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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Türen schepperten und bebten. Einer der Ameisensoldaten war im Fahrstuhl eingesperrt und gerade dabei, ihn zu zertrümmern.
    Mit einem Schrei der Wut und Angst kam Cullen schliddernd zum Stehen. Alle fuhren herum, als hinter ihnen im Flur ein lautes Knirschen erscholl. Der keilförmige Kopf der Gottesanbeterin hatte die Durchgangstür zum Hangar aufgedrückt, und als das Scheusal jetzt den Rest seines kolossalen Körpers durch die Öffnung quetschte, zerbrach auch noch der Türrahmen.
    »Zur Treppe! Ein Stück zurück!« Cullen deutete auf einen abgehenden Gang weiter vorn im Korridor.
    »Dann los!« Renie packte !Xabbu am Arm für den Fall, daß er wieder einen Frömmigkeitsanfall bekam. Die Gottesanbeterin riß die letzten Reste des Türrahmens weg; während sie auf das riesige grüne Insekt zuliefen, trat dieses in den Korridor und richtete sich auf, bis seine Fühler die hohe Decke streiften, ein riesiges Museumsstück, das zum Leben und Morden erwacht war. Renie und die anderen beiden erreichten den Quergang und bogen mit soviel Schwung um die Ecke, daß sie auf dem glatten Fußboden ins Rutschen kamen und beinahe hingefallen wären. Renie war sich darüber im klaren, daß das Monster die Distanz zu ihnen mit wenigen Schritten zurücklegen konnte, und sie ließ !Xabbu los und rannte, was sie konnte.
    »Schnell!« kreischte sie.
    Sie preschten durch die aufknallende Schwingtür in das Treppenhaus, ihr auf allen vieren hoppelnder Freund neben ihr, Cullen dicht dahinter. Renie fluchte, als sie sah, daß die Treppe zu breit war, um das sie verfolgende Ungetüm abzuhalten, und so betete sie, daß wenigstens die Stufen eine Bremswirkung haben mochten. Sie lief kurz langsamer und ließ Cullen vorbei, damit ihm nicht plötzlich eine bessere Route einfiel.
    Sie waren erst am zweiten Treppenabsatz angekommen, als unter ihnen die Gottesanbeterin die Tür aus den Angeln schmetterte. Beim Sprung auf das nächste Treppenstück warf Renie einen raschen Blick nach unten, aber wünschte sofort, sie hätte es gelassen. Die Bestie kletterte geradewegs in der Mitte des Treppenschachtes nach oben, wobei sie sich mit ihren langen Gliederbeinen an Treppen und Wänden abstützte. Ihre leeren Scheinwerferaugen glotzten sie gierig aus solcher Nähe an, daß sie den Eindruck hatte, hinunterlangen und den gepanzerten Kopf berühren zu können.
    »Probiert die Türen aus!« schrie sie zu ihren Gefährten hinauf. !Xabbu rüttelte im Vorbeilaufen an der Tür auf dem dritten Treppenabsatz, doch sie war fest verschlossen.
    »Es sind nur noch wenige Stockwerke zum Dach«, rief Cullen.
    Renie schaltete auf eine etwas kontrolliertere Gangart um, damit sie nur ja nicht ausrutschte. Sie bezweifelte, daß einer von ihnen einen Sturz überleben würde – ihre Verfolgerin war nur wenige Meter unter ihnen und füllte den Treppenschacht wie ein aus dem Höllenschlund aufsteigender Dämon.
    Da langte das Ungetüm auf einmal tatsächlich über sie – das Ende eines mächtigen grünen Beines kam hoch und stemmte sich gegen die Treppenwand über ihrem Kopf. Entsetzt konnte Renie sich nur auf die Stufen werfen und darunter durchkriechen. Sie rechnete fest damit, jeden Augenblick von einem der Fangarme geschnappt zu werden wie von einer gigantischen Zange, doch die Gottesanbeterin glitt ab und sackte einen halben Stock tiefer, ehe sie wieder Halt fand, so daß Renie zu hoffen wagte, doch noch vor ihr das Dach zu erreichen.
    Um Gottes willen, ging es ihr plötzlich durch den Kopf. Was ist, wenn der Ausgang zum Dach auch zu ist?
    Während sie auf den letzten Treppenabsatz stolperte, rüttelte Cullen schon vergeblich an der Tür. Sie hörte, wie sich das Scheusal wieder mit einem ledrigen Schaben und Knattern auf sie zuarbeitete, das klang, als würde der größte Schirm der Welt aufgespannt.
    »Sie ist zu!« schrie Cullen.
    Renie warf sich gegen die Tür, und die beiden Flügel knallten auf und gaben den Blick auf einen breiten Ausschnitt des spätnachmittäglichen Himmels frei. Nicht zu, bloß verklemmt. Es war ein Dankgebet. Sie trat zur Seite, und Cullen taumelte rückwärts ins Freie, gezogen von !Xabbu zu seinen Füßen. Der große grüne Kopf der Gottesanbeterin stieg hinter ihm aus dem Schatten des Treppenhauses auf wie ein dreieckiger Mond. Ein Bein kratzte auf der Suche nach Halt über den Treppenabsatz. »Wo ist das verdammte Flugzeug?« rief sie Cullen zu.
    Der Insektenforscher gewann die Balance wieder und sah sich mit panisch aufgerissenen Augen

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