Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut
Unschuld beweisen können«, antwortete Waskamp bitter.
Auf dem Weg zurück nach Lübeck sann Pia über Sven Waskamps Gesichtsausdruck nach, mit dem er sie verabschiedet hatte. Eine mühsam beherrschte Erregung – ob aus Erleichterung oder Panik, war schwer zu beurteilen.
16. Kapitel
A m nächsten Morgen fuhr Pia nach der Dienstbesprechung in die Landeshauptstadt, wo sie einen Termin in der Bezirkskriminalinspektion Kiel vereinbart hatte. Sie benötigten nähere Informationen über den Selbstmord von Tamara Kalinoff. Nach der Begrüßung durch eine Kieler Kollegin erfuhr Pia zu ihrer Enttäuschung, dass niemand mehr im Haus arbeitete, der an den Ermittlungen zu Tamara Kalinoffs Tod beteiligt gewesen war.
Auf ihren Wunsch hin fand sie sich eine halbe Stunde und eine Tasse Kaffee später mit der Akte Kalinoff in einem Raum am Ende des Flures wieder. Die Bezirkskriminalinspektion Kiel war in einem Altbau in der Blumenstraße untergebracht. Das Erziehungsheim, in dem sich der Todesfall ereignet hatte, gehörte zum Kreis Plön, und somit waren Ermittler aus Kiel für den Fall Kalinoff zuständig gewesen. Dass sie jetzt an dieser Sache noch mal dran war, lag nur daran, dass der Mord an Timo Feldheim sie hierhergeführt hatte. Es galt das Tatortprinzip, und der Mord auf dem Priwall war im Bereich der BKI Lübeck geschehen.
Durch die hohen Altbau-Fenster sah Pia über den gegenüberliegenden Häusern ein kleines Stück blauen Himmels. Das November-Hoch hielt noch ein wenig an. Sie schlug die dicke Akte auf und versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen.
Als Erstes nahm sie den Leichen- und Ermittlungsbericht zur Hand. Es war ein verblasster, einzeilig geschriebener Text, noch mit einer Schreibmaschine getippt und etliche Male mit Tipp-Ex korrigiert und überschrieben.
Allgemeines
Heute, am 17. Februar um 9.55 Uhr, wurde mir von der Polizeistation Kargau fernmündlich mitgeteilt, dass in der Schwimmhalle des Landeserziehungsheims in Kargau ein jugendliches Mädchen tot im Wasser liegend aufgefunden wurde. Beamte der Funkstreife erwarteten die Kriminalpolizei vor Ort. Die anwesenden Polizeibeamten aus Kargau berichteten mir, fernmündlich von einer Erzieherin des Heims, Gertrud Winsen, über den Leichenfund informiert worden zu sein. Ein Rettungswagen war ebenfalls verständigt worden und war noch vor Ort, als wir eintrafen. Der Notarzt hatte nur noch den Tod des Mädchens feststellen können. Aufgefunden hat die Leiche eine sechzehnjährige Heimschülerin namens Solveigh Pahl, die mit ihrer Gruppe zum Frühschwimmen erschienen war. Die Schülerin war als Erste am Rand des Schwimmbeckens gewesen und hatte die Tote am Boden des tiefen Beckens entdeckt. Die Erzieherin und andere Schülerinnen waren dann durch die Schreie von Solveigh Pahl auf die Tote aufmerksam geworden.
Solveigh Pahl, heute Solveigh Halby, die Bibliothekarin und Freundin von Katja Simon. Wie in einem Theaterstück mit einem zu kleinen Ensemble, dachte Pia und las weiter.
Fundort
Die Schwimmhalle befindet sich auf dem Gelände des staatlichen Landeserziehungsheims für schwer erziehbare Mädchen in Kargau. Die Halle liegt in Alleinlage im Wald und ist nur über einen Fußweg und einen schmalen Fahrweg, der von der Uhlenburger Allee abgeht, zugänglich. Vor dem Gebäude befanden sich bei Ankunft der Kriminalpolizei eine Gruppe von Heimschülerinnen (21 Personen, aufgeführt in Anlage 1) sowie die Erzieherin Gertrud Winsen, die mit einem in der Halle befindlichen Telefon die örtliche Polizeidienststelle verständigt hatte. Der Direktor des Heims und eine weitere Erzieherin waren bei Ankunft der Kriminalpolizei ebenfalls anwesend. Die Türschlösser der Schwimmhalle waren nach Angaben von Gertrud Winsen bei ihrer Ankunft am Morgen unversehrt. Sie hatte den Mädchen geöffnet und war dann noch mal in die Verwaltung gegangen, um eine Anwesenheitsliste zu holen.
Um zum Schwimmbecken zu gelangen, durchquert man einen Vorraum und geht einen Gang entlang, von wo durch verschiedene Umkleidekabinen ein weiterer Gang erreicht wird (Barfußgang), der durch die Duschen zum Schwimmbecken führt. Das Schwimmbecken ist der eigentliche Fundort der Leiche.
Die Leiche
wurde im tiefen Wasser, nah am Rand der kurzen Seite des Schwimmbeckens, wo sich die Startblöcke befinden, aufgefunden. Laut Beschreibung der Erzieherin und des Rettungsteams war die Leiche des Mädchens mehrfach von einem Seil umwickelt gewesen, welches um Hals und Brust geschlungen und mit
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