Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
Todesröcheln und Folterschreie gewöhnt, blickten sich nicht einmal um. »Wieder da rein? Hast du dir dein letztes bißchen Hirn weggescännt?«
    »Vielleicht.« Es fiel ihm schon wieder schwer, Luft zu bekommen. Er stellte den Ton leise und hustete markerschütternd. »Vielleicht«, wiederholte er, als er wieder sprechen konnte. »Aber ich muß dich dabei haben. Du bist mein Freund, Fredericks, egal, was du sonst bist. Und ein Geheimnis werde ich dir doch sagen – du bist nicht nur mein bester Freund, du bist mein einziger Freund.«
    Fredericks legte die Hände vors Gesicht, wie um den Anblick der notleidenden Welt nicht sehen zu müssen. Es klang nach todunglücklicher Resignation, als er sagte: »Oh, Gardiner, du Arsch. Das ist einfach nicht fair.«

Kapitel
Sarg aus Glas
    NETFEED/UNTERHALTUNG:
    »Blackness« gewinnt die Palme d’Or
    (Bild: Ostrand bei der Entgegennahme des Preises)
    Off-Stimme: Für Pikke Ostrand schien es keine Überraschung zu sein, daß sie beim diesjährigen Filmfest in Nîmes den großen Preis zugesprochen bekam, obwohl die meisten anderen Insider an den Stränden und in den Lokalen es kaum glauben konnten. Frau Ostrands vierstündiger Film »Blackness«, der außer Dämmerlichteffekten und Tönen unterhalb der menschlichen Hörschwelle nichts enthält als die im Titel angekündigte Schwärze, wurde für zu miserabi1istisch erachtet, um bei den normalerweise konservativen Preisrichtern Anklang zu finden.
    (Bild: Ostrand bei der Pressekonferenz)
    Ostrand: »Er ist, was er ist. Wenn man den Leuten was von Rauch erzählt, wollen sie auch das Feuer sehen.«
     
     
    > Erst gab es nur das Licht des Feuers, das !Xabbu gemacht hatte, einen warmen roten Schein, der den Ecken und höher gelegenen Stellen des Labors ihre Geheimnisse ließ. Dann kam eine ganze Reihe von Klicks, und die Deckenbeleuchtung sprang wieder an und übergoß jeden Winkel mit blendend weißer Helligkeit.
    »Du hast es geschafft, Martine!« Renie klatschte in die Hände. »Der Traum jedes Einwohners von Pinetown – kostenloser Strom!«
    »Es ist nicht allein mein Verdienst.« Die Stimme der bescheidenen Göttin schallte jetzt aus den eingebauten Wandlautsprechern und füllte die ganze Halle. »Ohne Herrn Singh wäre es mir nicht gelungen. Ich mußte ein paar ganz kolossale Sicherheitsvorrichtungen des Energieunternehmens umgehen, bevor ich die Stromverbrauchszahlen so umverteilen konnte, daß die Spur verwischt war.«
    »Das ist ja alles schön und gut, aber kann ich jetzt endlich los und verdammt nochmal was tun?« Singh hörte sich stocksauer an. »Dieses ganze Affentheater setzt voraus, daß ich in den nächsten paar Tagen durch den Abwehrwall von Otherland komme, und wenn ich den nicht knacken kann, hat euch der ganze Aufwand hier nicht mehr eingebracht als ein paar potthäßliche Badewannen.«
    »Natürlich«, sagte Renie rasch. Sie wollte und mußte sich den alten Mann unbedingt warmhalten. Sie bedankte sich noch einmal bei ihm und Martine und ließ sie dann aus der Leitung gehen.
    »Du kannst das Außentor schließen und den Stecker aus dem Autotelefon ziehen«, teilte sie Jeremiah mit, der an dem nunmehr funktionierenden Telefon am Eingang wartete. »Wir haben jetzt Strom und Datenleitungen und müßten eigentlich beide benutzen können, ohne daß jemand uns aufspürt.«
    »Wird gemacht, Renie.« Sogar über den kleinen Padlautsprecher konnte sie das Knirschen hören, mit dem das Außentor hinunterging. Kurz darauf meldete er sich wieder. »Wenn ich sehe, wie sich das Tor schließt, wird mir ganz mulmig. Ich komme mir vor, als würde ich im Grab eingesperrt.«
    »Es ist kein Grab«, sagte sie, obwohl es ihr ganz ähnlich ging. »Sofern du nicht das Grab des Lazarus damit meinst. Denn von hier werden wir endlich den Kampf aufnehmen. Komm runter. Wir haben noch viel zu tun.« Als sie aufsah, begegnete sie dem Blick ihres Vaters. Sie meinte, einen geringschätzigen Ausdruck zu erkennen. »Jawohl, wir werden den Kampf aufnehmen. Und wir werden Stephen wieder zurück ins Leben holen, Papa. Als schau mich nicht so an.«
    »Dich anschauen? Gütiger Himmel, Mädel, manchmal weiß ich nich, wovon du redest.«
    Sobald das Licht wieder an war, hatte !Xabbu das Feuer ausgemacht. Während er jetzt die letzte Glut mit einem Stock zerteilte, wandte er sich Renie zu. »Es ist sehr viel passiert«, sagte er, »und sehr schnell passiert. Vielleicht sollten wir uns alle zusammensetzen und darüber reden, was wir als nächstes

Weitere Kostenlose Bücher