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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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beugte und streckte, Martine und Emily dahinter. Renie und !Xabbu bildeten die Nachhut und machten daher als letzte die Entdeckung, daß der Raum auf der anderen Seite bis auf die Umrisse der hohen Fenster – mehr und kleiner – und die Möbel – weniger und keine dicken Teppiche darunter, sondern ein Holzfußboden – ziemlich genauso war wie der erste.
    »Wer hier gelebt hat«, bemerkte Renie, »muß was gegen beengte Verhältnisse gehabt haben.«
    Die drei Bilder in diesem Raum hingen tiefer, nur wenige Meter über dem Parkett, und Renie schaute sie sich an. Zwei stellten offenbar Jagdszenen dar, allerdings sehr stilisiert. Die Jäger sahen wie Menschen aus, wenn auch eigentümlich archaisch, aber die Tiere, auf denen sie ritten, hatten nur entfernte Ähnlichkeit mit Pferden, als wären sie nach Beschreibungen von jemandem gemalt worden, der noch nie eines mit eigenen Augen gesehen hatte.
    Das Bild in der Mitte war ein großes Porträt einer Person, die ebenso gut ein Mann wie eine Frau sein konnte. Es war schwer zu sagen, weil sie von Kopf bis Fuß in eine dunkle Kutte gehüllt war, die mit dem im Lauf der Zeit fast schwarz gewordenen Hintergrund verschmolz. Die sitzende Person hatte sich die Kapuze so tief ins Gesicht gezogen, daß in ihrem Schatten nur zwei stechende, funkelnde Augen, eine vorspringende Nase und ein harter Mund zu sehen waren.
    Renie wünschte, sie hätte nicht so genau hingeschaut.
    Dieser zweite riesige Raum hatte Türen an allen vier Seiten. Nachdem sie bis zur Tür am entgegengesetzten Ende gegangen waren und einen Blick auf das nächste hangargroße Zimmer dahinter geworfen hatten, marschierten Renie und die anderen zu einem der Seiteneingänge. Der Flur davor verlief parallel zu den großen Sälen, und obwohl auch er mit Gemälden und Büsten in düsteren Nischen gesäumt war, hatte er mit wenigen Metern Breite und ähnlicher Höhe eher menschliche Dimensionen; sie mußten nicht abstimmen, um sich auf den Weg zu einigen, der ihnen allen lieber war.
    »Links oder rechts?« fragte Renie Martine.
    Die blinde Frau zuckte mit den Schultern. »Ich kann keinen Unterschied erkennen.«
    »Dann laßt uns diesen Flur in der Richtung zurückgehen, aus der wir gekommen sind. Wenn wir nichts finden, bleiben wir auf die Art im Umkreis des ersten Zimmers – von dem wissen wir wenigstens, daß man dort ein Gateway öffnen kann.«
    Der Vorsatz war nicht schlecht, aber nachdem sie eine gute halbe Stunde den Korridor hinuntergetrottet waren, an einer verschlossenen Tür nach der anderen vorbei, und ein paarmal in weitere riesige, verlassene Räume hinein- und deprimiert wieder hinausgegangen waren, kamen Renie langsam Zweifel an der Möglichkeit, sich noch zu erinnern, in welchem der Säle sie losgegangen waren. Die Ausstattung taugte kaum als Anhalt; die meisten der Bilder waren so nachgedunkelt und verschmutzt, daß sie alles mögliche darstellen konnten. Die Büsten porträtierten durchweg alte Männer, die einen mehr oder weniger europäischen Eindruck machten, aber bei der Vielfalt der Gesichter und dem Ausmaß, in dem die Vertiefungen des dunklen Steins von Staub verklebt waren, hätte sie nicht einmal das beschworen.
    Nach ungefähr einer Stunde brachte Martine mit der Ankündigung, sie spüre eine Veränderung der Information, Abwechslung in den eintönigen Marsch.
    »Was für eine Veränderung?« fragte Renie. »Menschen?«
    »Nein. Bloß … ausgeübte Kraft. Es ist schwer zu erklären, und um sicher zu sein, ist die Entfernung ohnehin zu groß. Ich sage euch Bescheid, wenn wir näher kommen.«
    Wenige Minuten später blieb die Blinde stehen und deutete auf die Korridorwand gegenüber von den gigantischen Räumen, die sie zuerst durchstöbert hatten. »Dort. In der Richtung ist, glaube ich, der Fluß.«
    »Der Fluß?« Florimel beäugte kritisch die Wand; sie schien sanft zu pulsieren, eine vom Flackern der Fackeln hervorgerufene Täuschung. »Du meinst den Fluß? Den, der durch sämtliche Simulationen fließt?«
    »Ich weiß es nicht, aber so fühlt es sich jedenfalls an. Es ist ein starkes, sich stetig wandelndes Strömen, das ist alles, was ich mit Bestimmtheit sagen kann, und es liegt in dieser Richtung.«
    Sie versuchten die Türen auf der anderen Seite des Flurs zu öffnen, aber erst nachdem sie mindestens ein Dutzend durchprobiert hatten, fanden sie eine, die nicht abgeschlossen war. Sie durchquerten abermals einen großen Raum, diesmal mit Sitzreihen an den Wänden, als hätten hier

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