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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Bett und starrte in die nahezu vollkommene Finsternis über ihm, an die Decke, die er zu keiner Tages- oder Nachtzeit sehen konnte, wenn die hundertprozentig dichten Jalousien heruntergelassen waren. Angst tippte ihn wie mit einer Messerspitze an.
    Die Stimme, die sich dann meldete, war höchst überraschend. »Ramsey, Decatur?« Ein rauchiger, näselnder Brooklynakzent, aber eigentümlich stockend, wie wenn jemand Lautschrift las, um die Aussprache richtig hinzukriegen.
    »Wer ist da?«
    »Ramsey, Decatur?« fragte die Stimme wieder und spuckte dann eine zunächst sinnlos erscheinende Zahlen- und Buchstabenliste aus. Es dauerte eine ganze Weile, bis sein schlaftrunkenes Gehirn Knoten- und Nachrichtencodes erkannte, Adressen. Sein Herz schlug schneller.
    »Ja, ja. Hier spricht Catur Ramsey. Ich habe diese Nachrichten hinterlegt. Wer spricht da?«
    Ein langes Schweigen. »Nicht berechtigt«, kam schließlich die Antwort. »Was willste?«
    Es fiel ihm schwer, die Comicstimme ernst zu nehmen, aber er hatte den Verdacht, daß er sich keinen Fehler leisten durfte. »Bitte, bleib dran. Bist du Beezle Bug? Orlando Gardiners Agent? Kannst du das wenigstens bestätigen?«
    Wieder trat ein langes Schweigen ein, das auf Sortierungsprobleme mit den verschiedenen verschachtelten Berechtigungshierarchien hindeutete. Er fühlte beinahe, wie am anderen Ende die Fuzzylogik heißlief. »Nicht berechtigt«, lautete das Ergebnis, aber kein Nein bedeutete für Ramsey in diesem Falle ein eindeutiges Ja.
    »Hör genau zu«, sagte er langsam. »Das ist jetzt sehr wichtig – wichtig vor allem für Orlando. Die Genehmigungen, die du brauchst, um mit mir zu reden – lassen die sich auf irgendeinem Wege beschaffen? Wenn nicht, hängst du in einer Schleife fest – verstehst du das? Ich will ihm helfen, aber ich kann nichts tun, wenn du nicht mitmachst. Wenn ich ihm nicht helfen kann, wird er nicht zurückkommen, und wenn er nicht zurückkommt, wird er dir nie wieder irgendwelche Genehmigungen erteilen können.«
    Die Taxifahrerstimme am anderen Ende nahm einen leicht gekränkten Ton an. »Ich weiß, was ’ne Schleife ist. Ich weiß ’nen Haufen Sachen, Mann. Ich bin gutes Gear.« Ramsey mußte über das Antwortvermögen staunen, zumal bei einer so frühen Generation der Pseudo-KI. Beezle war wirklich gutes Gear.
    »Ich weiß. Also hör mir zu. Orlando Gardiner liegt im Koma – er ist nicht bei Bewußtsein. Ich bin ein Rechtsanwalt, der für seine Freundin Salome Fredericks arbeitet – Sam nennt Orlando sie, glaube ich. Ich will ihnen helfen.«
    »Fredericks«, sagte der Agent. »Er nennt sie Fredericks.«
    Ramsey mußte einen Jubelschrei unterdrücken. Das Ding redete mit ihm. Es mußte in seiner Programmierung flexibler sein, als er gedacht hatte. »Genau, ganz genau. Und um ihnen beiden zu helfen, brauche ich Informationen, Beezle. Ich muß Zugang zu Orlandos Dateien haben.«
    »Orlandos Eltern ham versucht, mich zu drezzen.« Es klang beinahe schmollend.
    »Sie verstehen das nicht. Sie können nicht verstehen, wieso du sie nicht Orlandos Dateien sehen läßt. Sie wollen nur das Beste.«
    »Orlando hat mir gesagt, ich soll aufpassen, daß niemand sie sieht oder was dran verändert oder was löscht.«
    »Aber das war vor … vor seinem Unfall, seiner Krankheit. Jetzt ist es wichtig, daß du mich ihm helfen läßt. Ich verspreche dir, ich werde nicht zulassen, daß die Gardiners dich abschalten – dich drezzen. Und ich werde alles tun, was ich kann, daß Orlando zurückkommt.« Für ihn war Beezle jetzt ein lebendiges Wesen geworden, wenn auch ein sehr sonderbares. Er konnte ihn beinahe dort draußen in der Dunkelheit fühlen, ein Wesen mit Beinen und einem harten Panzer und flinken, fest vorgegebenen Gedankengängen. Es kam ihm so vor, als holte er es aus großer Entfernung an einer sehr, sehr dünnen Leine ein. »Du kannst nicht mehr darauf warten, daß Orlando dir Sachen genehmigt«, fügte er hinzu. »Du mußt dich an den ursprünglichen Geist seiner Befehle halten.«
    Herrje, dachte er. Wenn seine Logik von irgendwas durchschmort, dann davon. Ich kenne nicht viele Menschen, die mit einem solchen Gedankensprung keine Schwierigkeiten hätten. Und wie um seine Befürchtungen als begründet zu erweisen, trat eine bedrückende Stille ein, auch wenn das Gefühl einer anderen Gegenwart in der Dunkelheit bestehen blieb.
    Doch als das Ding sprach, da nicht, um einen Totalausfall seiner Fuzzylogik mitzuteilen oder sich für unzureichend

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