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Ostseefluch

Titel: Ostseefluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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nichts darauf. Sie dachte an Zoe. Führte Ingwers sie zu ihr? Oder nur zu ihrer Leiche?
    Sie fuhren über die Brücke, die die L 207 überquerte, und näherten sich Landkirchen. Pia übernahm das Telefon. »Achtung, er ist gleich da«, informierte sie Wohlert. »Wir müssen zusehen, dass wir vor ihm eintreffen. In Lemkendorf sollen wir auf Ingwers warten, um die anderen abzulösen.«
    Ihr Kollege gab bereitwillig noch mehr Gas und fuhr die schmale, gewundene Straße entlang, so schnell es eben ging. Die Alleebäume huschten an ihnen vorbei. In Lemkendorf bogen sie vor dem Dorfteich in eine Seitenstraße und warteten mit ausgeschalteten Scheinwerfern im Schatten einiger dicht gewachsener Büsche.
    »Wo will er denn nur hin?« Pia sah wieder auf den Bildschirm des Navigationsgerätes. Sie scrollte hin und her. »Wenn er weiter in Richtung Westen fährt, landet er in Petersdorf und danach in der Ostsee. Davor befinden sich allerdings noch ein paar Teiche und das Wasservogelreservat Wallnau.«
    Das Vogelreservat. Ein unbewohntes Gebiet ... Vielleicht gab es dort ein Versteck, wo Zoe von ihm festgehalten wurde. Nur, wozu?
    »Da kommt ein Auto«, unterbrach Wohlert ihre Überlegungen.
    Pia sah die Straße hinunter. »Das ist er nicht«, sagte sie. »Das ist ein Wagen mit Xenon-Scheinwerfern. Kein alter Pick-up.«
    Conrad Wohlert trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad herum. »Wenn wir ihn verloren haben, beiße ich mir ins Bein.«
    »Brauchst du nicht. Dahinten kommt er, glaube ich.«
    Ingwers fuhr in hohem Tempo durch Lemkendorf und rauschte, ohne sie eines Blickes zu würdigen, an ihnen vorbei. Wohlert ließ einen Moment verstreichen und bog dann hinter ihm auf die Hauptstraße. Das andere Fahrzeug, das dem Pick-up in gebührendem Abstand gefolgt war, fuhr rechts ran.
    Die Gewitterwolken hingen tief über der flachen Landschaft. Am Horizont zuckten vereinzelt Blitze, und der heftige Regen erschwerte ihnen die Sicht. Als sie die Ortschaft hinter sich gelassen hatten, verschwanden die Rücklichter des Pick-ups immer mal wieder hinter einer Kurve. Pia versicherte sich, dass Ingwers ihnen hier nicht entkommen konnte – nicht mit dem Auto, das er fuhr –, auch wenn sie gerade das einzige Fahrzeug hinter ihm waren.
    Als sie nach Petersdorf einfuhren, sahen sie gerade noch, wie der Pick-up mitten im Ort, ohne zu blinken, scharf nach rechts abbog. Sie folgten ihm über ein paar Nebenstraßen und fuhren dann über freies Feld.
    »Das ist nicht gut«, meinte Wohlert und wurde langsamer. »Wir können kaum weiterfahren. Hier würde ja sogar ein Blinder sehen, dass er verfolgt wird.«
    Pia telefonierte wieder. »Falls er durch Dänschendorf kommt, wird er erwartet«, erwiderte sie. Aber das war nicht gesagt. Ingwers konnte auch woanders hinwollen. Oder er versuchte, sie einfach nur abzuhängen. Doch Conrad Wohlert hatte recht. Sie mussten sich etwas zurückfallen lassen. Pia hatte Mühe, ihre Frustration im Zaum zu halten. Vielleicht war Ingwers kurz vor seinem Ziel? »Warum haben wir keinen Hubschrauber?«, murmelte sie.
    »Wie unauffällig!«
    »Ja, ja, schon gut. Fahr etwas schneller!«, drängte sie. »Er kann uns nicht mehr sehen. Der Abstand ist groß genug. Vielleicht entdecken wir ihn noch irgendwo.«
    Wohlert zögerte kurz, dann schaltete er hoch und fuhr weiter in die Richtung, in die der Pick-up entschwunden war. Außerhalb von Petersdorf schien die Welt völlig verlassen zu sein. Kein Fahrzeug, kein Mensch – hier gab es nur Felder, vereinzelte Häuser und Baumgruppen unter einem dicken, schwarzen Wolkengebirge.
    »Mist! Wir haben ihn verloren«, stellte Wohlert nach einiger Zeit fest. »Wo sind die anderen?«
    »In Petersdorf, Lemkendorf und Dänschendorf«, stieß Pia zähneknirschend hervor. »-dorf, -dorf, -dorf. Er ist aber nicht in einem Dorf! Ingwers ist hier draußen – irgendwo.«
    Conrad Wohlert stieß langsam die Luft aus.
    »Wir könnten seine Frau fragen, ob hier irgendwas ist, das für ihn interessant sein könnte«, überlegte Pia.
    »Nein. Sie könnte ihn vorwarnen.«
    »Ist denn keiner der Kollegen bei ihr?«
    »Unsere Kapazitäten sind endlich, Pia.«
    »Ich vergaß.« Der Regen prasselte so heftig auf die Windschutzscheibe, dass die Scheibenwischer kaum noch dagegen ankamen. Pia beugte sich vor, um besser sehen zu können. »Fahr da entlang!« Sie näherten sich einer größeren Baumgruppe. Als Wohlert darauf zuhielt, blitzte etwas im Scheinwerferlicht auf. Glasscheiben? »Was ist denn das da?

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