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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Fall gern sehen würde.«
    »Ich … ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.« Er schüttelte den Kopf, aber sein Mut flaute ab. Sie mußten irgend etwas über die geheimen Treffen wissen, ganz bestimmt! Er hätte niemals zulassen dürfen, daß er in so eine Position geriet. Warum war er bloß so verdammt lasch und ließ solche Sachen mit sich machen? Andererseits, wenn sie auch nur die geringste Vermutung hätten, was wirklich los war, würden sie dann nicht viel drakonischer reagieren als mit einem schlichten Anruf an Niles…?
    Paul bemühte sich, seine entrüstete Stimmung wiederzufinden. Schließlich hatte er sich wirklich nichts zuschulden kommen lassen, nicht wahr? Oder? »Ich … Herrgott nochmal, ich mach doch bloß meine Arbeit. Und sie ist noch ein Kind!«
    Finney lächelte säuerlich. »Sie ist fünfzehn, Jonas. Sie ist in kaum einem Sinne ein Kind zu nennen.«
    »Im rechtlichen Sinne. Im pädagogischen Sinne. Mein Gott, auch was mich betrifft. In meinem ganz persönlichen Sinne.«
    »Erzähl uns nichts von Kindern, Jonas«, bemerkte Mudd sichtlich erheitert. »Mit Kindern kennen wir uns aus.«
    »Worauf gründet sich das?« fragte Paul noch einmal. »Hat Ava irgendwas gesagt? Sie ist ein junges Mädchen, das eingesperrt lebt wie eine Prinzessin im Märchen. Sie ist … na ja, sie ist vielleicht ein bißchen exzentrisch, hat eine rege Phantasie. Aber ich würde nie im Leben …«
    »Nein, du würdest nie im Leben«, schnitt Finney ihm das Wort ab. »Ganz bestimmt würdest du nie im Leben. Weil wir es rauskriegen würden. Und du würdest es den Rest deines Lebens über bereuen.« Er beugte sich vor, legte sogar seine bleichen Finger auf Pauls Arm, als ob er ihm ein wichtiges Geheimnis anvertrauen wollte. »Den Rest deines sehr kurzen Lebens.«
    »Eines kurzen, aber ereignisreichen Lebens!« ergänzte Mudd und lachte laut.
    Als die Bürotür sich hinter Paul schloß, hörte er zu seiner Verwirrung, wie Finney in das Lachen einstimmte. Es klang gemein und erschreckend.
    Als er schließlich im obersten Stock die Tür des Hauses im Grünen aufmachte, schlug ihm der betörende Duft von Gardenien entgegen. Im nächsten Moment, kaum daß er in den Flur getreten war, hatte sich Ava an seinen Hals geworfen und schlang so fest die Arme um ihn, daß er einige Sekunden brauchte, um sich loszumachen.
    »O Liebster«, sagte sie mit hell glänzenden Augen, die wie tränengefüllt aussahen, »wissen sie von uns?«
    »Herrje, Ava!« Paul führte sie rasch hinaus in den Garten. »Bist du verrückt?« flüsterte er. »Laß das!«
    Ihr melodramatisch leidender Blick nahm einen anderen, tieferen Ausdruck an, der ihm viel weher tat. Sie stürzte an ihm vorbei und verschwand zwischen den Bäumen, die den größten Teil des riesigen Obergeschosses einnahmen. Von ihrer ungestümen Flucht aufgescheucht stob ein Feuerwerk von weißen und gelben Vögeln in die Luft …
     
    Als er aufwachte, lag sein Kopf auf Florimels Schoß, wobei er zunächst Schwierigkeiten hatte, den pochenden Kopfschmerz vom Druck des Schoßes zu unterscheiden. Auch alle Knochen taten ihm weh, und mit einem leisen gequälten Stöhnen versuchte er sich aufzusetzen. Florimel drückte ihn sanft wieder zurück. Mit dem Stück Tuch, das sie über ihrer Verwundung an Auge und Ohr trug, sah sie richtig piratenhaft aus. Das Auf und Nieder der schwimmenden Blase, das Pauls Kopf gar nicht bekam, verstärkte den Seeräubereindruck noch.
    »Sie war so … labil«, sagte er. »Ich hatte es ganz vergessen, aber es ist kein Wunder, daß ich mich so schwergetan habe, die ganzen Sachen zu verstehen, die sie mir erzählt hat.«
    »Er redet im Delirium«, sagte Florimel zu Martine.
    »Nein, nein. Ich rede von Ava -Jongleurs Tochter. Mir ist gerade wieder eine Erinnerung gekommen, vermutlich während ich ohnmächtig war. Wie ein Traum, aber es war kein Traum.« Er brannte darauf, ihnen alles zu erzählen, was ihm eingefallen war, aber plötzlich wurde ihm klar, daß es ein Hier und Jetzt unabhängig von den wiedergekehrten Erinnerungen gab, auch wenn er sie als noch so scharf und neu empfinden mochte. »Wo sind wir? Auf dem Fluß?«
    Martine nickte. »Wir treiben in der Strömung. Keinerlei Anzeichen von Wells oder den Zwillingen oder ihren Monsterinsekten.«
    »Ja«, fügte Florimel hinzu, »und Martine, T4b und ich haben es auch alle gut überstanden, abgesehen von einigen Schürfwunden und Prellungen. Danke der Nachfrage.«
    »Tut mir leid.« Paul zuckte mit den Achseln und

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