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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Sachen, die mit meinen Knochen und Organen verwachsen sind, der Belastung meiner Drüsen und so weiter tut mir ständig etwas weh, Herr Ramsey. Mein Leben ist sehr qualvoll.«
    »Aber wenn du über eine solche Kontrolle verfügst, kannst du doch bestimmt die Schmerzen ausschalten?«
    »Zu dem Zeitpunkt, als ich auf die Bruderschaft stieß, hatte ich diese weitgehende Kontrolle über meine Funktionen noch nicht erlangt, aber sicher, ich hätte wahrscheinlich schon damals die Gefühle in den Händen, der Haut abstellen, mein Gehirn von meinem restlichen Körper abschneiden können. Aber warum dann leben? Das Körperliche spielt in meinem Leben ohnehin eine ganz geringe Rolle, wie viele Gefangene lebe ich schon lange überwiegend in meinen Gedankenwelten. Sollte ich das Gefühl des Windes auf meinem Gesicht aufgeben? Den Geschmack der wenigen Speisen, die ich noch essen kann?«
    »Ich … ich glaube, ich verstehe.«
    »Auch so war der Tag nicht mehr fern, an dem die Nachteile die Vorteile überwogen hätten. Da tauchte dieses Otherlandnetzwerk auf, ein Problem, das ich nicht einfach ignorieren konnte. Dennoch dachte ich nicht, daß man mich über die Anfangsphase hinaus benötigen würde – ich pflanzte gewissermaßen Samen. Ich wollte eine Gruppe vertrauenswürdiger Leute versammeln, ihnen mitteilen, was ich wußte, und dann frei sein, meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Ich sagte ihnen sogar meinen richtigen Namen, du kannst dir also vorstellen, daß ich nicht vorhatte, lange dabeizubleiben. Aber die Sache lief von Anfang an völlig anders als gedacht – erst die Invasion von Atascos Insel, dann das merkwürdige Verhalten des Betriebssystems, wodurch meine Freiwilligen, wie ich sie nicht ganz zu Recht nenne, daran gehindert wurden, offline zu gehen. Und jetzt bin ich dringender vonnöten denn je.«
    »Und was kann ich da tun? Außer zuhören?«
    »Zuhören ist schon sehr hilfreich, das kann ich dir versichern. Jemand anders kann sich kaum vorstellen, was für eine Freude es ist, einfach offen reden zu können. Aber ich habe auch ein paar ganz konkrete Anliegen. Ich kämpfe an vielen Fronten, Herr Ramsey …«
    »Sag bitte Catur zu mir. Oder Decatur, wenn dir das zu formlos ist.«
    »Decatur. Ein schöner Name.« Der alte Mann verengte langsam die Augen und suchte seine Gedanken wieder zu sammeln. »Viele Fronten. Da ist zum Beispiel ein Grüpplein in Südafrika, Verbündete von uns, die buchstäblich unter Belagerung stehen. Es gibt diverse Vorhaben, die die Bruderschaft bereits ins Rollen gebracht hat, und die müssen überwacht und in manchen Fällen verdeckt hintertrieben werden. An erster Stelle aber steht das ständige Bemühen darum, die Leute zu finden und ihnen zu helfen, die ich in das Otherlandnetzwerk hineingelockt habe. Und an dem Punkt kommst du ins Spiel… und Frau Pirofsky.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Sellars ließ ein schwaches Seufzen hören. »Vielleicht wirst du meine Verzagtheit und Abspannung ein wenig verstehen, Herr Ramsey, wenn ich dir folgendes erzähle. Seitdem ich meine Freiwilligen in Atascos Simulationswelt im Stich lassen mußte, versuche ich, sie innerhalb des Systems ausfindig zu machen und mit ihnen in Kontakt zu treten. Aber seit dem Zeitpunkt, als das Gralsprojekt voll anlaufen sollte, ist es mir unmöglich, an der Abwehr des Netzwerks vorbeizukommen. Ich habe dir schon ein wenig über das Betriebssystem erzählt, nicht wahr? Über seine eigentümliche Affinität zu Kindern? Wenn ich, wie ich herausfand, den kleinen Cho-Cho an einem bestimmten Punkt im Prozeß online bringe, auf einer hinreichend hohen Ebene, läßt das Betriebssystem ihn einfach durch. Mich nicht. Auch wenn ich meinen Einschleichversuch noch so geschickt tarne, das Betriebssystem schmettert mich regelmäßig ab, mitunter recht schmerzhaft, aber ein richtiges Kind darf hinein.«
    »Na, das ist doch gut, oder?«
    »Du siehst nicht das ganze Problem, Herr Ramsey. Decatur, entschuldige. Stell dir vor, du hättest eine verschlossene Schachtel voll winziger Perlen, und du müßtest mit einer dünnen Nadel durch die Wand der Schachtel stechen und damit eine bestimmte Perle erwischen, die überall sein kann. Wie würdest du das anstellen?«
    »Ich …« Ramsey legte die Stirn in Falten. »Ich würde es wohl gar nicht erst versuchen. Ist das eine Fangfrage?«
    »Ich wünschte, es wäre so. Es ist die Beschreibung meines Problems: Wie spüre ich meine Freiwilligen auf? Zum Glück war auch die Bruderschaft nicht in

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