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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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lächelte zurück, aber innerlich fühlte sie ihren Motor rasen. Sie wollte etwas tun, und nur die Erkenntnis, daß Martines Leben von ihnen abhing, machte es ihr möglich, die unnütze innere Stimme zum Schweigen zu bringen, die sofortiges Handeln, ob sinnvoll oder nicht, verlangte.
    Schließlich erschien Factum Quintus, lautlos und gespenstisch wie der Dickenssche Geist der künftigen Weihnachten. Der rundgesichtige Bruder E3 (Renie stöhnte innerlich auf – der Name wurde langsam zur Manie) stand schnaufend hinter ihm in der Tür, als hätte er den anderen Mönch den ganzen Weg bis zu den Abtsgemächern auf dem Rücken tragen müssen. Wobei das keine große Leistung gewesen wäre: Factum Quintus war wohl der dünnste Mensch, den Renie seit langem gesehen hatte, mit einem Gesicht wie ein Fisch, der frontal durch die Glasscheibe eines Aquariums glotzt. Er würdigte sie und die anderen kaum eines Blickes, obwohl es bestimmt das erstemal war, daß er einen Pavian mit dem Abt in einem Raum sah.
    »Du hast mich rufen lassen, Primoris?« Seine Stimme klang arglos wie die eines Kindes, dabei sah er aus wie Anfang dreißig.
    »Sei doch bitte so gut und sieh dir das einmal an.« Der Abt deutete auf das Mörtelstückchen, das Florimel auf die wieder zusammengefaltete Hemdbluse gelegt hatte.
    Der hagere Mönch starrte einen Moment lang mit nahezu ausdruckslosem Gesicht darauf, dann langte er in den Kragen seiner Kutte und zog ein dünnes, rechteckiges Kristallstück an einem Kettchen heraus. Er setzte es sich wie eine Brille auf die Nase – in der Mitte war zu diesem Zweck eine Kerbe ausgeschnitten –, neigte es hin und her und beugte sich dabei mit leisen Schnalzgeräuschen über das weiße Pünktchen. Nach langer Begutachtung richtete er sich auf.
    »Stuck. Stammt von einer Ballenblume. Doch, doch. Ein Flickstück, könnte ich mir vorstellen, mit dem einmal ein Ornament außen an einem der älteren Türmchen ausgebessert wurde.« Er nahm den Krümel mit der Fingerspitze hoch, um ihn noch einmal prüfend zu betrachten. »Hmmmm – ah! Ja. Seht ihr die Kurve? Ganz typisch. Habe ich schon länger nicht mehr gesehen, hat mich einen Moment lang verwirrt. Dachte erst, es könnte von der Muschelfassade sein, dort wo die Ecksteine zutage kamen, als der Putz abgeschlagen wurde.« Stark vergrößert hinter der Kristalleiste sahen seine Augen noch fischartiger aus als vorher. »Darf ich es behalten? Ich würde gern mal das Mischungsverhältnis untersuchen.« Er legte es zurück und leckte vorsichtig an dem Finger, mit dem er es hochgehalten hatte. »Mmmmm. Mehr Gips, als ich erwartet hätte.«
    »Alles schön und gut«, sagte Renie betont langsam, um ihre Ungeduld im Zaum zu halten, »aber kannst du uns sagen, wo es herstammt? Wir suchen jemanden – das Stück haben wir an seinen Sachen gefunden.« Der Abt und Epistulus Tertius bedachten sie wegen des abermals gewechselten Pronomens mit einem verwunderten Blick, aber Renie wollte sich nicht mit Erklärungen aufhalten. »Wir haben es eilig – der Betreffende hat unsere Freundin entführt.«
    Factum Quintus betrachtete sie sinnierend, den Finger immer noch an der Zunge, dann drehte er sich abrupt um und schritt aus den Abtsgemächern hinaus. Renie blickte ihm entgeistert nach. »Wo will er hin …?«
    »Epistulus Tertius, folgst du ihm bitte?« sagte der Abt. »Er ist von Natur aus ein wenig … zerstreut«, erläuterte er Renie und den anderen. »Aus dem Grund wird er auch niemals Factum Major werden. Aber er ist außerordentlich gescheit, und ich bin sicher, daß er euerm Problem nachgeht.«
    Kurz darauf erschien Epistulus Tertius wieder in der Tür, noch röter im Gesicht als zuvor (und, hatte Renie das Gefühl, zunehmend von Reue erfüllt, daß er diese Fremden jemals angesprochen hatte). »Er ist in die Krypten gegangen, Primoris.«
    »Seht ihr.« Der massige Abt lehnte sich in seinem Sessel zurück wie ein Stück Frachtgut in seinen Seilen. »Er sucht etwas, das euch mit euerm Problem weiterhilft.«
    Ein verlegenes Schweigen entstand. Der Abt und die Brüder Custodis Major und Epistulus Tertius, die eigentlich Stille gewohnt sein mußten, starrten nervös die Wände an. Renie und ihre Gefährten fühlten sich ebenfalls ein wenig unbehaglich, mit Ausnahme von !Xabbu und Emily. !Xabbu tat sein Bestes, um sich nicht menschlich zu verhalten, da ihnen in dieser Simulation noch kein einziges sprechendes Tier begegnet war, und hockte im Augenblick auf der Rücklehne der Bank, wo er

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