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Ostseefluch

Titel: Ostseefluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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der Mord nicht spurlos vorüber. Was passiert war, beunruhigte sie, beunruhigte sie anscheinend über die Maßen.
    Was Pia nicht ahnte, war, dass Maren Rosinski, kaum dass die Polizei vom Hof gerollt war, ins Haus ging und zum Telefon griff. »Christian«, sagte sie aufgeregt, als am anderen Ende der Leitung abgehoben wurde. »Es gibt Schwierigkeiten. Nein, nicht am Telefon. Wir reden morgen.«
    »Diese Idee ist vollkommen bescheuert.« Arne Klaasen stand vor der Wohnzimmertür und versperrte Irma den Weg ins Zimmer.
    »Meinst du die Séance? Das ist doch nur ein Spaß, Arne. Eine neue Erfahrung, nichts weiter.«
    »Eine Erfahrung, die kein Mensch braucht. Lass uns die Spinner rausschmeißen, bevor ...«
    »Bevor was?«
    »... ich das Kotzen kriege. Was treiben die da drinnen? Verbrennen die Spanplatten oder was?«
    »Das sind nur ein paar harmlose Räucherstäbchen. Du musst ja nicht mitmachen, wenn du nicht willst. Aber ich will!«
    »Es gibt Dinge, in die soll man sich nicht einmischen.«
    »Dinge?«
    »Den Tod. Geister ...« Er hob hilflos die Arme.
    »Das hört sich ja fast so an, als glaubtest du im Grunde deines Herzens doch daran. Hast du Angst vor Gespenstern, Arne?«, stichelte sie.
    Er kniff wütend die Augen zusammen. Irma merkte, dass sie ihn in die Enge trieb. Das war nicht gut. Nicht in der stressigen Situation, in der sie sich alle befanden. Patrick verließ sein Zimmer nur noch, um sich Bier aus dem Kühlschrank zu holen. Nachts hörte sie ihn in seinem Zimmer ruhelos herumtigern. Arne ging beim geringsten Anlass in die Luft und sie selbst ... Sie versuchte, sich mit Arbeit abzulenken. Heute Abend hatte sie gehofft, dass diese Geisterbeschwörer ihr die Zeit vertreiben würden. Sie hatte immer schon mal an einer Séance teilnehmen wollen.
    »Ich will nicht, dass diese Typen Milenas Namen in den Mund nehmen. Ich will nicht, dass sie auch nur an das tote Mädchen denken.«
    »Es geht dabei gar nicht um Milena«, sagte Irma bestimmt. »Lass mich durch!« Seit wann machte sich Arne überhaupt so viele Gedanken um das Mädchen? Hatte sie da was verpasst?
    Arne ließ sich von ihr zur Seite schieben, aber seine Miene verhieß nichts Gutes. »Das wirst du noch bereuen, Irma«, sagte er. »In solche Sachen mischt man sich nicht ein!«
    Die Luft im Wohnraum roch nach verbrannten Kräutern und Schwefel. Schwefel? Irma runzelte die Stirn. Die drei Besucher hatten alle Fenster verhängt und einen runden Beistelltisch in die Mitte des Raumes gerückt. Drumherum standen vier unterschiedliche Stühle. Die Tischplatte war leer bis auf eine weiße Kerze, deren Flamme unruhige Lichtkreise an die Decke warf.
    Aleisters Begleiterinnen trugen formlose Kleider, nicht ganz unähnlich denen, die auch Irma hin und wieder anzog, aber die beiden Frauen wirkten darin seltsam verkleidet. Aleister hingegen sah authentisch aus. Er trug dieselben dunklen Sachen aus grobem Stoff wie schon tagsüber. Einziges Zugeständnis an seine Rolle als Medium war, dass er sich die Stiefel ausgezogen hatte und auf Wollsocken herumlief. Wozu sollte das gut sein?
    Heute Nacht wollte er mit den Geistern der Familie Bolt in Kontakt treten. Irma wusste nur, dass die Bolts vor Jahrzehnten in diesem Haus gewohnt hatten und hier ums Leben gekommen waren. Das Ereignis, die Ermordung von Frau und Kindern sowie die anschließende Selbsttötung des Familienvaters, hatte dem Haus seinen seltsamen Namen eingebracht: Mordkuhlen. Kein schöner Name, aber passend, wie sie zugeben musste, so düster und vernachlässigt wie das alte Gebäude in der flachen Senke stand. Aber das Haus war günstig zu mieten gewesen, einsam gelegen und mit einem großen Garten. Das hatte für Irma den Ausschlag gegeben. Es war ihr ratsam erschienen, an die Mordgeschichte nicht allzu viele Gedanken zu verschwenden. Verbrechen geschahen schließlich überall, ob sie entdeckt wurden oder unentdeckt blieben. Irma wusste zwar, dass man das Gebäude auf der Insel für verflucht hielt, aber bitte: Sie lebten im einundzwanzigsten Jahrhundert! Irma glaubte weder an Gespenster noch an einen Fluch. Und die Séance war nur ein Spaß ... Sie wollte mit eigenen Augen sehen, wie dieser Aleister es anstellte, die beiden Frauen, die er mitgeschleppt hatte, an der Nase herumzuführen. Wie weit ging ihr Vertrauen in ihn? Ob er mit ihnen auch ins Bett ging? Gleichzeitig? Irma vermutete, dass heute Nacht noch irgendetwas passieren würde. Eine kleine Showeinlage. Nur schade, dass Arne und Patrick das

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