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Ostseefluch

Titel: Ostseefluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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hätte er es dem Probst geklaut, das trägt er verkehrt herum. Und die ältere Frau schleppt eine lebendige Katze in einer Tasche mit sich mit.«
    »Ich weiß. Für ihr Haustier zahlt sie zehn Euro extra.«
    »Hast du eine Ahnung, was die drei Zombies hier auf Fehmarn wollen?«
    Gerlinde zwinkerte ihrem Kellner zu. »Klar. Die interessieren sich für das Haus Mordkuhlen in Weschendorf.«
    »Die sind wegen des Mordes hier?«
    »Auch. Aber sie haben gesagt, dass sie sich mehr für den Fluch von Mordkuhlen interessieren.« Sie sah, wie Kuno besorgt das Gesicht verzog. »Du Bangbüx. Glaubst du an den Quatsch?«
    »Keine Ahnung. Aber es gefällt mir nicht.« Als sie sich umdrehte, warf er den unerwünschten Gästen noch einen langen Blick zu. »Dat geit in de Wicken«, murmelte er.

5. Kapitel
    W ie lang ist es her, dass ich das letzte Mal hier war?, dachte Pia, als sie dem Gang in Richtung Obduktionssaal folgte. Sie stieß die Tür auf, atmete kräftig durch die Nase ein, biss die Zähne aufeinander und schluckte. An den Geruch würde sie sich nie gewöhnen, und wenn sie hundert Jahre hier verbringen müsste. Auf diese Weise wurde ihr wenigstens nicht so schlecht, dass sie sich übergeben musste ... der Himmel möge es verhüten! Manfred Rist war der zweite Kriminalbeamte, der an der Obduktion von Milena Ingwers teilnehmen sollte.
    Kurz nach ihr betrat er den Sektionssaal, genau wie sie in Overall, Überschuhen und mit einem Mundschutz. Er nickte ihr zur Begrüßung kurz zu, ohne ihr dabei in die Augen zu sehen oder ein Zeichen des Erkennens von sich zu geben. Pia kam nicht dazu, irgendetwas zu sagen, denn in diesem Moment trat der Rechtsmediziner zu ihnen, und Rist wandte ihr den Rücken zu.
    Dr. Enno Kinneberg sollte die Obduktion leiten. Pia kannte den Mediziner von früheren Fällen her. Sie wusste, dass er ein eigenes Messer zum Obduzieren besaß, das er immer mit sich herumschleppte und das niemand in der Rechtsmedizin auch nur anfassen durfte.
    »Einen wunderschönen ... und überhaupt«, begrüßte Kinneberg die Anwesenden. »Herr Basselt assistiert mir bei dieser Obduktion.« Er deutete auf den stoisch dreinblickenden Mann, der am Kopfende des Obduktionstisches stand. »Und wen haben wir hier?« Er zog sich die Handschuhe über, schob den Mundschutz hoch und griff nach seinem Klemmbrett. »Milena Ingwers, siebzehn ... Moment, nein, sie ist vor Kurzem achtzehn Jahre alt geworden. Alle bereit?«
    Bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen Pia sich einen Krimi im Fernsehen anschaute, hatte sie des Öfteren gesehen, dass die Film-Toten in der Rechtsmedizin diskret mit grünen Tüchern bedeckt durch die Gegend geschoben wurden. Nur ihre nackten Füße sahen da unter dem Tuch hervor. Wahrscheinlich um des Effekts willen, dachte sie jetzt – so hatte der Pathologe im Krimi die Möglichkeit, das Tuch mit einem dramatischen Ruck zurückzuschlagen. In der Realität hatte Pia noch nichts dergleichen erlebt. Milena Ingwers’ Leichnam würde, nachdem sie hier fertig waren, nackt auf einer Metallbahre in einem Kühlfach verwahrt werden.
    Noch trug sie die Kleidung, in der man sie aufgefunden hatte. Ihre Hände und Füße waren noch am Fundort mit Plastiktüten überzogen worden. Da die Tote auf dem Rücken lag, konnte Pia jetzt ihr Gesicht sehen. Die typische Leichenblässe unter einer Schicht von Staub. Milena Ingwers’ trübe wirkende Augen schienen direkt in das grelle Licht der OP-Lampe zu starren. Sie müsste doch blinzeln, schoss es Pia reflexartig durch den Kopf. Distanz!, ermahnte sie sich und trat innerlich wieder einen Schritt zurück. Hier ging es nur noch darum, Spuren sicherzustellen und Beweise zu sammeln, um einen Täter zu überführen. Das Opfer würde nicht mehr reden, dennoch konnte es ihnen etwas mitteilen – wenn sie ihren Job gut machten.
    Milena Ingwers’ aufgesprungene Lippen waren geöffnet und offenbarten einen Teil ihrer regelmäßigen, schneeweißen Zähne. Natur oder das Werk eines Kieferorthopäden?, überlegte Pia. Auf der Zunge glitzerte eine kleine Kugel aus Metall. Milena war gestorben, bevor das Piercing den Zahnschmelz hatte ruinieren können.
    Anders als landläufig angenommen, wuchsen die Haare und Fingernägel von Toten nicht weiter, Pia wusste das. Aber aufgrund der Austrocknung der Haut sah es in Milena Ingwers’ Fall so aus, als wäre die künstliche blauschwarze Haarfarbe noch weiter rausgewachsen als am Vortag. Milena hatte von Natur aus offensichtlich rotblondes Haar gehabt,

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