Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
angestellt waren, die Zahl der jugendorientierten Einrichtungen – Adoptionsagenturen, Sportvereine, interaktive Netzwerke –, die von bruderschaftsnahen Tarnorganisationen gegründet oder aufgekauft wurden, dann sieht man, daß dieses Interesse eindeutig professionell, allumfassend und auf erschreckende Art unerklärlich ist.«
    »Mister J’s«, murmelte Renie. »Diese Schweine.«
    »Genau.« Sellars nickte mit seinem obersten leeren Fleck. »Ich bitte um Verzeihung«, sagte er. »Ich brauche für meine Ausführungen länger als gedacht.« Er rieb sich die Stelle, wo seine Stirn sein mußte. »Ich habe so lange darüber nachgedacht, und jetzt merke ich, daß es furchtbar viel zu berichten gibt.«
    »Aber was können sie mit diesen Kindern wollen?« fragte Quan Li. »Ich bin sicher, du hast recht, aber was wollen sie?«
    Sellars erhob die Hände. »Ich wünschte, ich wüßte es. Die Gralsbruderschaft hat das stärkste und beste Simulationsnetzwerk gebaut, das man sich vorstellen kann. Gleichzeitig hat sie Tausende von Kindern manipuliert und gesundheitlich geschädigt. Ich habe immer noch keine Ahnung, warum. Im Grunde habe ich euch alle hergeholt, weil ich die Hoffnung hatte, daß wir gemeinsam auf Antworten kommen könnten.«
    »Das war eine prima Show, Amigo«, sagte Sweet William jovial. »Und ich bewundere die liebevollen Details außerordentlich, wenn auch der Trick, mich am Offlinegehen zu hindern, allmählich doch seinen Reiz verliert. Warum trägst du deine kleine Gruselgeschichte nicht den Nachrichtennetzen vor, statt uns alle zu Akteuren in diesem drittklassigen Krimi zu machen?«
    »Am Anfang habe ich genau das versucht, was du vorschlägst. Zwei Reporter und drei Rechercheure wurden getötet. Die Nachrichtennetze brachten gar nichts. Ich kann nur deshalb hier zu euch sprechen, weil es mir lange Zeit glückte, anonym zu bleiben.« Sellars tat abermals einen langen Atemzug. »Ich fühle mich mitschuldig an diesen Todesfällen, aber sie haben mich gelehrt, daß dies nicht bloß ein Spleen von mir ist. Es ist ein Krieg.« Er ließ seinen Blick über sämtliche Gesichter am Tisch schweifen. »Die Mitglieder der Bruderschaft sind zu mächtig und zu eng verflochten. Aber bei meinen Bemühungen, andere an entsprechenden Ermittlungen zu interessieren, hatte ich schließlich doch noch kolossales Glück. Einer der Rechercheure fand und kontaktierte Bolívar Atasco und seine Frau Silviana. Obwohl sie es ablehnten, die Fragen des Rechercheurs zu beantworten, erregte die Art ihrer Ablehnung meine Aufmerksamkeit, und ich trat meinerseits an sie heran. Ich hatte nicht auf Anhieb Erfolg.«
    »Wir hielten dich für einen Wahnsinnigen«, sagte Silviana Atasco trocken. »Ich ziehe die Möglichkeit nach wie in Betracht, Señor.«
    Sellars neigte seinen formlosen weißen Kopf. »Zum Glück für uns alle hatten sich die Atascos, die unter den Gründungsmitgliedern der Gralsbruderschaft waren, mehrere Jahre zuvor von der eigentlichen Gruppe zurückgezogen und waren aus dem Vorstand ausgetreten. Ihre Beteiligung in Form dieser Simulation, Temilún, erhielten sie aufrecht, aber ansonsten hatten sie mit den Geschäften des Konsortiums nichts mehr zu tun. Señor, Señora, vielleicht möchtet ihr ein wenig von euren Erfahrung berichten?«
    Bolívar Atasco zuckte zusammen; er schien mit den Gedanken woanders gewesen zu sein. Er blickte hilflos seine Frau an, die mit den Augen rollte.
    »Es ist ganz einfach«, sagte sie. »Wir brauchten für unsere Arbeit eine höher entwickelte Simulationsanlage. Mit den bestehenden technischen Möglichkeiten waren wir so weit gekommen, wie es ging. Eine Gruppe reicher Männer – damals waren noch keine Frauen in der Gruppe – trat an uns heran. Sie hatten von frühen Temilúnversionen gehört, die wir mit dem Nonplusultra der damaligen technischen Möglichkeiten geschaffen hatten. Sie planten, die umfassendste Simulationsplattform zu bauen, die je ein Mensch ersonnen hatte, und sie holten uns dazu, damit wir den Bau dieser Plattform mit beaufsichtigten.« Sie warf ihre Oberlippe auf. »Sie waren mir von Anfang an unsympathisch.«
    Sie würde einen besseren Gottkönig abgeben als ihr Gatte, entschied Renie.
    »Sie behinderten mich in meiner Arbeit«, fügte Bolívar Atasco hinzu. »Ich will damit sagen, daß es bei einer derart großen und schnellen Anlage völlig unbekannte Komplexitätsfaktoren gibt. Aber als ich Fragen stellen wollte, als ich herausfinden wollte, warum bestimmte Sachen gerade

Weitere Kostenlose Bücher