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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Enaqueiros heraus. Er hatte eine ziemliche Summe dafür ausgegeben, daß die Simulation das auch ordentlich simulierte; als er das Imitat unter seiner Nase vorbeizog und das Aroma genoß, fand er erneut, daß die Ausgabe sich gelohnt hatte. Diese Technobarone mochten imstande sein, dir Babylon Ziegel für Ziegel nachzubauen, aber versuch mal einer, irgendwo eine anständige virtuelle Zigarre aufzutreiben …
    Nachdem der General ein Weilchen seine Taschen abgeklopft hatte, ohne das Gesuchte zu finden, zog Wells eine Augenbraue hoch und bewegte dann einen Finger. Ein Päckchen Streichhölzer erschien vor seinem Gast.
    »Jetzt sag mir mal, warum du dem Alten Mann nicht den Rest geben wolltest?« erkundigte sich Yacoubian, als die Zigarre endlich gut zog. »Das sieht dir gar nicht ähnlich, Bob. Er stand mit dem Rücken an der Wand – noch ein paar vor den Latz, und er wäre hin gewesen.«
    Wells riß sich von seiner Ozeanbetrachtung los. Seine Augen mit ihrem eigentümlichen, antikisiert wirkenden Weiß waren mild, beinahe leer. Er sagte lange nichts. »Ich würde dir das gerne auf eine schonende Art beibringen, Daniel«, sagte er schließlich. »Aber mir fällt keine ein. Weißt du, manchmal bist du unglaublich dumm.«
    Yacoubian spie einen Schwall Pseudorauch aus, eine ziemlich gute Imitation des Originals, die in einer wallenden blaugrauen Wolke über seinem Kopf aufstieg. »Hast du den Arsch offen? So kannst du nicht mit mir reden!«
    »Doch, das kann ich, Daniel. Und ich denke immer noch, daß du trotz deiner momentanen Verärgerung klug genug bist, um mir zuzuhören und was zu lernen.« Wells wedelte unwillkürlich gegen den Rauch an, zimperlich wie eine alte Dame. »Ja, wenn wir den Alten Mann noch ein kleines Stück weitergetrieben hätten, hätte er wahrscheinlich etwas gesagt oder getan, womit er sich auch die Sympathien der übrigen Bruderschaft verscherzt hätte. Eben deshalb habe ich nichts unternommen und dir den Rat gegeben, das gleiche zu tun, Daniel, aber du hast ihn ignoriert.«
    »Hör zu, Bob, es ist mir schnurz, wie reich oder wie alt du bist. So lasse ich nicht mit mir reden.«
    »Das würde dir aber vielleicht ganz gut tun, Daniel. Es kann dir nicht entgangen sein, wie Jiun Bhao gegen Ende das Treffen in die Hand nahm. Und was ist jetzt dabei rausgekommen, daß ihr so auf den Putz gehauen habt, du und diese Dedoblancozicke? Daß wir bei der nächsten Zusammenkunft konkurrierende Berichte über diese Systemprobleme vorlegen dürfen.«
    »Und?« Die mittlerweile hitzig glimmende Zigarre ragte pfeilgerade in Yacoubians Blickfeld und ließ Wells’ Gesicht mit jedem Zug in ein rotes Glühen aufgehen.
    »Und wer, meinst du, wird wohl darüber urteilen, ob die präsentierten Antworten akzeptabel sind? Heimlich, still und leise wird sich dieser chinesische Hund zum ungewählten Vorsitzenden aufschwingen, und er wird den andern aus der Gruppe vorgeben, wie sie zu stimmen haben. Gibt er dem Alten Mann die Zügel zurück, wird Jongleur in seiner Schuld stehen. Gibt er sie uns und drängt damit Jongleur ins Aus, befinden wir uns de facto in einer Koalition mit Jiun – aber nur so lange, wie wir ihm nützlich sind.«
    Yacoubian wußte, daß er den Beleidigten spielte, aber er konnte sich nur schwer zu einer konstruktiveren Haltung durchringen. »Ich dachte, du willst, daß der Alte Mann verliert.«
    »Nein, Daniel, ich will, daß ich gewinne. Das ist ein Unterschied. Und vergiß nicht, Jongleur hat durchaus noch ein paar eigene Karten in der Hand, etwa dieses verdammte Betriebssystem, an das er keinen ranläßt – wenn wir in einen Dreiparteienkrieg mit ihm und Jiun hineinschliddern, wird viel Blut fließen. Und ich bezweifle, daß wir als Sieger hervorgehen werden.«
    »Herrje.« Immer noch wütend, aber jetzt auch bedrückt setzte Yacoubian sich zurück. »Ihr seid doch alle …«
    »Was meinst du mit ›ihr‹? Du warst es, der damals ankam und mich beredete, wir sollten den Alten Mann abservieren. ›Wir brauchen ihn nicht mehr, Bob. Er ist ein Unsicherheitsfaktor. Ein Ausländer.‹ Hast du das schon vergessen?«
    »Es reicht.« Yacoubian gab sich mit einer abwinkenden Handbewegung geschlagen. Wenn er in seiner Laufbahn etwas gelernt hatte, dann daß es Zeitverschwendung war, mit irgendwelchen Ausflüchten sein Gesicht wahren zu wollen, wenn die eigene Stellung unhaltbar geworden war. »Also, was machen wir?«
    »Ich weiß es nicht.« Wells rutschte ein Stück vor. Der Lärmpegel der Brandung sank

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