Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut
hinuntergestürzt.
Der Mann schien zu bemerken, dass sie zu ihm hinübersah, denn er drehte den Kopf und sah sie aufmerksam an. »Kennen wir uns nicht?«
»Wir sind uns neulich im Haus von Herrn Waskamp begegnet.«
»Richtig, Sie sind die Kommissarin aus Lübeck. Frau Korittke, nicht wahr?«
»Korittki, nicht wie der Schauspieler«, verbesserte Pia, erstaunt, dass er ihren Namen überhaupt im Gedächtnis behalten hatte.
»Frau Korittki – gut. Interessieren Sie sich etwa für die alte Vorhusen aus Niederseedorf?«
»Nicht für die Ältere, sondern für ihre Tochter. Wir haben uns gerade nach ihr erkundigt«, mischte sich Maiwald ein.
Gregorian sah Pia fragend an.
»Mein Kollege, Olaf Maiwald«, stellte sie vor. Der Kaffee duftete aufdringlich gut. Sie musste schlucken. »Kannten Sie Marthe Vorhusen persönlich?«
»Nein. Nicht persönlich. Aber gehört hatte wohl jeder hier von ihr. Ihre Mutter galt als die Probsteier Hexe … Und sie selbst war als dülle Marthe bekannt. Etwas verrückt, wissen Sie.«
»Hat Marthe Vorhusen illegale Abtreibungen vorgenommen?«
»Möglich. Das waren andere Zeiten damals …«
»Ende der Achtziger?«, fragte Pia, die zu der Zeit mit der Schule fertig gewesen war.
Gregorian zuckte mit den Schultern.
»Ist die Frau denn wirklich an einem Blitzschlag gestorben, Martin?«, mischte sich der Wirt ein. Er stellte einen Teller mit Mettbrötchen vor Gregorian ab. Das war zu viel für Pia. Kaffeeduft und der Geruch des frischen Metts. Rohes Fleisch war ihr ebenfalls nicht erlaubt.
»Ich hätte auch gern einen Kaffee, aber nur eine Tasse. Und ein Käsebrötchen?«, sagte sie.
»Aber gern doch.«
Maiwald sah erheitert aus.
»Es war kein Blitz, der das Haus der alten Vorhusen zerstört hat, sondern eine Gasexplosion«, berichtigte Gregorian. »Es war eine undichte Gasleitung. Da muss ziemlich dran herumgepfuscht worden sein. Die Vorhusen wollte wohl das Geld für richtige Handwerker sparen und hat jemanden schwarz bei sich arbeiten lassen. Am falschen Ende gespart, wie man so sagt. Eine traurige Geschichte. Die Frau ist in ihrem Bett gestorben, erstickt und dann verbrannt … Ich war froh, nichts damit zu tun zu haben.«
»Martin hatte zu der Zeit noch seine Installationsfirma. Er hat die halbe Probstei unter Vertrag gehabt, nicht wahr, Martin?«
»Und noch weit darüber hinaus«, bestätigte Gregorian. »Ich habe die Firma vor fünf Jahren verkauft, und seitdem mache ich nur noch, wozu ich Lust habe.«
Segeln, Tennis, vielleicht auch Golf spielen, vermutete Pia, dem gebräunten Teint und muskulösen Körper nach zu urteilen. Die Firma musste einträglich gewesen sein. Kaffee und Brötchen wurden vor ihr abgestellt, und sie trank einen Schluck. Das war gut. Sie hätte Koffein zur Not auch intravenös zu sich genommen. Mit neuem Elan konzentrierte sie sich auf ihr Anliegen. »Wenn Sie eine Installationsfirma hatten, kennen Sie bestimmt eine Menge Leute in Kargau und sind in vielen Häusern gewesen«, sagte sie. »Waren Sie auch für die Uhlenburg zuständig?«
»Nein, die haben das meiste selbst erledigt. Hatten ’ne eigene Schlosserei und so weiter. Ich war mit einem der Handwerksmeister gut befreundet. Erinnerst du dich noch an Kurt, Werner?«
»Na klar«, sagte der Wirt. »Der Kurt, das war so ein Unikum, ganz vom alten Schrot und Korn. Nur mit der Schwimmhalle hat er es nicht so gehabt. Hat immer auf die empfindliche Technik geschimpft.«
»Stimmt. Meine Leute haben manchmal Wartungsarbeiten in der Schwimmhalle erledigt. Die Pumpe war ständig defekt. Das war ein verdammt teures Vergnügen für ein Erziehungsheim – oder, besser gesagt, für uns Steuerzahler.«
»Sie haben Wartungsarbeiten in der Schwimmhalle durchgeführt?«, hakte Pia nach.
»Nicht ich. Meine Leute«, entgegnete Gregorian. »Ich musste immer gut überlegen, wen von meinen Männern ich da hinschicken konnte. Bei all den Mädchen, die dort herumliefen.«
»Hat es in dieser Hinsicht mal Probleme gegeben?«
»Wenn Sie mich so fragen: Es hat einmal einen Zwischenfall gegeben. Ich hatte einen jungen Mann, der einfache Handlangerarbeiten erledigt hat. Er war … na ja, ein wenig einfach gestrickt, könnte man sagen. Wilbur … Wilbur Asmussen hieß er. Früher hätte so einer als Knecht auf einem der Höfe sein Auskommen gehabt. Aber die Zeiten waren andere geworden, und auch solche Männer wollten beschäftigt sein und etwas Geld verdienen. Ich hab Wilbur für mich arbeiten lassen. Sein Vater war
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