Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten
Geschäftspartner finden.«
Die Beinhas betrachteten ihn ein Weilchen mit steinernen Mienen. »Der Auftrag, den du ausgeführt haben möchtest, ist nur formal ziviler Natur. Aufgrund der Wichtigkeit des … Objektes, das du beseitigen möchtest, müßte mit heftigen Reaktionen von Regierungsseite gerechnet werden. Ja, der Wegfall des Objekts hätte durchaus weltweite Konsequenzen. Das bedeutet, daß jeder Auftragnehmer in weitaus höherem Maße als sonst für seinen Selbstschutz sorgen müßte.«
Er fragte sich, wie sehr ihr akzentfreies Englisch wohl das Werk von Stimmfiltern war. Es war nicht schwer, sich ein Paar zweiundzwanzigjähriger Frauen vorzustellen – falls seine Informationen über sie zuverlässig waren –, die neben allem anderen, was sie über Bord geworfen hatten, um das zu werden, was sie waren, auch ganz bewußt ihren Akzent ausmerzten.
Er beschloß, sie ein wenig zu triezen. »Ihr wollt also sagen, daß dies eigentlich kein ziviler Auftrag sei, sondern ein politisches Attentat.«
Eine ganze Zeitlang herrschte Schweigen. Provokant drehte Dread zur Überbrückung der Pause die Hintergrundmusik auf. Als die erste Schwester das Wort ergriff, war ihre Stimme so nüchtern und tonlos wie vorher. »Das ist richtig. Und das weißt du auch.«
»Ihr seid also der Meinung, die Sache wäre mehr wert als SKr 350.000.«
»Wir werden nicht deine Zeit vergeuden. Wir wollen nicht mehr Geld. Wenn du uns die Arbeit mit etwas anderem versüßt, werden wir sogar nur SKr 100.000 verlangen, die wir zum größten Teil für Schutzmaßnahmen unmittelbar danach und für eine gewisse Abkühlungsperiode benötigen werden.«
Die Augenbraue ging abermals hoch. »Und was wäre dieses ›andere‹?«
Die zweite der beiden formlosen Gestalten legte spachtelförmige Hände auf den Tisch. »Wir haben gehört, daß dein Vorgesetzter Zugang zu bestimmten biologischen Produkten besitzt, von denen sich eine reiche Quelle in unserer eigenen Hemisphäre befindet.«
Dread setzte sich vor. Er spürte, wie sich ein Druck auf seine Schläfen legte. »Mein Vorgesetzter? Ich bin die einzige Person, mit der ihr in dieser Angelegenheit verhandelt. Ihr begebt euch auf sehr gefährliches Terrain.«
»Wie dem auch sei, es ist bekannt, daß du viel für eine bestimmte Gruppe arbeitest. Ob sie nun hinter diesem Kontrakt steht oder nicht, sie hat etwas, das wir haben möchten.«
»Wir möchten einen Seitenzweig eröffnen«, sagte die andere Schwester. »Etwas, das im Alter nicht so kräftezehrend ist wie unsere gegenwärtige Beschäftigung. Wir denken, daß der Großhandel mit diesen biologischen Produkten ideal wäre, und wir suchen nach einer Möglichkeit, ins Geschäft zu kommen. Dein Vorgesetzter kann uns die verschaffen. Wir sind an einem Franchise interessiert, nicht an Konkurrenz.«
Dread überlegte. Trotz des ungeheuren Einflusses, den sie ausübten, waren der Alte Mann und seine Freunde sicherlich Gegenstand vieler Gerüchte. Die Beinhas bewegten sich in Kreisen, die bestimmt einen Großteil der Wahrheit selbst hinter den abscheulichsten und unbeweisbarsten Spekulationen kannten, deshalb bedeutete ihre Anfrage nicht unbedingt, daß es irgendwo eine undichte Stelle gab. Trotzdem war ihm nicht besonders wohl bei dem Gedanken, mit einem derart impertinenten Ansinnen vor den Alten Mann zu treten, und außerdem bedeutete es eine gewisse Einbuße der Kontrolle über seine Subunternehmer – und so etwas paßte ganz und gar nicht in seine Zukunftspläne.
»Nun, vielleicht sollte ich Klekker und Co. diesen Auftrag zukommen lassen.« Er sagte es so lässig wie möglich – er war wütend, daß er sich dermaßen hatte überrumpeln lassen. Der zweite Punkt ging an die Schwestern Beinha.
Die erste Gestalt stieß ein scharfes Lachen aus, das klang, als würde einem ein Brotmesser durch die Luftröhre gezogen. »Und Monate und Kredite vergeuden, während er sich mit den Verhältnissen vertraut macht?«
»Gar nicht davon zu reden, den Auftrag selbst seiner Meute von Berserkern anzuvertrauen«, setzte die zweite hinzu, »die wie wilde Stiere drauflosstürmen und auf allem ihre Huf- und Hornspuren hinterlassen werden. Das ist unser Territorium. Wir haben in der besagten Stadt reichlich Kontakte, und einige in sehr nützlichen Sektoren.«
»Von mir aus, aber Klekker wird nicht versuchen, mich zu erpressen.«
Die erste legte ihre Hände neben die ihrer Schwester auf den Tisch, so daß es aussah, als hielten sie eine Seance ab. »Du hast schon
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