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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schnell erfassen und beurteilen, wie neue auftraten.
    Aber das war kein unüberwindliches Hindernis. Das J-Team, jene Götter, die Nemesis sich nicht vorstellen und daher auch nicht verehren oder gar fürchten konnte, hatten sich in ihren Berechnungen nur um einen ganz kleinen Faktor geirrt. Wenn somit eine gewisse Verschlechterung der Erkennungsfähigkeit den letztendlichen Erfolg der Jagd nicht vereitelte, konnte Nemesis sich im Interesse eines flächendeckenderen Vorgehens teilen. Obwohl das Programm keinen Begriff eines »Ich« hatte, einer steuernden Intelligenz in seinem Zentrum – eine naheliegende Illusion, der seine Schöpfer allesamt aufsaßen –, handelte es dennoch als ein zentraler Kontrollpunkt, eine datenverarbeitende Schalt- und Verknüpfungsstelle. Die Unterteilung dieses Kontrollpunkts würde eine Verringerung seiner Fähigkeiten in jeder untergeordneten Einheit, jedoch eine Beschleunigung des schematischen Überprüfungsverfahrens bedeuten.
    Es gab noch einen anderen Faktor, der für die Aufteilung sprach, eine Merkwürdigkeit, auf die das Nemesis-Programm aufmerksam geworden war und das sein kaltes Interesse anstachelte. Während der zeitlosen Stunden des Dahinziehens und Prüfens, in denen es auf den Zahlenwinden schwebte und aus ihrer Gestalt und Stärke Rückschlüsse zog, war ihm etwas aufgefallen, das von dem ihm mitgegebenen theoretischen Modell des Environments so weit entfernt war, daß es kurzfristig eine neue Gefahr für die logische Integrität des Nemesis-Programms darstellte.
    Irgendwo – auch das eine Metapher, die dem Programm nichts sagte, da der Informationsraum physische Entfernungen oder Richtungen nur insofern enthielt, als sie für Menschen simuliert werden mußten – irgendwo am fernen Rand von Anderland waren die Verhältnisse … anders.
    Nemesis wußte nicht, inwiefern sie anders waren, auch nicht, wie etwas in einem Universum ohne räumliche Distanzen weit entfernt sein konnte, aber es wußte, daß beides wahr war. Und zum erstenmal verspürte Nemesis ein Ziehen, das sich nicht völlig aus seiner Programmierung erklären ließ. Es war natürlich eine weitere Anomalie, ein Problem, das seinen menschlichen Schöpfern gar nicht bewußt gewesen war, aber diese Anomalie war so ganz und gar verschieden von denen, die den Jagdinstinkt des Programmes auf sich zogen, daß sie normalerweise höchstwahrscheinlich unbemerkt geblieben wäre, so wie ein Tier, das sich überhaupt nicht bewegt, für bestimmte Raubtiere unsichtbar ist. Aber etwas an diesem fernen »Ort«, wo die Verhältnisse anders waren, wo die Ströme des zahlenförmigen Seins sich in einer neuen und – für Nemesis – unbegreiflichen Art und Weise bewegten, hatte seine Aufmerksamkeit erregt und war, sofern das bei einem seelenlosen, leblosen Stück Code möglich war, zu einer Manie geworden.
    Deshalb hatte Nemesis beschlossen, daß es von den vielen untergeordneten Versionen, die es von sich zu erzeugen und damit eine Art Selbstmord seiner Zentralinstanz durch Aufspaltung zu begehen gedachte, eine sorgfältig konstruierte Unterinstanz damit beauftragen wollte, sich auf die Suche nach dieser Großen Anomalie zu begeben, auf den Datenströmen zu diesem unvorstellbar fernen Unort zu schwimmen und wenn möglich etwas von dort mitzubringen, das der Wahrheit glich.
    Nemesis dachte nicht. Es lebte nicht. Und nur jemand, der die Grenzen schlichten Codes, die eisige Reinheit der Zahlen nicht verstand, wäre auf den Gedanken gekommen, daß es träumen könne.

 
Kapitel
     
Spiele im Schatten
     
    NETFEED/NACHRICHTEN:
    Pheromone kommen auf die Liste überwachter Substanzen
    (Bild: Fühlerreibende Ameisen Kopf an Kopf)
    Off-Stimme: Die chemischen Stoffe, die Insekten zur Nachrichtenübermittlung benutzen und mit denen menschliche Einzelhändler anscheinend Kunden dazu stimuliert haben, nicht nur ihre Waren zu kaufen, sondern auch die ihrer Konkurrenten zu meiden, werden nach den neuen UN-Richtlinien, trotz Protesten seitens der Regierungen Frankreichs, Chinas und der USA, von nun an einer sehr viel strengeren Kontrolle unterliegen.
    (Bild: Rausha am Rednerpult vor dem UN-Logo)
    Victor Rausha von der Abteilung Verbraucherschutz der UN gab die Änderungen der entsprechenden Bestimmungen bekannt.
    Rausha: »Es war ein langer, zäher Kampf gegen einige äußerst mächtige Lobbys, aber die Verbraucher — die Bürger — müssen das Recht haben, ihre Kaufentscheidungen ohne irgendwelche unterschwelligen Manipulationen zu

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