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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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sich lediglich herum und schlief wieder ein.
    Dread hingegen kam der Schwelle des Schlafs nicht einmal nahe. Sein Schädel schien voll gleißendem Licht zu sein. Er schaltete die automatische Steuerung ein, rief Dulcy an und bat sie, den Simkörper früher als ausgemacht zu übernehmen.
    Es gab soviel, worüber er nachdenken mußte. Er hatte die Traumzeit gefunden, die wahre Traumzeit, nicht den von Geistern wimmelnden Busch aus den Suffgeschichten seiner Mutter. Soviel, soviel. Er brauchte keinen Schlaf, ihm war, als müßte er nie wieder schlafen.
     
     
    > »Code Delphi. Hier anfangen.
    Etwas sehr Ernstes ist passiert. Ein Mitglied des Rotenfelsstammes – nicht aus der Familie, die uns mitgebracht hat, sondern aus einer der anderen, die dieses Höhlensystem bewohnen – ist verschwunden. Baut-ein-Feuer-auf-Luft kam, um uns davon Mitteilung zu machen, und obwohl er uns deutlich voll Argwohn beäugte, war er so höflich, keine Beschuldigung auszusprechen. Wie es aussieht, ist eine junge Frau namens Glänzt-wie-Schnee in der Nacht aufgestanden und von ihrer Familie fortgegangen.
    Naheliegenderweise ist der Verdacht auf unsere Schar gefallen, und dies sprach Baut-ein-Feuer-auf-Luft denn doch aus. Glücklicherweise ist ein solches Verschwinden kein einmaliger Fall – daß junge Frauen mit Männern aus anderen Stämmen durchbrennen oder von ihnen entführt werden oder daß einer der fliegenden Menschen bei einem nächtlichen Ausflug verunglückt oder einem großen Raubtier begegnet, kommt vor, allerdings selten, und daher sind alle sehr bestürzt.
    Was mich außer meinem Mitleid mit ihnen noch beunruhigt, ist eine undeutliche Erinnerung daran, daß jemand von uns tatsächlich in der Nacht aufgestanden ist.
    Wie ich, glaube ich, schon sagte, war ich noch lange wach, nachdem wir uns alle in dieser Höhle zur Ruhe gelegt hatten. Irgendwann – ich muß wohl in einen flachen Halbschlaf gesunken sein – hatte ich den vagen Eindruck, daß jemand sich erhob. Später, ob Minuten oder Stunden kann ich nicht sagen, hörte ich wieder, wie sich jemand bewegte. Ich meinte, ein scharfes Luftholen und ein Murmeln zu hören, das ein wenig wie Quan Lis Stimme klang, aber das hat natürlich nichts zu bedeuten, denn auch wenn sie es war, kann sie ja von jemandem angestoßen worden sein oder einfach im Traum geredet haben.
    Doch ich muß sorgfältig darüber nachdenken, weil es jetzt vielleicht von Wichtigkeit sein kann. Ein kurzer Austausch zwischen uns nach dem Weggang des Häuptlings hat ergeben, daß keiner der anderen vier in der Nacht aufgestanden sein will, und nichts deutet darauf hin, daß einer von ihnen lügt. Kann sein, daß ich es bloß geträumt habe. Aber die ganze Sache ist natürlich besorgniserregend. Ich bezweifele auch, daß ich noch die Gelegenheit erhalten werde, irgendwelche der Fragen zu stellen, die ich so gern beantwortet gehabt hätte, da Baut-ein-Feuer-auf-Luft und seine Familie jetzt andere Sorgen haben, und überhaupt würde es nur noch mehr Aufmerksamkeit auf uns als Fremde lenken.
    Hinter meinen Begleitern, die nervös am Höhlenboden kauern, nehme ich draußen die gegenüberliegende Seite des Tals als eine wuchtige Masse relativ statischer Information wahr, die durch die Variablen des Morgennebels verschwimmt. Die Steine selbst müssen schattenviolett sein, da die Sonne noch nicht über den Felsgrat emporgekommen ist.
    Allein um aus dieser Welt hinauszugelangen, müssen wir noch einen weiten Weg zurücklegen, und falls diese Leute sich gegen uns stellen, werden wir ihnen so wenig entkommen, wie wir vor einer Gruppe von Seiltänzern auf dem Hochseil fliehen könnten. Aerodromien ist ihre Welt, nicht unsere. Wir wissen nicht, wie weit flußabwärts der nächste Durchgang ist, und wir wissen auch nicht, wo die anderen sich zur Zeit aufhalten.
    Ich glaube, vor dem Eintritt in das Otherlandnetzwerk dachten wir – jedenfalls Renie, Singh und ich –, daß es so wie andere Simulationsnetzwerke auch wäre, ein Ort, wo man einmal die Regeln lernt und sie dann nach Bedarf anwendet. Statt dessen ist jede dieser Simulationen eine Welt für sich, und wir werden ständig in die Dinge verwickelt, auf die wir hier treffen, und davon aufgehalten. Außerdem sind wir der Lösung der Probleme, die uns hergeführt haben, keinen Schritt näher gekommen. Wir hatten zu große Pläne. Otherland rächt sich an uns.
    Baut-ein-Feuer-auf-Luft kommt soeben wieder auf die Höhle zu, diesmal begleitet von einem halben Dutzend

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