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Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Titel: Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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diversen Vernehmungsprotokollen, Tatortfotos, Spurenanalysen und dem Obduktionsbericht etwas in dieser Richtung herauszulesen. Besonders dem Protokoll der Vernehmung von Sven Waskamp widmete sie einige Aufmerksamkeit, aber sie konnte keinen Punkt finden, an dem ihr ein Nachhaken sinnvoll erschienen wäre. Sven Waskamp war 1989 wohl durchaus als tatverdächtig eingestuft worden, wäre er nicht just in der Nacht, als Tamara zu Tode gekommen war, mit seiner Tante Eveline Gregorian zu einem Verwandtenbesuch in Husum gewesen, von wo sie erst nachts um ein Uhr zurückgekehrt waren. Eveline und Martin Gregorian bezeugten, dass ihr Neffe das Haus nicht noch einmal verlassen hatte, weil sie nach ihrer Ankunft noch einige Zeit im Wohnzimmer gesessen und sich unterhalten hatten, während Sven Waskamp hoch in sein Zimmer gegangen war. Gut – vielleicht hätte er das Haus trotzdem heimlich verlassen können –, das Alibi war schwach, aber es war nicht wahrscheinlich, dass er etwas mit dem Tod Tamaras zu tun hatte. Denn wo sollte das Mädchen in der Zwischenzeit gewesen sein? Sie hatte um zehn ihren Schlafraum im Heim verlassen, um sich mit jemandem zu treffen. Mit wem? Wo sie zwischen kurz nach zweiundzwanzig Uhr und ihrem Tod gewesen war und mit wem sie sich getroffen hatte, hatten die Ermittler nicht herausfinden können. Sicher war: Spätestens gegen ein Uhr, laut Obduktionsbericht aber eher etwas früher, war Tamara Kalinoff tot gewesen. Im Schwimmbecken ertrunken, mit einem Seil um Hals und Körper gewickelt, das sie am Beckengrund festgehalten hatte. Die Berichte schlossen mit der Vermutung, dass Tamara den Schlüssel zur Schwimmhalle im Verwaltungstrakt bei einer günstigen Gelegenheit an sich genommen hatte, sich einen Zweitschlüssel hatte anfertigen lassen und dann an dem Abend ihres Todes allein in die Schwimmhalle gegangen war, um heimlich ihr Kind abzutreiben. Als das misslang – laut Obduktionsbericht hatte sie mit dem Draht ihre Gebärmutter perforiert, aber den Fötus nicht abtreiben können – hatte sie zunehmend stärkere Schmerzen sowie eine heftige Blutung bekommen. Während bei einer normalen Geburt die Hormone dafür sorgten, dass sich die Gefäße in der Gebärmutter zusammenzogen, war das bei einer Abtreibung nicht der Fall, und es führte bei Tamara Kalinoff zu schweren Blutverlusten. Des Weiteren bekam sie nach dem misslungenen Eingriff wahrscheinlich Schocksymptome wie Schwindel, Frieren, Muskelzittern bis hin zur Ohnmacht … Hatte sie da beschlossen, ihrem Leben ein Ende zu setzen, indem sie sich selbst ertränkte? Möglich zumindest war es.
    Interessant war, dass die Blutgruppen des Fötus und Sven Waskamps insofern übereinstimmten, als er als Vater ihres ungeborenen Kindes in Betracht kam. Mit ihm allerdings, statistisch betrachtet, auch Millionen anderer Männer, dachte Pia zynisch. Eine moderne DNA -Untersuchung, wie sie heute beinahe gang und gäbe war, war noch nicht möglich gewesen. Man hatte allerdings, und das war interessant, Gewebeproben des Fötus asserviert, in der Annahme, dass eine Untersuchung zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht erwünscht wäre. War das in einem Stadium der Ermittlungen geschehen, als man noch nicht von Suizid, sondern eher von Mord ausgegangen war?
    Katja wusste, dass man von ihr erwartete, am offenen Grab auszuharren, bis alle an ihr vorbeigekommen wären und ihr kondoliert hätten. Doch das war mehr, als sie zu ertragen bereit war. Besonders dem Kriminalbeamten, diesem Maiwald, hätte sie am liebsten in seine scheinheilige Visage geschlagen. Sie hatte gehofft, die Trauerfeier wäre eine Gelegenheit, einen Schlusspunkt zu setzen und Abschied von Timo zu nehmen, doch es war wie ein Theaterspiel.
    Nach der Beisetzung trafen sich alle im Restaurant »Strandblick«. Timos Bruder Michael hatte es nicht vorgeschlagen, sondern ihr geradezu aufgezwungen. Viele Trauergäste würden von weit her anreisen, da konnte man sie doch nicht einfach so wieder nach Hause schicken, hatte er ihr erklärt wie einem unterbelichteten Kind. Na ja, bestimmt ein Berufsschaden von ihm. Ihre Schwägerin Chrissie hatte Katja seit der Hochzeit nicht mehr gesehen. Dick war sie geworden. Und noch selbstzufriedener … Sie war nicht mit in die Kapelle gekommen, sondern hatte draußen ihre drei kleinen Kinder beaufsichtigt. Am schlimmsten war, dass auch Katjas Sohn Alexander darauf bestanden hatte, an Timos Trauerfeier teilzunehmen. Er hatte in der Kapelle am heftigsten geweint, zusammen

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