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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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und möglicherweise nicht verstehen kann. Doch selbst wenn ihr mich fortschicken wollt, würde ich darum bitten, erst noch die Geschichte eures Affenfreundes hören zu dürfen, da das Turritorium heutzutage weitgehend unerforscht ist und mir der Gedanke an interessante Entdeckungen, die er gemacht haben könnte, keine Ruhe läßt.«
    Ein seltsam bitteres Lächeln verzog !Xabbus Pavianschnauze. »Ich habe nichts dagegen, meine Erlebnisse zu berichten, auch wenn es mir keine Freude macht.«
    »Erzähl.« Renie nickte ihrem Freund zu. Etwas an den Bemerkungen des Mönches oder an der Art, wie er sie machte, hatte sie verstört, und sie brauchte Zeit, um sich darüber klarzuwerden, was es war.
    »In den ersten Stunden geschah wenig«, begann !Xabbu . »Ich kletterte an vielen Türmen hoch, spähte in viele Fenster, aber entdeckte nichts. Das ging nicht schnell, denn fast jedes Mal mußte ich nach beendeter Erkundung wieder bis ganz hinunter zu den Hausdächern, um sicherzugehen, daß ich in der Dunkelheit auch keinen der Türme übersah. Es sind so viele! Vielleicht hundert, und alle stellen sie ganz unterschiedliche Anforderungen.
    Spät am Abend, als ich mich gerade an einem steinernen Wasserspeier ausruhte, der sich an einem der höheren Türme etwa auf halber Höhe befand, hörte ich Stimmen. Zunächst meinte ich, sie kämen aus dem Turminneren. Ich lauschte aufmerksam, weil ich dachte, es wären vielleicht die Banditen, denen wir vorher begegnet waren, oder andere ihres Schlages, als mir aufging, daß die Leute, die da sprachen, über meinem Kopf auf dem Turmdach waren!
    Ich kletterte vorsichtig weiter, bis ich eine Stelle fand, wo ich mich hinter einem Ornament an der Dachecke verstecken und sie beobachten konnte. Es waren insgesamt vielleicht ein Dutzend, größtenteils Männer, aber ich hörte auch wenigstens eine Frauenstimme, und ein paar der Gestalten waren klein genug, um Kinder zu sein. Sie hatten mitten auf dem Dach ein Feuer entzündet, direkt neben einem der Schornsteine, und waren dabei, sich ihr Abendessen zuzubereiten. Sie waren noch verlotterter als die Banditen: Kleider und Gesichter starrten dermaßen von Schmutz, daß die Leute selbst aus kurzer Entfernung kaum zu erkennen waren. Auch ihre Redeweise war ungewöhnlich – ich verstand zwar vieles, aber nur, wenn ich genau hinhörte. Die Worte klangen ganz roh und verschliffen.«
    »Turmsteiger!« erklärte Factum Quintus mit tiefer Befriedigung. »Es gibt nur noch wenige, ja, manche glauben, daß gar keine mehr übrig sind. Sie leben schon so lange auf den Dächern des Hauses, daß sie angeblich zum Teil schon Vögel geworden sind. Hatten sie Flügel oder Schnäbel?«
    »Nein, es sind Menschen«, antwortete !Xabbu . »Und es sind durchaus nicht nur wenige übrig, wenn ich sie richtig verstanden habe, da sie von anderen Familien sprachen. Allerdings gibt es jetzt weniger als vorher, als ich ihnen noch nicht begegnet war«, setzte er kummervoll hinzu.
    Nachdem er ein Weilchen geschwiegen hatte, fragte Renie ihn: »Was meinst du damit?«
    »Ich komme gleich darauf. Wie gesagt, ich beobachtete sie von meinem Versteck aus. Sie hatten lange, dünne Speere und Netze und Seile mit Haken, und ich sah, daß sie kleine Vögel über dem Feuer brieten. Ich hätte mich entfernen sollen, aber ich blieb, weil ich hoffte, sie würden etwas sagen, das mir von Nutzen wäre, was sie auch taten, allerdings erst nach längerer Zeit.
    Als die Vögel durch waren und sie die kleine Fleischmenge unter sich aufgeteilt hatten, fingen zwei einen freundschaftlichen Streit über einen Schatten an, den einer von ihnen mehr als einmal an einem ansonsten verlassenen Ort, ›Huckelinstrumm‹ genannt, gesehen haben wollte, von einem Menschen, wie dieser schwor. Der andere meinte, daß abends dort weder Lampen noch Feuer brannten und daß niemand aus dem Haus – keiner von den ›Unnerndachern‹, sagte er, was wohl ›Die unter den Dächern Wohnenden‹ heißen sollte – sich irgendwo aufhalten würde, ohne Kerzen oder Öllampen zu haben, ›Hauslicher‹ nannte er sie.
    Als jemand, der sich verspätet hatte, von der anderen Seite auf das Dach hochgestiegen kam und sie fragte, wovon sie redeten, deuteten sie in die Richtung des Huckelinstrumms – ich konnte den Turm erkennen, den sie meinen mußten, einen dunklen Schatten, der sich undeutlich vom Abendhimmel abhob.«
    »Huckelinstrumm«, sagte Factum Quintus nachdrücklich nickend. »Damit ist der Hugolinusturm gemeint.«
    »Ja,

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