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Ostseefluch

Titel: Ostseefluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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Statur und mittelgroß. Das braune Haar trug sie im Nacken zu einem Zopf zusammengebunden, und ihre Haut war sonnengebräunt. Der Typ Mensch, den man auf Golfplätzen, in exotischen Urlaubsresorts und vielleicht auf Sylt antrifft, um wirklich jedes Klischee zu streifen, dachte Pia. Sie bemühte sich, der Frau unvoreingenommen zu begegnen.
    Maren Rosinski begrüßte sie mit einer gewissen Zurückhaltung, die ihr in der Situation wohl angemessen zu sein schien. Sie bot Pia und Broders an, gleich draußen im Garten Platz zu nehmen. »Hier stört uns keiner«, sagte sie mit einem kurzen Auflachen. »Höchstens die Vögel.« Sie deutete hinter sich. Dort standen vier Pfauen auf der Wiese. »Kleine Liebhaberei«, erklärte Maren Rosinski. »Sie brauchen Platz, viel Platz. Und man darf keine Nachbarn haben, die sich an dem Lärm stören könnten.«
    »Lärm machen sie auch noch?«, fragte Broders, der Katzenfreund.
    »Die können schon laut werden, wenn sie wollen. Aber sie passen auf. Besser als jede Alarmanlage.«
    Maren Rosinski bot ihnen Getränke an, Weißweinschorle oder eisgekühltes Mineralwasser in einer Glaskaraffe. Das Ambiente war fast ein wenig zu perfekt, um noch stimmig zu sein. Sie selbst schenkte sich Weißweinschorle ein und lehnte sich dann in ihrem Gartenstuhl zurück. Auf Pias Nachfrage hin berichtete sie, dass sie auf der Insel geboren sei und die meiste Zeit des Jahres auf Fehmarn lebe. Sie betrieb hier Landwirtschaft, hauptsächlich Ackerbau, auf immerhin dreihundertneunzig Hektar Eigenland, wofür sie einen Verwalter eingestellt hatte. Außerdem vermietete sie Immobilien und betätigte sich als Maklerin. Sie war alleinstehend, kinderlos und absolut zufrieden mit ihrem Leben. Dieser nachdrückliche Zusatz weckte in Pia eine gewisse Skepsis.
    »Wir sind hier, weil uns Rudolf Ingwers an Sie verwiesen hat«, sagte sie.
    »Milena – ich weiß. Eine furchtbare Geschichte.« Maren Rosinski strich sich über die Oberarme, als fröstelte sie. »Die arme junge Frau! Wir sind alle entsetzt. Die ganze Nachbarschaft ist in Aufruhr. Und dass das ausgerechnet auf Mordkuhlen passieren musste. Ich hätte es doch abreißen lassen sollen.«
    »Ihnen gehört das Haus, wo Milena Ingwers ermordet wurde, nicht wahr?«
    »Ja, es gehört mir. Genauer gesagt befindet es sich seit ewigen Zeiten im Besitz der Familie Rosinski. Ich, als Nachkomme einer alteingesessenen Bauernfamilie, bin leider etwas aus der Art geschlagen. Ich hätte auf einem der berühmt-berüchtigten Fehmaraner Hektarbälle einen passenden Ehemann finden sollen. Wissen Sie, das waren so Tanzveranstaltungen, auf denen für die heiratswilligen Damen die Hektarzahlen der Herren auf Namenskärtchen auf den Tischen standen. Alternativ gab es die Reiterbälle. Aber ich als Nicht-Reiterin und Nicht-Seglerin bin, wie gesagt, irgendwie aus der Art geschlagen, und so wurde es nichts mit der Verehelichung. Und mein jüngerer Bruder hockt auf seinem Boot in der Karibik und denkt nicht mal daran, sich um den Familienbesitz zu kümmern. Der schöpft nur den Rahm ab.«
    »›Mordkuhlen‹ ist ein seltsamer Name für ein Haus«, sagte Broders. »Warum wird es so genannt?«
    »Es hat eine traurige Geschichte, dieses Haus. Vor ewigen Zeiten ist da mal ein Verbrechen passiert. Ein Mann hat seine Frau und seine beiden Kinder dort umgebracht. Und anschließend sich selbst. So etwas vergessen die Leute nicht. Vorher hieß das Haus anders, ›Moorkuhlen‹ oder so, weil es in einer Senke liegt. Da waren die Probleme mit der Feuchtigkeit natürlich vorprogrammiert.«
    »Gehörte das Haus damals auch schon Ihrer Familie?«
    »Leider ja.«
    »Eventuell müssen wir später noch mal auf die Geschichte zurückkommen. Vielleicht haben Sie ja noch Unterlagen aus diese Zeit?«
    »Sie glauben doch nicht, dass das irgendwas mit Milenas Tod zu tun hat?«
    »Was wir glauben, ist unwichtig«, sagte Pia. »Es ist wie mit der Annapurna. Man besteigt einen Achttausender, weil er da ist.«
    »Was ist mit den Leuten, die heute auf Mordkuhlen wohnen. Wie gut kennen Sie die?«, fragte Broders.
    »Den Mietvertrag habe ich mit Irma Seibel geschlossen. Vorher stand das Haus lange leer. Ich war schwer genervt und wollte es eigentlich abreißen lassen. Aber dann hätte man dort nichts Neues bauen dürfen – wegen der abgelegenen Lage außerhalb des Ortes. Das ist eigentlich kein Bauland, wissen Sie. Es hätte den Wert des Grundstücks erheblich gemindert. Da sprach mich die Seibel an, dass sie es mieten

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