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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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und führte vor der Kühlerhaube einen Wuttanz auf. »Sieh dir meine Windschutzscheibe an!«
    Renie stieg aus, aber ging statt dessen zum Tor und schob es zu. Sie fand die weggesprengte Kette, machte das kaputte Vorhängeschloß ab und hängte sie wieder lose hin, damit das Tor bei flüchtiger Inspektion noch geschlossen aussah. Sie warf einen Blick auf die Front des Wagens, bevor sie wieder einstieg.
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Ich werde zusehen, daß ich das irgendwie wieder gutmache. Können wir jetzt bitte weiterfahren?«
    »Es wird dunkel«, bemerkte !Xabbu . »Ich denke, Renie hat recht, Herr Dako.«
    »Verdammt!« blubberte Singh aus dem Lautsprecher des Pads. »Ich hoffe, ihr erzählt mir, was grade passiert ist. Hat sich von hier aus ziemlich unterhaltsam angehört.«
    Die Straße blieb auch hinter dem Tor ungepflastert und schmal. »Sieht nich nach groß was aus«, sagte Long Joseph. Jeremiah fuhr stumm und grollend weiter.
    Während sie durch den Nadelwald kurvten, spürte Renie ihren Adrenalinspiegel wieder sinken. Wie hatte Singh sie genannt – Tschaka Zulu? Vielleicht hatte er recht gehabt. Es war zwar tatsächlich nur ein bißchen der Lack ab, aber mit welchem Recht setzte sie Jeremiah eigentlich unter Druck? Und wozu? Im Augenblick schien die Fahrt ins Nichts zu führen.
    »Ich rieche etwas Merkwürdiges«, fing !Xabbu an, aber bevor er seinen Satz beenden konnte, waren sie um eine Biegung herum in den Schatten eines Berges eingetaucht, und Jeremiah mußte abermals hart auf die Bremse steigen. Die Straße war zu Ende. Schliddernd kamen sie wenige Meter vor einer kahlen Betonwand zum Stehen, die wie eine riesige Tür im Berg wirkte.
    »Meine Güte.« Jeremiah fielen fast die Augen heraus. »Was ist denn das?«
    »Sagt mir, was ihr seht«, meldete sich Martine.
    »Es ist eine Art Tor, ungefähr zehn Quadratmeter, und sieht aus wie eine einzige Betonplatte. Aber ich kann keine Möglichkeit erkennen, es zu öffnen.« Renie stieg aus dem Wagen und legte ihre Hand auf den kalten grauen Stein. »Kein Griff, gar nichts.« Eine schreckliche Befürchtung beschlich sie. »Und wenn es nun gar kein Tor ist? Wenn sie diese Anlage einfach dichtgemacht und zubetoniert haben?«
    »Schaut euch um. Meine Fresse, gibst du immer so schnell auf?« Singhs kratzige Stimme ging Renie durch Mark und Bein. »Seht nach, ob es einen Kasten oder eine versenkte Konsole oder sowas gibt. Denkt dran, es muß nicht direkt am Tor sein.«
    Die anderen stiegen ebenfalls aus und halfen Renie bei der Suche. Die Dämmerung vertiefte sich rasch, und der Regen erschwerte das Sehen noch zusätzlich. Jeremiah stieß mit dem Wagen ein Stück zurück und schaltete die Scheinwerfer an, aber sie brachten nicht viel.
    »Ich glaube, ich habe etwas gefunden.« !Xabbu stand etwa zehn Schritte zur Linken des Tores. »Das ist kein echter Stein.«
    Renie trat zu ihm. Sie hielt die Flamme ihres Feuerzeugs nahe heran und erkannte haarfeine Linien, die in der Felswand ein Quadrat bildeten. In einer der Nahtlinien klaffte eine kleine Spalte, die zwar natürlich aussah, aber möglicherweise als Griff dienen konnte. Renie steckte ihre Hand hinein und zog, aber ohne Erfolg.
    »Laß mich mal machen, Mädel.« Ihr Vater schob seine große Pranke in die Ritze und zerrte. Es gab ein ermutigendes Knarren, aber mehr tat sich nicht. Wie zur Antwort blitzte es über ihnen, bevor ein Donnerschlag erscholl und an den Bergwänden widerhallte. Der Regen wurde stärker.
    »Ich hol den Wagenheber aus dem Kofferraum«, sagte Jeremiah. »Ob wir den noch ruinieren oder nicht, ist auch egal.«
    Jeremiah und Long Joseph mußten sich gemeinsam auf den Hebel lehnen, aber schließlich sprang die Klappe auf, und die lange nicht mehr bewegten Angeln knirschten. Innen drin war eine kleine Konsole mit einem Gittermuster winziger blanker Quadrate. »Man braucht einen Code«, verkündete Renie laut genug, daß Martine und Singh es hören konnten.
    »Hast du ein Hizzy-Kabel?« fragte Singh. »HSSI?« Als Renie bejahte, nickte der alte Häcker. »Gut. Nimm das Oberteil der Konsole ab, und halt das Pad drüber, so daß ich was sehen kann. Ich sage dir, wie du mich anschließen mußt. Dann lege ich los.«
     
    Singhs Bemühungen, worin sie auch bestehen mochten, zahlten sich nicht sofort aus. Sobald Renie ihr Pad nach seinen Instruktionen mit der Schalttafel verkabelt hatte, stützte sie es mit einem Stein ab und kehrte zum Wagen zurück. Die Sonne ging unter. Ein kalter Wind trieb den

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