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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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groben Kram haste schon.«
    Im langjährigen Umgang mit Beezle hatte Orlando gelernt, sich dessen schnoddrige Bemerkungen zu übersetzen. Er war wahrscheinlich gerade damit beschäftigt, die Bezugsquelle jeder einzelnen Snap-on-Software im Turm ausfindig zu machen.
    »Der grobe Kram tut’s. Aber recherchier mir den Greif. Gründlich.«
    Beezle kreiselte einen Moment am Ende seines Seils. »Fertig.«
    »Dann nichts wie raus hier. Häng dich ans Seil und kletter runter, Frederico.«
    »Klettern? Warum gehen wir nicht einfach raus?«
    »Weil ich auf einem andern Weg verschwinde als du. Du nimmst den langen Weg. Halt die Augen offen und vergewissere dich, daß wir keine offensichtlichen Spuren hinterlassen haben, die Clubschlüssel vom Salon der Diebe oder sowas.«
    »Sehr witzig. Was hast du vor?«
    »Glaub mir, du willst es nicht wissen.«
    Orlando ließ Fredericks einen ordentlichen Vorsprung. Als er das Gefühl hatte, daß sein Freund jetzt am Seil hängen mußte – Fredericks hatte viele Punkte auf Geschick im Seilklettern verwendet, daher nahm Orlando an, daß er nicht allzu lange brauchen würde –, rief er Beezle wieder herbei.
    »Was nu, Boß? Gehn wir wo hin, wo was los is?«
    »Bloß nach Hause. Aber zuerst sollst du noch was machen. Können wir eine kleine Datenbombe hinterlassen?«
    Ein grinsender Mund erschien in dem pechschwarzen Beingewusel. »Heut isses echt lustig. Was genau soll’s denn sein?«
    »An das Zentralprotokoll komm ich nicht ran, und nahtlos was wegschneiden, wie’s jemand mit mir gemacht hat, kann ich schon gar nicht, nicht mal in der Hausdatei von dem Typ hier, aber ich kann dafür sorgen, daß der Nächste, der hier reinkommt, nicht erfährt, wer hier war oder was passiert ist, es sei denn, er hat Vollmacht vom Hohen Schiedsgericht.«
    »Wie du meinst, Boß. Aber ich kann das Ding echt verhackstücken. Total scrämbeln.«
    Orlando zögerte. Er ging ein großes Risiko ein, noch größer, als Fredericks ahnte. Diese Sache war so schnell so wichtig für ihn geworden, und seine einzige Entscheidungsgrundlage war ein kurzer Blick, den er auf Beezles Daten geworfen hatte. Aber Thargor, die Geißel von Mittland, wurde man nicht dadurch, daß man sich fürchtete, alles auf eine Karte zu setzen.
    »Verhackstück es.«
     
    »Du hast was?«
    »Den Knoten zerteppert. Nicht von außen – niemand wird was merken, solange er nicht richtig reingeht.«
    Fredericks, wieder in einem seiner Bodybuilder-Sims, sprang so rasch aus dem Sessel, daß er in die Luft flog und von der Cottagewand abprallte. Orlando korrigierte die Schwerkraft, und sein Freund schwebte zu Boden und kam neben der Pyramide aus Schaukästen auf. »Scännst du jetzt völlig?« schrie Fredericks. »Damit bist du nicht bloß für Mittland gestorben und wirst vielleicht ganz aus dem Netz geworfen, das ist eine kriminelle Handlung! Du hast fremdes Eigentum zerstört!«
    »Reg dich ab. Deshalb hab ich dich ja weggeschickt. Du bist aus dem Schneider.«
    Fredericks erhob seine klobigen Fäuste, sein Simgesicht (nicht ganz so realistisch wie Pithlits, was wahrscheinlich viel zu bedeuten hatte, obwohl Orlando nicht genau wußte, was) war wutverzerrt. »Es ist mir schnurz, was mit mir wird! Na ja, das stimmt nicht ganz – aber was zum Teufel ist los mit dir, Gardiner? Bloß weil Thargor tot ist, legst du es drauf an, aus dem Netz geschmissen zu werden. Was bist du, ein Märtyrer oder sowas?«
    Orlando lehnte sich lächelnd auf seiner virtuellen Couch zurück. »Du redest wie meine Mutter.«
    Die kalte Wut seines Freundes war heftig und überraschend. »Sag das nicht nochmal! Sag das nie wieder!«
    »Ist ja schon gut. Ich … ich wollte dich bloß aufziehen. Komm, ich zeig dir was. Beezle! Spul mir nochmal die Daten ab, ja?«
    Das Fenster tauchte auf und hing leuchtend im Raum wie eine Engelserscheinung.
    »Pupill mal.« Orlando umrahmte und vergrößerte einen kleinen Ausschnitt. »Los, lies es.«
    Fredericks kniff die Augen zusammen. »Es ist eine Schließanweisung.« Er richtete sich auf, und eine leise Erleichterung war in seiner Stimme zu hören. »Senbar-Flays Turm soll abgeschaltet werden? Dann … aber dadurch wird es auch nicht sinnvoller, was du gemacht hast, Gardiner. Wenn das Ding sowieso gedrezzt werden soll…«
    »Du hast nicht bis zu Ende gelesen. Guck mal, wer der Spielleitung von Mittland die Anweisung zum Löschen gegeben hat.«
    »Eine Richterin in … Palm Beach County, Florida?«
    »Und das Datum – sechs Monate alt.

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