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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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möglicherweise als erfreuliche Entdeckung herausstellen.« Paradivasch hielt seine vollgekritzelte Fliese hoch. »Seit der Schließung des Netzwerks sind wir davon ausgegangen, daß die Gateways zwischen den Simulationen, wenigstens diejenigen, die nicht durch den Fluß fest mit andern Welten verbunden sind, vom Zufall regiert werden. Das macht es ungemein schwer, zu planen oder auch nur Verbindungen zwischen Gruppen des Kreises in verschiedenen Teilen des Netzwerks herzustellen. Aber ich bin mir nicht mehr sicher, daß das stimmt. Es könnte sein, daß eine Ordnung besteht, die einfach subtiler ist, als wir bisher fassen können. Mit den Informationen, die ich selbst zusammengetragen habe, und denen, die ihr zwei mir gegeben habt, kann ich unter Umständen das Muster erschließen, das derzeit die Durchgänge regelt. Wenn das zutrifft, wäre das ein großer Sieg.«
    Orlando dachte nach. »Und wenn es zutrifft? Was würde euch das nützen?«
    Paradivasch blickte von seinen Berechnungen auf. »Es muß dir aufgefallen sein, daß viele dieser Simulationen derzeit in der einen oder anderen Form zusammenbrechen und im Chaos versinken, so als ob das System eine Phase der Instabilität durchlaufen würde. Was du vielleicht nicht weißt, ist, daß die Gefahren hier real sind. Die Abriegelung des Netzwerks nach außen erfolgte nicht auf einen Schlag, sie zog sich über fast zwei Tage hin. Bevor die letzten Ritzen dichtgemacht wurden, wußten diejenigen, die offline gewesen waren, zu berichten, daß die Schrecken von Anderland nicht mehr bloß virtuell waren. Mehrere Mitglieder unserer Organisation, die in Simulationen ums Leben kamen, starben auch im wirklichen Leben.«
    Ein Verdacht, den Orlando schon lange gehegt hatte, bestätigte sich damit. Er fühlte einen kalten Kloß im Magen und vermied es, Bonnie Mae Simpkins anzuschauen. »Und was wird es uns helfen, wenn du die Durchgänge austüftelst?«
    Der Fremde faßte ihn fest ins Auge, dann wandte er sich wieder seinen Zahlen zu. »Vielleicht wird es uns ermöglichen, der schlimmsten Vernichtung auch künftig einen Schritt voraus zu sein – solange wie möglich am Leben zu bleiben. Ansonsten nämlich besteht keinerlei Hoffnung mehr. Die Zeremonie kommt, was sie auch sein mag. Die Gralsbruderschaft hat die letzte Runde eingeläutet, und wir haben dem immer noch nichts entgegenzusetzen.«
    Orlando blickte den Mann an, der mit diesen Worten anscheinend ein eigenes geistiges Gateway durchschritten hatte und innerlich bereits meilenweit weg war. Kleine gelbe Affen rutschten unruhig auf Orlandos Schulter herum.
    Man wird uns zusammentreiben wie Vieh, dachte er voller Grauen. Von Welt zu Welt wird man uns treiben, bis es kein Entrinnen mehr gibt. Dann wird das Morden erst richtig losgehen.

Kapitel
Quarantäne
    NETFEED/MODE:
    Mbinda von der Straße angeödet
    (Bild: Mbindas Herbstmodenschau – vorführende Models)
    Off-Stimme: Der Modeschöpfer Hussein Mbinda erklärt, Veränderungen in der Straßenmode würden sich wenig auf seinen Stil auswirken. In seiner jüngsten »Chutes«-Kollektion zum Beispiel stehen nach wie vor fließende Stoffe im Vordergrund, aber was ihn interessiere, sagt er, seien Farbe und Form, nicht der Beifall der Straße.
    (Bild: Mbinda hinter den Kulissen der Mailänder Modenschau)
    Mbinda: »Die Straße ödet mich an. Man kann sich nicht ewig mit Leuten abgeben, die nicht mal soviel Verstand haben, daß sie ins Warme gehen, wenn sie frieren.«
     
     
    > Einen Moment lang meinte Renie, sie hätte tatsächlich geschrien. Sie war noch in den Schluß eines Traumes verstrickt, in dem Martine und Stephen in einer Art Faß eingesperrt waren, das rasch in einem dunklen Fluß versank, und sie die beiden einfach nicht erreichen konnte, so angestrengt sie auch schwamm. Doch dann schlug sie die Augen auf und sah, daß sich die kleine Emily neben ihr hin und her wiegte und daß dem schlafenden T4b der Kopf schlaff auf der breiten, gepanzerten Brust hing. In dem flach einfallenden Licht konnte man auf seinen schmutzigen Wangen Aknenarben erkennen; Renie fragte sich, was einen Jugendlichen wohl dazu bewegen mochte, seine virtuelle Erscheinung mit so etwas zu verunzieren.
    Sie war wütend auf sich, weil sie eingeschlafen war, obwohl sie und die beiden jungen Leute im Augenblick gar nichts Besseres tun konnten, nachdem sie stundenlang fruchtlos nach Martine gesucht hatten. Dennoch kam es ihr wie Verrat vor, daß sie ihrer Müdigkeit nachgegeben hatte, wo doch Martine

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