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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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obwohl ich mich nicht an den Namen erinnern konnte«, sagte !Xabbu . »Ich hätte über vieles genauer nachdenken sollen, aber ich ließ mich von ihrer Unterhaltung und der Vorstellung fesseln, der ungewöhnliche Schatten, den der Mann gesehen hatte, könnte unser Feind sein. Ich kam nicht auf den Gedanken, daß noch andere zu spät zu der Zusammenkunft kommen könnten, und zudem noch aus anderen Richtungen.
    Ich hörte sie, kurz bevor sie auf mich stießen, aber zu spät, um noch ein besseres Versteck zu finden. Sie klettern flink und lautlos, diese Turmsteiger, wie du sie nennst. Wir jagten uns gegenseitig einen ziemlichen Schrecken ein. Ich war so verblüfft, daß ich tatsächlich auf die um das Feuer versammelten Leute zusprang, ihnen fast in die Arme. An einem anderen Ort hätte das unter Umständen keine Rolle gespielt, da die meisten Leute erst einmal fassungslos gegafft und mir damit die Gelegenheit gegeben hätten, mich vom Dach zu schwingen und zu entkommen. Aber diese Leute waren Jäger, und ich glaube, daß ihnen selten viel Fleisch auf einmal über den Weg läuft. Auf Dächer klettern ist anstrengend, und die Vögel, die sie fangen, sind vermutlich meistenteils klein. Auf jeden Fall dauerte es nur einen Moment, bis jemand aufschrie und ein Netz über mich warf.«
    »Sie leben nicht ausschließlich von Vögeln, wenn die alten Geschichten wahr sind«, bemerkte Factum Quintus. »Sie stehlen und wildern in den Dachgärten und auf den Dachweiden. Manche behaupten sogar, daß sie durch Fenster in die Obergeschosse des Hauses einsteigen und Dinge entwenden, Glitzerdinge manchmal, mit denen sie sich schmücken, aber hauptsächlich Dinge zum Essen.«
    »Ich bin bereit, alles über sie zu glauben«, sagte !Xabbu . »Sie sind flink und schlau. In gewisser Weise erinnern sie mich an mein eigenes Volk, wie sie dort oben unter härtesten Bedingungen ums Überleben kämpfen.« Er schüttelte den Kopf. »Aber ich hatte keine Zeit für mitfühlende Überlegungen. Es gelang mir ganz knapp, unter dem Netz hervorzuschlüpfen, bevor sie es zuziehen konnten – wenn ich wirklich ein Tier gewesen wäre, würde ich jetzt auf einem Bratspieß stecken oder wäre bereits ein Häuflein abgenagter Knochen. Ich sprang über die Dachkante und kraxelte so rasch die Turmmauern hinunter, wie es mir im Dunkeln möglich war, aber der Überraschungseffekt war weg. Mehrere von ihnen kamen wie ein Jagdrudel hinter mir her und pfiffen sich gegenseitig zu, wenn sie mich in der Dunkelheit erspähten. In jeder Richtung, die ich einschlug, schien schon einer vor mir zu sein, der seinen Gefährten zurief.«
    » !Xabbu !« rief Renie. »Wie schrecklich!«
    Er zuckte mit den Achseln. »Jäger und Gejagte. Wir sind fast immer eins von beiden. Vielleicht ist es ganz gut, wenn man beides erlebt. Ich bin auf jeden Fall mehr als einmal gejagt worden, seit wir in diesem Netzwerk sind. Sie konnten mich nicht erwischen, aber ebensowenig konnte ich sie abschütteln. Sie kannten das Gelände viel besser als ich, und als ich einmal von dem Turm herunter war und über die Dächer lief, wo die Absturzgefahr geringer war, konnten sie ausschwärmen, um mich zu umzingeln.
    Die Jagd zog sich über Stunden hin, ging von einem Dach zum nächsten. Manchmal gelang es mir, mich irgendwo zu verstecken und Atem zu schöpfen, aber jedesmal hörte ich sie wieder näher kommen, mich einkreisen, und ich mußte abermals fliehen. Wieder hätte ein wirkliches Tier keine Chance gehabt, denn mehrmals warfen sie ihre Speere nach mir, die mit langen Schnüren an ihren Besitzern festgemacht waren. Weil ich ein Mensch bin – weil ich selbst schon mit dem Speer gejagt habe –, wußte ich, daß ich sie nicht frei zum Wurf kommen lassen durfte, und es gelang mir immer, in dem Moment auszuweichen, wo der Speer flog. In ihren Augen war ich von allen Tieren, auf die sie jemals Jagd gemacht hatten, bestimmt mit das schlaueste oder das mit dem meisten Glück. Doch kein Glück währt ewig, und ich wurde allmählich sehr müde.
    Als letzten Ausweg kletterte ich an einem sehr hohen und sehr dünnen Turm derart hoch hinauf, daß ich mir sicher war, sie könnten mich nicht erreichen, ja nicht einmal nahe genug an mich herankommen, um einen Speer zu werfen. Dort oben klammerte ich mich an einer eisernen Spitze fest, ganz weit über den Dächern. Die Sonne ging auf. Ich hatte keine Ahnung, über welchem Punkt des Hauses ich mich befand, aber ich meinte, wenigstens sicher zu sein.
    Aber die

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