und sexuelle Anziehungskraft … obwohl Pia noch nicht bereit war, es näher zu benennen. Hinnerk war nach anfänglichem Erschrecken begeistert von der Aussicht darauf gewesen, Vater zu werden. Sicher – aber Vater zu werden war bestimmt einfacher, als Mutter zu werden, sogar wenn sie in Betracht zog, dass er die Elternzeit mit ihr zu teilen gedachte …
    Aber da war noch das andere, fast undenkbare und deshalb auch unaussprechliche Problem: die unwahrscheinliche, jedoch nicht auszuschließende Möglichkeit, dass Hinnerk gar nicht Vater wurde.

11. Kapitel
    M arianne Fierck lag im Bett und hörte dem Wind zu. Er pfiff durch die Ritzen ihres Hauses und drückte gegen die Dachziegel. Das Gebälk ächzte und knackte. Sie hasste Sturm. Im Wetterbericht im Radio hatten sie vor Sturmböen gewarnt, und an der Nordsee und auf den Inseln bestand die Gefahr einer Sturmflut. Die Wetterlagen wurden zunehmend extremer, das konnte man überall lesen. Eines Tages, so fürchtete sie, würde ihr das alte Haus einfach um die Ohren fliegen. Wenn ihr nicht vorher ein toter Ast der alten Kastanie, die im Nachbargarten stand, auf den Kopf gefallen war. Das zumindest waren die Gedanken, die ihr nachts um kurz nach zwei Uhr in den Sinn kamen.
    Drüben im Wald würde der Sturm die toten Äste aus den Kronen der alten Eichen reißen. Bei ihrem nächsten Spaziergang würde es wieder aussehen wie nach einem Luftangriff. Sie erinnerte sich an den verheerenden Sturm von 1990, der einen Teil des Waldes umgelegt hatte, Bäume waren abgeknickt wie Strohhalme … Einige Mädchen hatten Angst gehabt. Sie hatten sich in einem der Schlafzimmer auf der Uhlenburg zusammengesetzt und Musik angemacht, um das Geheul nicht hören zu müssen. Da waren die Regeln längst nicht mehr so streng gewesen – es gab Kassettenrekorder im Schlafzimmer. Das war kurz vor der endgültigen Schließung des Heims gewesen. Kurz nachdem Katja Simon, Janet Domhoff und Solveigh Pahl entlassen worden waren … und auch Tamara Kalinoff war nicht mehr dabei gewesen. Wieso musste sie gerade jetzt daran denken? Den Anblick des toten Mädchens im Wasser würde sie nie vergessen. Und dann die traurige Pflicht, es den anderen mitteilen zu müssen. In die fassungslosen Gesichter zu blicken. Sie hatte versucht, die Gruppe zusammenzuhalten – aber mit der Trauer und den offenen Fragen war trotzdem jede für sich allein geblieben. Warum hatte Tamara sich niemandem anvertraut?
    Für Janet, Tamaras beste Freundin, war es am schwersten gewesen. Auch Janets Mutter hatte Selbstmord begangen, als diese ein kleines Kind gewesen war. Seltsam, wie ihr plötzlich die alten Geschichten wieder einfielen! Daran war das Gespräch mit der Kommissarin aus Lübeck schuld. Warum hatte sie sich überhaupt an sie gewandt? Katja Simons Mann war ermordet worden – es erschien ihr irreal, so was passierte nicht hier, in Schleswig-Holstein.
    Der Wind heulte auf, es krachte. Dann hörte sie ein Geräusch, als rollte etwas

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