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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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suchte.
    »Du liebes Lieschen, ihr hört euch an wie zwei tasmanische Waschweiber.« William erhob sich schwerfällig aus seiner sitzenden Position und begab sich auf die andere Seite. »Ihr zieht, ich schiebe.«
    Gemeinsam bugsierten sie die Matte über den aufgebogenen Rand des Blattes und schoben sie dann unter großem Gefluche mehr oder weniger in die Position, in der sie liegen sollte.
    »Fertig, bong?« fragte T4b hoffnungsvoll.
    »Nein.« Fredericks lutschte nachdenklich an der Unterlippe. »Wir müssen das Ding festbinden. Dann müssen wir etwas abhacken, das für Orlandos Schwimmkörper lang genug ist.«
    »Es sind nicht meine Schwimmkörper«, murrte Orlando. »Ich brauche keine verdammten Schwimmkörper. Sie sind für das Boot.«
    William stand auf wie eine pechschwarze Vogelscheuche, und seine Troddeln und Fransen flatterten in der Brise vom Fluß. »Ihr zwei macht die Matte fest. Ich geh noch ein paar gräßliche Gräser für die Auslegerlein suchen. Aber wenn du dich fertig ausgeruht hast, Orlando, mein Bester, dann kannst du sie schneiden kommen. Schließlich bist du es, der ein Schwert zum Picknick mitgebracht hat.«
    Orlando nickte müde zum Einverständnis.
    »Und du könntest eigentlich gleich mit mir kommen, Scheppersepp«, fuhr William fort. »Wenn mir dann was mit zu vielen Beinen ans Leder will, kannst du ihm mit deinen großen Blechfäusten eins über die Rübe geben.«
    Der Roboter schüttelte den Kopf, aber erhob sich schwankend und humpelte hinter dem abziehenden Todesclown her.
    Orlando blickte ihnen nach und empfand dabei alles andere als völlige Zufriedenheit. In einem Punkt hatte Sweet William jedenfalls recht: Wenn das hier ein Abenteuerspiel gewesen wäre, hätte Orlando auf Verbündete mit genau festgelegten hilfreichen Fähigkeiten bauen können – Schnelligkeit, Wendigkeit, Stärke, Zauberkraft. Wie die Dinge lagen, war das einzige, worin die Gruppe wirklich gut war, von Martines neuem Wahrnehmungsvermögen einmal abgesehen, die Kunst, sich ausgefallen zu kleiden.
    Er ließ sich zu Boden sinken, gefaßt auf den unvermeidlichen Aufstehappell von Fredericks, doch absolut nicht in der Verfassung, ihm zuvorzukommen. Zwei riesige Fliegen sausten und kreisten wie uralte Flugzeuge über irgendeinem Klumpen, der ein kurzes Stück strandaufwärts lag und trocknete. Das laute Geräusch ihrer Flügel ließ die Luft vibrieren, bis es beinahe unmöglich war, einen Gedanken zu fassen, aber die Art, wie ihre von der Sonne beschienenen glänzenden Leiber in allen Farben schillerten und ihre schwirrenden Flügel zu einem nahezu unsichtbaren Irisieren verwischten, hatte auch eine eigene Schönheit.
    Orlando seufzte. Diese ganze Otherlandkiste blockte im Grunde. Wenn sie ein Spiel wäre, wären die Regeln klar definiert und die Züge zum Sieg verständlich. Spiele waren logisch aufgebaut. Wie hatte die kleine Zunni von der Bösen Bande es ausgedrückt? »Monster töten, Edelstein finden, Bonuspunkte einheimsen. Diddel-duddel-daddel.« Vielleicht nicht gerade wie im realen Leben, aber wer war schon auf das reale Leben scharf? Oder selbst auf diese bizarre Abart hier? Keine Regeln, keine Ziele und nicht einmal eine Ahnung, wo man anfangen mußte.
    »He, Gardino, willst du dort sitzen bleiben, bis du schön braun bist, oder möchtest du mir vielleicht helfen, das fertigzukriegen?«
    Abermals seufzend stand er auf. Und was hatten sie bis jetzt herausgefunden, das sie ihren Zielen irgendwie näher gebracht hätte? Daß sie irgendwie im Otherlandnetzwerk gefangen waren. Daß sie am Leben bleiben mußten, bis Sellars sie wieder herausholen konnte. Daß irgendwo in einer von weiß Gott wie vielen Simulationen ein Typ namens Jonas herumlief, von dem Sellars wollte, daß sie ihn fanden.
    »Eine Nadel in einem Heuhaufen, der so groß ist wie eine verblockte Galaxie«, murmelte Orlando, als er auf das Blatt kraxelte.
    Fredericks blickte ihn stirnrunzelnd an. »Du solltest nicht so lange in der Sonne sitzen. Da wirst du ganz wuffig im Kopf von.«
     
    Eine weitere Stunde war vergangen, und keiner der anderen war zurückgekehrt. Die Sonne war hinter den Spitzen der Bäume versunken und warf ausgedehnte frühabendliche Schattenfelder auf das Flußufer. Das Blattboot lag in einem davon, und das Kleinklima dort war geradezu kühl. Dankbar für die Erholung schleifte Orlando gerade den nächsten langen Grashalm zum Boot, damit sie später im flacheren Gewässer eine Stange zum Staken hatten, als etwas Großes

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