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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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stillen über mein Englisch lachen. Vielleicht durchaus zu Recht – früher habe ich ziemlich fließend gesprochen, aber nach meiner Studienzeit in Norwich bin ich völlig aus der Übung gekommen. Jedenfalls hatte ich gehofft, mich mit einem richtigen Menschen unterhalten zu können. Ich bin seit einem Monat in dieser Simulation, und manchmal fühlt man sich doch einsam.«
    Verblüfft und mehr als nur ein bißchen erschrocken trat Paul einen Schritt zurück. Der Professor redete unverständliches Zeug, aber einiges davon klang, als ob es eigentlich etwas zu bedeuten hätte.
    »Herr Professor!« Der Kartograph hatte sie fast erreicht. Seine jadefarbene Haut war schweißglänzend. Er schien das Klima nicht so gut zu vertragen wie die Nimboren. »Gnädiger Herr, verzeihen Sie, wenn ich störe, aber Sie werden am Funktelefongerät verlangt.«
    Bagwalter drehte sich mit offensichtlichem Unwillen um. »Um Himmels willen, was gibt’s denn? Wer soll mich denn anrufen?«
    »Es ist die tellarische Botschaft in Tuktubim.«
    Der Professor wandte sich Paul wieder zu. »Da gehe ich besser dran. Hören Sie, mein Bester, wenn ich etwas Ehrenrühriges gesagt haben sollte, dann war das nicht meine Absicht. Bitte vergessen Sie die ganze Sache doch einfach.« Mit einem beinahe sehnsüchtigen Blick fixierte er Paul, als suchte er etwas in ihm. Einen Moment lang meinte Paul, hinter der Maske des phlegmatischen Engländers ein ganz anderes Gesicht erahnen zu können.
    Beunruhigt schaute Paul hinterher, wie Bagwalter zum Hauptkreis der Zelte zurückeilte.
     
    Vaala war wach und saß im Bett, als er kam, die Flügel halb geöffnet. Die großen gefiederten Schwingen, die zu ihren beiden Seiten abstanden, hatten etwas ebenso Verwirrendes wie wunderbar Passendes, aber Paul war bereits randvoll von Halberinnerungen. Während er ihr die vollständige Geschichte ihrer Rettung aus dem Palast des Sumbars erzählte, reichte er ihr den Tee, der endlich kühl genug zum Trinken war. Sie nahm den Becher in beide Hände und setzte ihn zu einem zaghaften Nippen an den Mund.
    »Gut.« Sie lächelte. Der Ausdruck der Freude auf ihrem Gesicht versetzte ihm ein schmerzhaftes Ziehen im Bauch. »Fremd, aber es schmeckt mir. Ist es ein ullamarisches Getränk?«
    »Ich nehme es an.« Er setzte sich auf den Zeltboden, den Rücken an die steife Plane gelehnt. »Es gibt allerdings viel, woran ich mich nicht erinnere. So viel, daß ich manchmal nicht weiß, wo ich anfangen soll nachzudenken.«
    Sie bedachte ihn mit einem langen, ernsten Blick. »Du hättest mich den Priestern nicht entreißen dürfen, weißt du. Sie werden zornig sein. Auf jeden Fall werden sie sich lediglich eine andere Tochter Vonars als Opfer erwählen.«
    »Das ist mir ganz gleich. Das hört sich vielleicht schrecklich an, aber es ist so. Ich habe niemand als dich, Vaala. Kannst du das verstehen? Du bist meine einzige Hoffnung, herauszufinden, wer ich bin, woher ich komme.«
    »Aber wie kann das sein?« Ihre Flügel gingen hoch und breiteten sich aus, um sich dann abermals hinter ihr zu falten. »Bevor ich zur Festzeit hierherkam, hatte ich meine Welt noch nie verlassen, und in meinem ganzen Leben bin ich nur sehr wenigen von euch Tellariern begegnet. Ich würde mich bestimmt an dich erinnern.«
    »Aber du hast gesagt, du hättest eine Erinnerung – an einen laubigen Ort, Bäume, einen Garten, etwas in der Art. Und du hast gesagt, mein Name käme dir bekannt vor.«
    Sie zuckte mit ihren schlanken Schultern. »Es ist seltsam, das gebe ich zu.«
    Ein sonderbares schleifendes Geräusch von draußen drängte sich mehr und mehr in Pauls Bewußtsein, aber er wollte sich nicht ablenken lassen. »Es ist mehr als seltsam. Und wenn ich irgend etwas im Leben weiß, dann daß du und ich uns schon einmal begegnet sind.« Er rückte näher und nahm ihre Hand. Sie sträubte sich nur einen Augenblick, dann überließ sie ihm die Hand. Ihm war, als könnte er aus dem bloßen Kontakt Kraft schöpfen. »Hör zu, Professor Bagwalter – das ist einer der Leute, die bei deiner Rettung mithalfen –, er hat mir ein paar sehr merkwürdige Fragen gestellt. Ich hatte das Gefühl, daß sie mir etwas sagen sollten, aber ich wußte nicht was. Zum Beispiel nannte er dies alles hier eine Simulation.«
    »Eine Simulation? Meinte er damit eine Illusion, wie sie die Priester des Sumbars einem vorspiegeln?«
    »Ich weiß es nicht. Und er erwähnte Namen, mehrere Namen. Einer davon war ›Schonglör‹. Der andere war

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