Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
sich um und ging weiter. Nach kurzem Zögern eilte Paul hinterher. »Nur noch ein kleines Stück«, sagte der Mann. »Dann können wir reden.«
    »Reden Sie jetzt.«
    Der Fremde lächelte. »Na gut. Zuerst möchte ich Ihnen sagen, daß Ihre Reisegefährten nicht sind, was sie zu sein scheinen.«
    »Tatsächlich? Was sind sie denn? Satanisten? Vampire?«
    Der dunkle Mann schürzte die Lippen. »Genau kann ich es Ihnen nicht sagen. Aber ich weiß, daß sie etwas anderes sind als ein nettes, gemütliches Ehepaar aus England.« Er breitete seine Arme aus, als sie um die nächste Ecke bogen und sich im Herzen des Labyrinths befanden. »Wir sind da.«
    »Das ist doch lächerlich.« In Paul kämpfte der Zorn gegen eine immer stärker werdende Furcht an. »Sie haben mir nicht das geringste erzählt. Sie haben mich bloß hierhergelockt, und weshalb?«
    »Leider deshalb.« Der Fremde sprang vor, umschlang Pauls Taille und hielt damit seine beiden Arme fest. Paul wehrte sich, aber der Mann war überraschend stark. Das Licht im Zentrum des Labyrinths veränderte sich jäh, als ob die Sonne plötzlich die Richtung gewechselt hätte.
    »Halloo!« Frau Pankies schriller Schrei erscholl ein paar Gänge weiter. »Halloo, Herr Johnson? Sind Sie da? Haben Sie die Mitte gefunden, Sie gescheiter Mann?«
    Paul bekam nicht genug Luft, um Hilfe rufen zu können. Rings um ihn herum breitete sich ein gelbes Leuchten aus, das den Bänken und Hecken und dem Kiespfad eine butterig-trübe Durchsichtigkeit verlieh. Als er das goldene Licht erkannte, verstärkte Paul seinen Widerstand. Er bekam kurz eine Hand frei und griff dem dunklen Mann in die dichten schwarzen Haare, aber da zog ihm der andere ein Bein weg und versetzte ihm einen Stoß, so daß er rückwärts durch das Licht stürzte und schlagartig im Nichts war.

 
Zwei
Stimmen im Dunkeln
    Fließe aus, die du im Dunkeln kommst,
    Die du heimlich eintrittst -
    Die Nase hinten, das Gesicht rückwärts gedreht -
    Und doch nicht erreichst, wozu du kamst.
     
    Kamst du, um dieses Kind zu küssen?
Ich lasse es dich nicht küssen!…
     
    Kamst du, um ihm zu schaden?
Ich lasse dich ihm nicht schaden!
     
    Kamst du, um es zu rauben?
Ich lasse es dich mir nicht rauben!
     
    Altägyptischer Zauberspruch

 
Kapitel
     
Numerische Träume
     
    NETFEED/DOKUMENTATION:
    »Otherland« – das ultimative Netzwerk?
    (Bild: Schloß Neuschwanstein in Nebelschwaden)
    Off-Stimme: Was für eine Welt würden sich die reichsten Leute auf Erden bauen? Einer Ankündigung zufolge bereitet BBN einen Dokumentarbericht über das Projekt »Otherland« vor, eine Simulationswelt, über die unter Virtualitätstechnikern viel gemunkelt wird. Gibt es sie wirklich? Viele sagen, sie sei nicht realer als Avalon oder Shangri-La, aber andere behaupten, selbst wenn sie abgeschaltet worden sei, habe sie irgendwann einmal existiert und sei das größte Werk ihrer Art gewesen …
     
     
    > Es dachte nicht. Es lebte nicht.
    In Wirklichkeit besaß es keine Eigenschaft, die ihm nicht von seinen Schöpfern verliehen worden war, und zu keiner Zeit war es der entscheidenden Schwelle nahe gekommen, von der an es – um ein klassisches Science-fiction-Bild zu gebrauchen – mehr hätte sein können als die Summe seiner Teile, mehr als einfach ein Produkt von Zeit und Arbeit und dem Optimum an linearem Denken, zu dem seine Erfinder fähig waren.
    Und dennoch: Mit seiner ständigen Zunahme an Komplexität und an unerwarteter, aber notwendiger Idiosynkrasie hatte sich das Nemesis-Programm über die Definitionen seitens der fleischlichen Intelligenzen, die es geschaffen hatten, hinweggesetzt und tatsächlich eine gewisse Autonomie erlangt.
     
    Das Programm war von einigen der besten Gehirne auf dem Planeten entwickelt worden, dem J-Team bei Telemorphix. Der volle Name der Gruppe lautete Team Jericho, und obwohl ihr Schirmherr und Mentor Robert Wells nie ganz klar gemacht hatte, welche Mauern sie mit diesem oder einem ihrer anderen Projekte zum Einsturz bringen sollten, machten sie sich dennoch mit einem Korpsgeist an die ihnen zugewiesenen Aufgaben, wie er denen eigen war, die sich selbst für die Allerbesten und Allergescheitesten hielten. Wells’ Auserwählte waren alle hochbegabt, bienenfleißig und beängstigend zielstrebig: In den Zeiten allergrößten, geradezu brennenden Termindrucks hatten sie den Eindruck, nur noch körperlose Gehirne zu sein, ja zeitweise nicht einmal mehr vollständige Denkapparate, sondern nur das Problem selbst in

Weitere Kostenlose Bücher