Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
was mit ihr los sei, erklärte sie ihm: »Ich habe nichts mehr zu sagen«, und brach die Verbindung ab.
    Sie schämte sich der Tränen, die sie danach vergoß, wo sie doch nicht einmal während der schlimmsten Kopfschmerzen geweint hatte. Es erstaunte sie, wie einsam sie sich fühlte und wie bang. Sie war dabei, Abschied zu nehmen, aber sie hatte keine Ahnung, wohin die Reise ging.
    Mischa stand auf seinen winzigen Hinterfüßen auf ihrem Schoß und strampelte sich ab, um an ihre Augen zu kommen und ihr die Tränen abzulecken.
     
     
    > Die Informationen des Gärtners Sandifer stammten von einem Arzt, der vor dem Verkauf der Anstalt im Feverbrook Hospital gearbeitet hatte. Der Gärtner hatte den Arzt zufällig beim Einkaufen getroffen, und im Laufe eines flüchtigen Gesprächs über alte Zeiten hatte der Arzt gesagt, der junge Mann, der sich John Dread genannt hatte, sei gestorben. Calliope stellte sich die Unterhaltung über ihn so ähnlich vor, wie Leute über einen notorisch bissigen Hund in ihrem alten Viertel redeten.
    Noch bevor sie und Stan wieder an ihrem Auto im Parkhaus der Anstalt waren, hatte Calliope den mittlerweile pensionierten Arzt schon ausfindig gemacht. Er war bereit, sich mit ihnen zu treffen.
    Als sie unter dem leisen Gewinsel des kleinen Wagens die Auffahrt zur Autobahn hinaufzuckelten, klappte Stan seinen Sitz ein Stück nach hinten. »Ich sage das nur ungern, Skouros, aber ich glaube, du hast recht. Versteh mich nicht falsch, das hat nichts zu besagen, weil dieser Fall so alt ist, daß er stinkt, und wir nur unsere Zeit vergeuden, aber irgendwer in der Klinik hat mitgeholfen, Johnny-Boys Akte verschwinden zu lassen. Er oder sie hat sich nicht einmal sehr geschickt dabei angestellt. Ich konnte niemanden als ganz neue Patienten finden, die eine derart leere Datei hatten.«
    »Aber warum sollte jemand seine Akte versenken? Weil er nach seiner Entlassung jemand umgebracht hat?« Calliope blickte genervt in den Rückspiegel. Mehrere Autos klebten hinter ihr in der Auffahrtspur und fanden das offensichtlich nicht lustig. »Das gibt keinen Sinn – die Hälfte der Leute da hat entweder jemand umgebracht oder es versucht, und die Klinik gibt nicht vor, Wunderheilungen zu vollbringen.«
    »Ich wette fünfzig, daß wir das niemals rausfinden.« Er beugte sich vor und fummelte an der Luftzufuhr herum.
    Calliope hielt die Wette, aber hauptsächlich deshalb, weil sie Stan immer widersprechen mußte; sie rechnete sich keine großen Chancen aus.
     
    Sie trafen Doktor Jupiter Danney bei ihm um die Ecke im Bondi Baby, einer besonders schrillen Kette rund um die Uhr geöffneter Schnellrestaurants, die sich in erster Linie durch knallbuntes Dekor und ein riesiges Ozeanhologramm samt Surfern in der Mitte jedes Lokals auszeichneten. (Man konnte bauchtief im Meer speisen, wenn man wollte, aber das Donnern der Brecher machte es schwer, sich zu unterhalten.)
    Doktor Danney war ein dünner Mann Mitte siebzig mit einem deutlichen Hang zum Dandytum, auch wenn seine antiquierte Krawatte dem Schick eine leicht überspannte Note verlieh. Er lächelte, als sie auf den orange glitzernden Tisch zutraten. »Ich hoffe, es macht euch nichts aus, mich hier zu treffen«, sagte er. »Meine Vermieterin würde die finstersten Vermutungen anstellen, wenn ich Besuch von der Polizei bekäme. Außerdem haben sie hier ein sehr günstiges Seniorenmenü, und bis zur Essenszeit ist es ja nicht mehr lange hin.«
    Calliope stellte sich und Stan vor und entschied sich dann für einen Eistee. Ihre Aufmerksamkeit wurde kurzfristig von der aufreizend muffeligen Kellnerin abgelenkt, die eine ganze Backe vom Auge bis zum Mund tätowiert hatte und aussah, als hätte sie eine Zeitlang auf der Straße gelebt. Sie erwiderte Calliopes Blick keck. Als die Polizistin sich wieder einigermaßen gefangen hatte, war Doktor Danney bereits am Ende seines beruflichen Werdegangs angelangt.
    »… Als ich aus Feverbrook weg bin, habe ich ein paar Jahre privat praktiziert, aber im Grunde war es für mich zu spät, nochmal von vorn anzufangen.«
    »Aber in Feverbrook kanntest du John Wulgaru, ist das richtig?« Sie wurde erneut abgelenkt, diesmal von einem holographischen Surfer, der am Rand ihres Gesichtsfeldes einen spektakulären Sturz baute. Sie haßte diese Lokale – wieso hatten die Leute solche Angst davor, irgendwo hinzugehen, wo man sich unterhalten konnte?
    »O ja. Er war mein Paradepatient, könnte man vielleicht sagen.«
    »Tatsächlich? Davon war

Weitere Kostenlose Bücher