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Ostseeliebe

Ostseeliebe

Titel: Ostseeliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Jaskulla
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ist. Und Lächerlichkeit und Liebe sind eins. Jan hat seinen Rücken gestrafft, sich Renate zugewandt, lauscht. Auch die anderen schauen Renate an, die Lacher werden weniger.
    »I would only be in your way/So I will go...«
    Zwei Zeilen, und schon ist alles gesagt. Die Stimme verdunkelt sich vor der perfekten Weisheit amerikanischer Songs, zwei Zeilen - ein Leben, denkt Julia. Die Einsicht, für die du Jahre brauchst, und selbst die sind wahrscheinlich vergebens. Das bringen nur diese Produzenten aus den Staaten und Stimmen wie die von Whitney Houston: »Wenn ich bliebe, ich wär dir nur im Weg. Also gehe ich.« Himmel, wer schafft das... - Renate schafft das. Sie singt es nicht zu Jan hin, sie singt es für sich.
    »But I know/I’ll think of you/every step of the way...«
    Und da wird das Lied auf einmal menschlicher und nahbar, und Whitney Houston bekennt, daß sie Erinnerungen hat, daß ihr Leben nicht nach jedem Fehltritt augenblicklich tiefengereinigt, gelasert und lackiert weitergehen wird wie zuvor - nein, sie wird an irgendeinen, an »ihn« denken, und nun zittert Renates Stimme doch ein wenig, denn es geht an den Refrain, jetzt schon, gleich, und der hat nur eine Zeile, und nun setzt die Gitarre ein, eine elektrische Gitarre vorläufig nur, und die Bässe, die produziert das eigene Herz da im Scheinwerferlicht -
    »And I - will love you...«
    Sie schafft es, sie schafft diese schwierigste aller Textzeilen, und sie schafft es tatsächlich, das »you-ho-ho« so lange zu halten, bis die Gitarren einsetzen und die Streicher, und dann klingelt ein Glöckchen, und sie singt weiter von einem Darling und süßen Erinnerungen, und dann steht da plötzlich wieder Hanno an der Theke, oder bildet sie sich das nur ein in ihrem Kummer und Suff?

    »I hope/live treats you kind/And I hope/You have all you dreamed off/And I wish to you/Joy and happiness...«
    Und dann katapultiert sich die Stimme nach oben, zu einem großen Finale, einem Gitarren- und Streichershowdown, der sich gewaschen hat, und Renate verpaßt fast ihren Einsatz vor Schreck, aber nur fast, und bringt ihren Song tatsächlich zu einem glücklichen Ende, und Beifall legt sich über die letzte Zeile:
    »And I’ll always love you...«
    Und das dauert und wird wiederholt und schwillt auf und ab und verhaucht schließlich, und auch im Film brauchten sie Zeit an dieser Stelle für ihre Licht- und Kußgewitter, daran erinnert sich Julia und dann, ach, dann ist Hanno fort oder wen immer sie für ihn gehalten hat. Vielleicht war es ja auch nur ein Seemann mit einer verletzten Hand.

    Liebe Julia, liebe, liebe Julia,
    okay, okay - im Moment läuft’s bei Dir ziemlich durcheinander -, aber das ist noch lange kein Grund, so sehr die Flügel hängen zu lassen. Wettersteinbar! Schwül und dunkel, ja? Und Dich von solchen Weichspülern wie Brian Adams einfangen lassen, ja? Jan! Mein Gott, Jan! So schlecht kann es einem doch gar nicht gehen! Ich kann mir lebhaft vorstellen, was jetzt in »Erikas Laden« über Dich getratscht wird. Oder wolltest Du das vielleicht? Ist das vielleicht ein letzter Versuch, Deinen geliebten Tierarzt zurückzugewinnen? Na, da solltest Du Dir vielleicht besser eine Schafherde oder wenigstens ein Schwein zulegen, denn die Sache mit der Provokation durch Fremdflirt, die führt meines Wissens nur in Ausnahmefällen zum Erfolg, und dazu heißt es gerissen sein, gerissener, als Du es bist, mein Schatz!
    Sonst allerdings klang Dein Brief derart vergnüglich und unterhaltsam, daß ich richtig ins Grübeln gekommen bin. Die Idee dieser höchst sonderbaren Marianne, ihren Laden
in so eine Art Kulturtempel zu verwandeln, finde ich kurios! Nein, direkt hatte ich nicht mit ihr darüber geredet. Ich habe sie nur ermuntert, etwas aus dem Schuppen zu machen - etwas mit Kultur und etwas Ur-Insel-Eigenes. Und, Hand aufs Herz: Da würde sich Euer Ladestein doch bestens eignen. Oder ist der Dir zu gut für Entertainment? Wäre ja auch kein schieres Entertainment, wäre was ganz Neues in der Kultur: »Kulturtainment«. Oder dann »Culturetainment«. Oder so ähnlich. Die Idee ist in meinem Kopf noch nicht richtig zu Ende gedacht, aber ich weiß: Da ginge was, ich schwör’s Dir! Du weißt, ich habe ein Händchen für so was, also laß mich noch ein bißchen daran herumtüfteln, ja? Ob mit oder ohne Marianne, ist eigentlich egal. Hauptsache, es wird was, und wir haben auch noch ein bißchen Spaß dabei.
    Jedenfalls: Was würde ich darum gegeben, an diesem Abend

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